Elbtower-Fiasko: Hamburgs Prestigeprojekt gefährdet S-Bahn
Elbtower verursacht Schäden an S-Bahn-Station Elbbrücken. Statikprobleme verzögern Weiterbau und belasten potenzielle Investoren.

Vom Elbtower sind erst 100 von geplanten 245 Metern gebaut, doch bereits jetzt verursacht er durch Setzungen Schäden an benachbarten Gebäuden.
Foto: picture alliance / www.neumayr.cc / picturedesk.com
Der Elbtower in Hamburg sollte ein architektonisches Aushängeschild der Stadt werden. Mit einer geplanten Höhe von 245 Metern wäre er das dritthöchste Gebäude Deutschlands geworden. Doch derzeit ragt der unfertige Bau nur 100 Meter in den Himmel – und verursacht bereits jetzt massive Probleme. Besonders kritisch: Der Rohbau beeinflusst das Fundament der nahegelegenen S-Bahn-Station Elbbrücken. Es kam zu sogenannten „Mitnahmesetzungen“ – einem Absacken des Bodens, das auch angrenzende Bauwerke betrifft.
Inhaltsverzeichnis
Statik überschreitet Grenzwerte
Das Hamburgische Amt für Bauordnung und Hochbau hat Alarm geschlagen. In einem Bescheid vom 3. März 2025 an den Insolvenzverwalter der Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG heißt es, es seien „Grenz- und Alarmwerte“ überschritten worden. Diese Werte definieren, wie weit sich der Boden unter einem Bauwerk absenken darf, ohne dass Schäden entstehen. Genau das scheint jedoch eingetreten zu sein.
Konkret betroffen sind Bahngebäude rund um die Station Elbbrücken. Ein Lager an einer Eisenbahnbrücke musste bereits im vergangenen Jahr ersetzt werden. Weitere bauliche Maßnahmen sind für dieses Jahr vorgesehen. Welche Strukturen konkret betroffen sind, bleibt unklar – die zuständigen Behörden halten sich bedeckt.
Weiterbau nur mit Zustimmung der Bahn
Bevor der Elbtower weiter in die Höhe wachsen darf, müssen die „Setzungsfolgen“ vollständig beseitigt werden. Erst wenn die Deutsche Bahn bestätigt, dass die Stabilität ihrer Anlagen wiederhergestellt ist, kann es weitergehen. Das bedeutet: Ein möglicher neuer Investor muss nicht nur mehrere Hundert Millionen Euro für den Weiterbau aufbringen – sondern zusätzlich in die Instandsetzung der Bahnanlagen investieren.
Die Deutsche Bahn hatte bereits früh vor Risiken gewarnt. In einem Schreiben vom Mai 2021 machte sie deutlich, dass das Hochhausprojekt „nicht unerhebliche Auswirkungen“ auf ihr Gelände haben werde. Sie forderte ein Havariekonzept – eine Art Notfallplan für den Fall schwerwiegender Schäden. In einer weiteren Stellungnahme vom August 2021 bekräftigte sie diese Bedenken.
Ein Bahnsprecher erklärte jetzt gegenüber dem NDR-Magazin „Panorama 3“, die aktuellen Probleme seien „erwartbar“. Gleichzeitig betonte er, dass der Bahnverkehr derzeit nicht beeinträchtigt sei.
Ein Projekt auf der Kippe
Der Elbtower ist nicht nur aus technischer Sicht problematisch. Auch wirtschaftlich steht das Projekt vor dem Abgrund. Seit Oktober 2023 ruht die Baustelle. Der Grund: Die Signa Holding des Investors René Benko ist insolvent. Benko sitzt inzwischen wegen Betrugsvorwürfen in Wien in Untersuchungshaft. Der Rohbau steht seither still – ein Skelett aus Beton, das in Hamburg bereits den Spitznamen „Kurzer Olaf“ trägt, in Anspielung auf den früheren Bürgermeister Olaf Scholz, der das Projekt unterstützt hatte.
Aktuell verhandelt der Hamburger Bauunternehmer Dieter Becken mit dem Insolvenzverwalter über eine mögliche Übernahme. Doch auch er stößt an Grenzen. Es fehlen rund 180 Millionen Euro zur Fortführung des Projekts. Unterstützung könnte von Klaus-Michael Kühne kommen, ebenfalls Teil des Investorenteams. Doch Kühne zeigt sich skeptisch: „Ich glaube nicht, dass es sich realisieren lässt“, sagte der 87-Jährige dem „Spiegel“.
Naturkundemuseum als Hoffnungsträger?
Ein Lichtblick könnte die Ansiedlung des geplanten Naturkundemuseums in den unteren Etagen des Elbtowers sein. Die Stadt prüft derzeit, ob sich die Flächen für ein solches Vorhaben eignen. Doch auch hier gibt es Zweifel. Die Gebäudestatik könnte dem Gewicht schwerer Exponate, wie etwa Walskeletten oder großer Zentrifugen, nicht standhalten. Ein Umzug in einen alten Forschungstunnel in Bahrenfeld scheint daher realistischer zu sein.
Sollte das Museum tatsächlich aus dem Projekt aussteigen, würde der Elbtower einen wichtigen Ankermieter verlieren. Das macht das Projekt noch unattraktiver für Investoren. Ohne Mieter keine Mieteinnahmen – und ohne Einnahmen kein wirtschaftlich tragfähiger Betrieb.
Stadt wägt ihre Optionen ab
Die Stadt Hamburg hält sich bedeckt, was die zukünftige Rolle des Elbtowers betrifft. Zwar wurde das Wiederkaufsrecht bis Ende Mai verlängert, doch konkrete Pläne sind nicht bekannt. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank bezeichnete die Aufnahme des Museums als „charmant“, betonte aber auch, dass der Standort wirtschaftlich tragfähig sein müsse.
Gleichzeitig warnt die Opposition vor einem finanziellen Risiko. Sollten städtische Einrichtungen als Mieter auftreten, könnte dies den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. SPD-Politiker Markus Schreiber mahnte im Haushaltsausschuss: „Die Stadt muss dann die Miete zahlen. Das ist mit der jetzigen Beschlusslage nicht zu vereinbaren.“
Ein Beitrag von: