Holz-Gebäude könnten zur Kohlenstoff-Senke werden
Nach einer aktuellen Berechnung könnte die Baubranche erheblich dazu beitragen, klimaschädliche Kohlenstoff-Emissionen zu verringern. Der Schlüssel könnte eine Umstellung der Baustoffe sein: Holz statt Zement und Stahl.
Das Thema Klimawandel wird derzeit auf allen Ebenen intensiv diskutiert – wie ist es möglich, den Ausstoß von Kohlenstoff zu senken? Während manche Branchen, vor allem die Automobilindustrie und die Landwirtschaft, stark im Fokus stehen, gibt es bislang verhältnismäßig wenig neue Konzepte für den Bausektor. Dabei besteht kein Zweifel daran, dass es hier enormes Einsparungspotenzial gibt. Allein die Zementindustrie ist verschiedenen Schätzungen zufolge für etwa 8 % der globalen Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich, für die Kohlenstoff der Grundstoff ist. Der Hauptgrund dafür sind die Herstellungsverfahren, für die äußerst viel Energie benötigt wird. Forscher arbeiten zwar an emissionsfreiem Zement. Der ist aber noch nicht verfügbar. Ein Ende der Nachfrage an Neubauten ist derzeit jedenfalls nicht absehbar. Doch eine Umstellung auf Holz als wichtigstes Material könnte im doppelten Sinn zu einer besseren Klimabilanz beitragen. Das hat eine Studie gezeigt, die ein internationales Team von Wissenschaftlern vorgestellt hat.
Die Masse an Neubauten erfordert ein Umdenken bei den Materialien
„Verstädterung und Bevölkerungswachstum werden eine enorme Nachfrage nach dem Bau neuer Gebäude für Wohnen und Gewerbe schaffen. Daher wird die Produktion von Zement und Stahl eine Hauptquelle von Treibhausgasen bleiben, wenn wir nicht handeln“, sagt Galina Churkina. Sie ist Hauptautorin der Studie und gehört sowohl der Yale School of Forestry and Environmental Studies in den USA als auch dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in Deutschland an. Gemeinsam mit ihren Kollegen hat sie eine Lösung für dieses Dilemma erarbeitet. Der Vorschlag: Im weltweiten Bausektor sollten deutlich größere Mengen von technisch verarbeitetem Holz (engineered wood) eingesetzt werden.
Unterm Strich sei ein positives Ergebnis allerdings nur zu erwarten, wenn bei dieser Umstellung zwei Bedingungen erfüllt werden. Zum einen sei es zwingend nötig, die Wälder, aus denen der Rohstoff Holz entnommen wird, nachhaltig zu bewirtschaften. Zum anderen müsse beim Abriss von Gebäuden das Holz wiederverwendet, also recycelt werden, das dort bereits verbaut war.
Je mehr Holz im Bau, desto weniger Kohlenstoff-Emissionen
Für ihre Studie haben die Forscher vier unterschiedliche Szenarien berechnet. Im Blick hatten sie dabei einen Zeitraum von 30 Jahren. Das erste Szenarium geht davon aus, dass es zu keinen großartigen Veränderungen kommt und bis zum Jahr 2050 nur 0,5 % der neuen Gebäude mit Holz gebaut werden. In den weiteren Szenarien steigt der Holz-Anteil auf 10% beziehungsweise 50 %, was eine entsprechende Massenproduktion an Holz voraussetzen würde. Das extremste Szenarium setzt darauf, dass es sogar Ländern gelingt, auf Holzbauten umzustellen, in denen der Grad der Industrialisierung gering ist. Unter diesen Umständen schätzen die Wissenschaftler das Potenzial des Holzanteils auf bis zu 90 % ein. Die wichtigste Frage ist dabei natürlich, zu welchen Kohlenstoff-Einsparungen diese Szenarien führen könnten: Die Bandbreite bewegt sich zwischen zehn Millionen Tonnen im niedrigsten Szenario und fast 700 Millionen Tonnen weniger Emissionen in Szenario Nummer vier – für eine bessere Vergleichbarkeit haben die Forscher ihre Angaben in Kohlenstoff und nicht in Kohlenstoffdioxid gemacht.
Ein weiterer Aspekt käme hinzu: Holz speichert Kohlenstoff und kann daher als Kohlendioxid-Senke dienen. Laut der Studie kann ein fünfstöckiges Wohngebäude aus Brettschichtholz bis zu 180 Kilogramm Kohlenstoff pro Quadratmeter speichern. Die Masse an lebendigen Wäldern kommt zwar insgesamt auf weitaus höhere Zahlen, aber dennoch trügen Holzbauten auch indirekt zu einem geringeren Kohlenstoff-Anteil in der Atmosphäre bei.
Wälder müssten nachhaltig bewirtschaftet werden
So gut diese Theorien auch klingen, die Wissenschaftler wissen, dass sie in der Praxis mit einem Problem behaftet sind: „Wenn der Einsatz von Bauholz stark gesteigert werden soll, ist der Schutz der Wälder vor nicht nachhaltiger Abholzung und einer Vielzahl anderer Bedrohungen entscheidend wichtig“, sagt Christopher Reyer vom PIK. „Unsere Vision für eine nachhaltige Bewirtschaftung und Regulierung könnte aber die Situation der Wälder weltweit tatsächlich sogar verbessern, da diesen dann ein höherer Wert zugemessen wird.“ Das setze einige Maßnahmen voraus, etwa Holz-Plantagen, um den Bedarf zu decken. Auch die Holzmengen, die als Brennstoff verwendet würden, müssten sinken. Auch das Bauholz-Recycling gehöre zu den zwingenden Maßnahmen.
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