Ingenieurgeologe der RWTH nennt Bau der Hochmoselbrücke verantwortungslos
Die Hochmoselbrücke ist das größte Brückenbauprojekt in Europa. Wie so viele Großbaustellen wird sie aber nicht nur ständig teurer. Jetzt ist auch noch ihre generelle Standfestigkeit in Frage gestellt. Der instabile Ürziger Hang ist rutschgefährdet, es bestehen „Gefährdungsrisiken für Menschenleben“.
Der renommierte Aachener Ingenieurgeologe Prof. Rafig Azzam warnt im Spiegel davor, dass die Hochmoselbrücke keine ausreichende Standfestigkeit haben soll. Die riesigen Brückenpfeiler der 158 Meter hohen Moselquerung sind laut Azzam auf dem „instabilen Hang“ am Ürziger Moselufer nicht ausreichend gesichert.
Der Hang dort ist in der Tat recht steil: Seit gut 100 Jahren wird in Ürzig Riesling auf Steilhängen mit einer Hangneigung von 40 bis 60 Prozent angebaut. Azzam ist nicht irgendein Geologe. Er leitet den Lehrstuhl für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie an der RWTH Aachen und begutachtet zum Beispiel im Auftrag der Staatsanwaltschaft Köln den Untergrund des am 3. März 2009 eingestürzten Kölner Stadtarchivs.
Hang erfüllt nicht die DIN-Norm für Standsicherheitswerte
Rafig Azzam findet eine Brücke in dieser Form an dieser Stelle in Ürzig verantwortungslos. Er schließt ein „Gefährdungsrisiko für Menschenleben“ nicht aus. Der Grund: Der Hang erfüllt nicht die per DIN-Norm vorgegebenen Standsicherheitswerte.
Azzam wurde nach Hinweisen aus der Bürgerinitiative Pro Mosel aktiv und hat Einsicht in die Gutachten genommen, die als Grundlage für die Brückenplanung dienen. Diese sind laut Azzam „weder vollständig noch im Ergebnis nachvollziehbar“.
Azzam vermisst die Beachtung und Betrachtung einer ganzen Reihe relevanter Sicherheitsaspekte wie etwa der Einfluss von Wasserströmen im Untergrund. „Ganz viele Faktoren sind nicht berücksichtigt“, mahnt der Wissenschaftler im Spiegel. Azzam bezeichnet den Hang bei Ürzig als „kriechender Hang“, der vor dem Brückenbau dringend gesichert werden müsste. Das könne laut Azzam Millionen kosten und den Bau der Brücke, deren Sinnhaftigkeit von vielen angezweifelt wird, noch einmal enorm verteuern.
„Straßenbau findet nicht unter Laborbedingungen statt“
Schon Ende August musste die Landesregierung von Rheinland-Pfalz einräumen, dass der geplante Kostenrahmen für die Hochmoselbrücke von 375 Millionen Euro nicht zu halten ist. Höhere Stahlpreise, neue technische Erkenntnisse und das schlechte Wetter machte die Landesregierung dafür verantwortlich, dass die Brücke nun plötzlich 456 Millionen Euro kosten wird.
„Straßenbau findet nicht unter Laborbedingungen statt“, erklärte Verkehrsstaatsekretär Günter Kern von der SPD Ende August 2014 auf der Baustelle in Erden im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Aus den gleichen Gründen kann die Verkehrsfreigabe nicht 2016, sondern erst 2018 erfolgen.
Die Brücke wird ein Teil des Hochmoselübergangs. Der 25 Kilometer lange neue Abschnitt der Bundesstraße 50 soll das Autobahnkreuz Wittlich in der Eifel mit dem Hunsrück auf der anderen Seite der Mosel verbinden, wo der Flughafen Hahn liegt.
Brücke durchschneidet eines der schönsten Moseltäler
Wenn die Stahlbalkenbrücke einmal fertig ist, wird sie den Verkehr auf vier Fahrstreifen über das tief eingeschnittene Moseltal auf einer Gesamtlänge von 1702 Metern und einer Breite von 29 Metern führen. Die Brücke ist hoch umstritten, weil sie die Mosel ausgerechnet in einem der schönsten Abschnitte der Mittelmosel durchschneidet.
Die Initiative Pro Mosel will am heutigen Montag bei der Staatsanwaltschaft Trier aufgrund der neuen Einschätzung durch Prof. Azzam eine Strafanzeige wegen Baugefährdung einreichen. „Das Risiko überhaupt besteht darin, die Brücke stabil zu halten“, begründet der Vorsitzende der Bürgerinitiative Pro Mosel, Georg Laska.
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