Bautechnologie 22.02.2021, 07:00 Uhr

Erdbeben: Bakterien könnten Gebäude vor dem Abriss bewahren

Beton bleibt das Baumaterial Nummer eins. Aufgrund von Erdbeben oder Frostsprengungen droht so manchem Gebäude die Abrissbirne. Ein neuer Baustoff mit Selbstheilungskräften könnte dies verhindern.

Heilen Risse durch Erdbeben oder durch Frostsprengungen bald von selbst?
Foto: panthermedia.net/Binkski

Heilen Risse durch Erdbeben oder durch Frostsprengungen bald von selbst?

Foto: panthermedia.net/Binkski

Am 13. Februar 2021 bebte in Japan vor der Küste Fukushimas und Miyagis die Erde. Behörden vor Ort gaben als Stärke 7,3 auf der Richterskala an. Mehr als 120 Personen seien bei dem Beben verletzt und unzählige Gebäude beschädigt worden, haben japanische Medien berichtet. Auch der bekannte Ebisu-Motorsportkomplex soll stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Erdbeben sind in der Region keine Seltenheit. Neben Japan sind Indonesien, die Philippinen, die USA, Mexiko, Peru und Chile gefährdet. Zwar gelten vor Ort höhere Sicherheitsstandards bei Bauwerken. Zu Schäden kommt es aber dennoch. Nicht immer stürzen Gebäude ein. Doch Risse gefährden die Standsicherheit: ein Phänomen, das man auch aus Gegenden mit starkem Frost nur allzu gut kennt.

Deshalb haben Ingenieure der Far Eastern Federal University (FEFU) in Wladiwostok, Russland, einen innovativen Beton entwickelt. Dank bakterieller Zusätze heilen kleinere Risse von selbst – zumindest bei Laborexperimenten. Auch gegen Schäden durch Kältesprengung könnte sich ihr neues Material eignen.

Baustoffentwicklung: Beton wird leichter

Bakterien leben im Beton

Der Ansatz beginnt recht klassisch. Auch im Labor der FEFU wird Beton aus Zement als Bindemittel, aus Gesteinskörnung als Zuschlagstoff und aus Wasser angerührt. Allerdings setzen die Forscher der Flüssigkeit vorab ein Konzentrat mit Bacillus cohnii zu. Das Bakterium ist für Menschen nicht schädlich. Es wurde erst ab 1993 detailliert beschrieben. Bacillus cohnii kommt beispielsweise im Boden von Pferdewiesen oder in altem Pferdekot vor. Genau hier liegt der Knackpunkt: Keime dieser Art sind hoch an ihre Umgebung angepasst. Aufgrund ihrer Alkaliphilie benötigen sie pH-Werte zwischen zehn und elf, um zu existieren. Solche Keime erobern Lebensräume praktisch ohne biologische Konkurrenz.

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Dieses Wissen machten sich russische Ingenieure zunutze. Beton ist stark alkalisch. Bei der Aushärtung entstehen Calciumsilikathydrate. In den Poren des Zementgesteins überleben Sporen von Bacillus cohnii. Diese Dauerform kann unter geeigneten Umweltbedingungen wieder zum Leben erwachen und Schäden reparieren. Dazu haben die Forscher Proben ihres neuen Materials in einer Presse stark komprimiert, bis Risse entstanden sind. Sie beobachteten, wie ihre Probe danach wieder an Stabilität gewann.

Calciumcarbonat repariert Schäden

Während des Versuchs wurden Bakterien aus ihren Sporen reaktiviert, als sie über zerstörte Strukturen im Beton Zugang zu Sauerstoff und Feuchtigkeit erhielten. Die Keime reparierten innerhalb von 28 Tagen Risse mit einer Breite von 0,2 bis 0,6 Millimetern komplett, und zwar mit einem Trick. Bacillus cohnii setzt Calciumcarbonat frei. Diese anorganische Substanz kristallisierte unter dem Einfluss von Feuchtigkeit. Messungen ergaben, dass nach rund einem Monat Betonplatten wieder ihre ursprüngliche Druckfestigkeit hatten. Danach bildeten Bakterien erneut Sporen als Dauerform. Die Heilung von Rissen bewertenden Wissenschaftler recht simpel mit einem Mikroskop. Um herauszufinden, welche chemische Zusammensetzung reparierte Strukturen haben, griffen sie zum Elektronenmikroskop und zu verschiedenen Röntgentechniken.

Carbonbeton: Betonbauten werden ökologisch

„Beton bleibt das weltweit führende Baumaterial, da es billig, langlebig und vielseitig ist“, sagt Roman Fediuk. Der Ingenieur arbeitet als Professor für Werkstoff-Wissenschaften an der FEFU. Betonrisse seien fast irreversible Prozesse, die die gesamte Struktur gefährden könnten. „Es ist sehr wichtig, dass Bakterien kleine Risse heilen – Vorläufer von tiefen Rissen, die unmöglich zu beheben wären“, ergänzt Fediuk. In der Baubranche gebe es großes Interesse an lebenden Materialien mit der Fähigkeit zur Selbstdiagnose und Selbstreparatur. Als nächstes planen die Wissenschaftler, Stahlbeton zu entwickeln und seine Eigenschaften mithilfe verschiedener Arten von Bakterien weiter zu verbessern. Auch hier beginnen sie mit Laborexperimenten.

Unterschiedliche Einsatzgebiete des innovativen Betons

Selbstheilender Beton ist besonders interessant für Gebäude in seismisch gefährdeten Gebieten, in denen nach Erdbeben geringer Stärke kleine Risse in Gebäuden auftreten. Fediuk nennt außerdem Regionen mit hoher Luftfeuchtigkeit und mit viel Niederschlag, falls Regen schräg auf vertikale Oberflächen von Gebäuden trifft. Bakterien in Beton füllen auch die Poren des Zementsteins, wodurch sie kleiner werden und weniger Wasser in die Betonstruktur gelangt.

Bacillus cohnii lässt sich im Labor leicht – und in großen Mengen – anzüchten. Seine Sporen bleiben bis zu 200 Jahre in Beton biologisch aktiv. Als Lebensdauer für solche Bauwerke kalkuliert man mit 50 bis 70 Jahren.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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