Interview 31.03.2025, 14:05 Uhr

Ist die Energiewende im Gebäudesektor nur mit KI möglich?

Künstliche Intelligenz trifft Bau: Warum die Energiewende im Gebäudesektor ohne digitale Assistenten und KI kaum noch realisierbar ist.

Künstliche Intelligenz im Gebäudesektor

Der Gebäudesektor gehört zu den großen Verursachern von CO2-Emissionen. Künstliche Intelligenz soll maßgeblich zur Energiewende beitragen.

Foto: Panthermedia / duiwoy

Die Baubranche zählt weltweit zu den größten Verursachern von CO₂-Emissionen – und steht damit im Zentrum der Debatte um Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Während neue Baustoffe, energieeffiziente Gebäudetechnik und gesetzliche Rahmenbedingungen wichtige Hebel zur Dekarbonisierung sind, offenbart sich ein grundlegendes Problem: Die enorme Komplexität moderner Energiesysteme trifft auf einen zunehmenden Fachkräftemangel und veraltete Planungsprozesse. Wie also lassen sich Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und Klimaziele unter einen Hut bringen?

Für Dr.-Ing. Bernd Petraus, CTO der DBI AG, liegt die Antwort klar auf der Hand: Ohne digitale Unterstützung – insbesondere durch künstliche Intelligenz – wird die Energiewende im Gebäudesektor kaum zu bewältigen sein. Mit dem von seinem Unternehmen entwickelten KI-Tool berta & rudi will Petraus genau hier ansetzen: Die Lösung soll nicht nur die Energieplanung massiv beschleunigen, sondern auch robuster und transparenter machen. Im Interview erklärt er, welche Rolle KI im Bauwesen schon heute spielt, wo ihre Grenzen liegen – und warum der Mensch trotz aller Automatisierung unverzichtbar bleibt.

„CO₂-Neutralität muss auch wirtschaftlich sein“

ingenieur.de: Die Baubranche gilt als eine der größten CO₂-Emittenten weltweit. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Dekarbonisierung des Bausektors?

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Dr.-Ing. Bernd Petraus: Dekarbonisierung ist eine der größten Aufgaben unserer Generation. Neben den verwendeten Baumaterialien ist, insbesondere im Bestand, der aktuell größte Stellhebel zur CO2-Einsparung die Energie. Damit diese jedoch tatsächlich gehoben werden, müssen Anreize bei den Bauherren, Betreibern und Nutzern geschaffen werden. Das bedeutet, CO2-Neutralität sollte auch wirtschaftlich sein. Mit regulatorischen Marktmechanismen (EU-Emissionshandel) wird dies zukünftig auch immer stärker adressiert.

Wie sich der Emissionshandel in der letzten Ausbaustufe konkret auf die CO2-Preise auswirken wird, kann aktuell jedoch nicht sicher gesagt werden. Die Herausforderung ist daher, bei einer gewissen Zukunftsunsicherheit schon heute robuste Energiesysteme zu entscheiden, zu planen und zu bauen. Und häufig scheitert das aufgrund fehlender Transparenz bereits am ersten Schritt: der Entscheidung. Hier werden die Weichen für die gesamte Lebenszykluseffizienz eines Gebäudes gestellt.

Wo künstliche Intelligenz in der Bau- und Energieplanung bereits hilft

KI verändert viele Branchen grundlegend. Welche Rolle spielt sie aktuell in der Baubranche und speziell im Energiemanagement von Gebäuden?

Zunächst muss man festhalten, dass KI ein weiter Begriff ist. Meint man damit Machine bzw. Deep Learning im Allgemeinen oder konkret die in den letzten zwei Jahren sehr medienwirksam publik gewordenen großen Sprachmodelle (LLMs), wie es ChatGPT bspw. ist.

Auch wenn die Sprachmodelle zweifelsohne auch für die Baubranche eine große Bedeutung haben werden, bspw. die sprachliche Interaktion mit Gebäudemodellen, die Erstellung von Planungsberichten oder die sprachbasierte Erfassung von Mängeln auf der Baustelle, liefern weniger bekannte Ansätze deutlich größere Mehrwerte. Machine bzw. Deep Learning kann eine massive Aufwandsreduktion und Qualitätserhöhung in einer datengetriebenen teilautonomen Planung sowie im Bau und im Betrieb bieten.

Dafür sind jedoch viele Daten erforderlich. Daher sind vor allem im Bereich Energie die Voraussetzungen dafür gut, weil in diesem Bereich ohne hochaufgelöste Daten ohnehin schon nichts mehr geht. Aufgrund der Komplexität aktueller Energiesysteme (PV/ Wind, dynamische Strompreise, Speicher etc.) benötigt man bereits in der Planung hochaufgelöste Lastgänge bzw. Simulationen.

Über Dr.-Ing. Bernd Petraus
Petraus hat die Position des Chief Technology Officers(CTO) bei der Digital Building Industries AG inne. Darüber hinaus ist er technischer Vorstand und CTO der übergeordneten TMM AG, die vielfältige Leistungen rund um innovative und nachhaltige Gebäudeplanung anbietet.
Der Ingenieur weißt langjährige Erfahrung innerhalb der TMM Group, unter anderem als Projektingenieur, Projektleiter und Abteilungsleiter auf.
Nach Abschluss seines Masterstudiums M. Sc. Wirtschaftsingenieurwesen promovierte Petraus an der Technischen Universität Chemnitz im Bereich Maschinenbau und hat seine Doktorarbeit im Bereich modellbasierte Kommunikationsanalysen geschrieben.

Schneller planen, fundierter entscheiden – dank KI

Wie kann künstliche Intelligenz konkret dabei helfen, Gebäude nachhaltiger zu planen und zu betreiben?

Künstliche Intelligenz (im zuvor beschrieben Sinn) hilft bei der nachhaltigen Planung von Gebäuden, indem sie bspw. präzise, datengestützte Energiesystemberechnungen ermöglicht. Sie optimiert in dem Beispiel die Auswahl, die Dimensionierung und den Betrieb von Energiesystemen wie Wärmepumpen oder Solaranlagen. Sie erledigt die aufwändigen Tätigkeiten, die einen Ingenieur zuvor Wochen gekostet haben, in Minuten.

Viel wichtiger als die zeitliche Einsparung sind jedoch die neuen Möglichkeiten, die sich in der Art der Zusammenarbeit ergeben. Früher war Planen ein höchst iterativer Prozess, in dem man immer auf Zuarbeit von anderen Bereichen warten musste und eigentlich nie eine valide Planungsgrundlage vorliegen hatte.

Durch die Prozessbeschleunigung sind die Grundlagen immer valide und man kann im besten Fall in gemeinsamen Workshops interaktiv und kollaborativ an dem Projekt arbeiten. Im Workshop können alle Rückfragen und gegenseitigen Anpassungen geklärt und sogar die Bauherren mit einbezogen werden, um schnelle Entscheidungen herbeizuführen.

KI ermöglicht auch im Betrieb von Gebäuden zahlreiche praxisnahe Anwendungen. Im Energiemanagement kann man bspw. nur durch eine automatisierte Analyse minütlicher oder noch höheraufgelösterer Daten in Echtzeit, bspw. zu Temperaturen, Drücken und Bedarfen, eine präzise Anlagensteuerung in einem dynamischen Umfeld vornehmen, die z.B. auf die Gebäudenutzung und -auslastung, Wetter- und Umweltdaten und den Spotmarkt für Strom reagieren, um letztlich eine Menge Energie zu sparen.

Ein weiteres Beispiel ist die vorausschauende Wartung von Anlagen, bei der die KI Muster im Betrieb erkennt und frühzeitig auf potenzielle Störungen hinweist. Auch die Optimierung von PV-Anlagen oder die Anpassung der Beleuchtungssysteme in großen Gebäuden, basierend auf der Nutzung, können mit KI effizienter gestaltet werden.

Ihr Unternehmen DBI fokussiert sich auf ConTech – also Construction Technology. Was hat Sie dazu bewogen, ein Start-up in diesem Bereich zu gründen?

Ich habe über 10 Jahre lang in einem Planungsbüro Energieanlagen konzeptioniert und geplant. So sehr ich die Arbeit liebte, wurde ich immer frustrierter von der langwierigen Planung, die teils mit viel Blindleistung verbunden ist. Dabei sind es vor allem Änderungen, die Planung aufwändig machen. Änderungen sind jedoch völlig normal und häufig unvermeidbar, gerade in frühen Planungsphasen. Aber dennoch blieb das Bedürfnis, es anders zu machen.

Spätestens mit der steigenden Komplexität und Anforderungen aktueller Energiesysteme und dem altersbedingten Austreten immer mehr erfahrener Ingenieure war klar, dass es ohne Digitalisierung nicht mehr geht. Also haben wir all unsere Erfahrungen (und all unseren Mut) zusammengenommen und ein Tech Unternehmen gegründet, das sich vorgenommen hat, die frühen Planungsphasen grundlegend neu zu denken.

Das Ziel ist es, Architekten und Ingenieuren im Rahmen einer Webanwendung digitale Assistenten zur Seite zu stellen, die aufwändige Tätigkeiten automatisieren, um sich voll und ganz auf den kreativen und kommunikativen Teil des Jobs konzentrieren zu können.

Kommunikation ist dabei ein wesentlicher Faktor, denn wenn die manuelle Tätigkeit wegfällt, steht endlich das im Vordergrund, worum es eigentlich geht: die effiziente Abstimmung mit allen Projektbeteiligten und eine anforderungsgerechte Kommunikation mit Bauherren, um valide Entscheidungen herbeizuführen, die eine stabile, schnelle und fehlerarme Detailplanungs-, Ausschreibungs- und Bauphase ermöglichen. Mit berta & rudi ist uns das für die Energiesystemplanung in einem ersten Anwendungsfall gelungen. Weitere sind bereits in der Entwicklung.

berta & rudi: Wie KI und Optimierung zusammenarbeiten

Ihr Produkt berta & rudi soll komplexe Energiekonzepte in wenigen Minuten erstellen. Wie funktioniert die Software genau, und wie unterscheidet sie sich von traditionellen Methoden?

berta nutzt KI für präzise Energieprognosen, während rudi mit numerischer Optimierung die besten Energiekonzepte berechnet. Zusammen bieten sie eine schnelle, transparente und flexible Lösung zur Energiesystemplanung. Das KI Modell berta wurde auf einer Vielzahl von Mess- und Simulationsdaten trainiert (konkret mehr als 1 Mio. Gebäude), die für jeden denkbaren Fall eine äußerst präzise Nutzenergiebedarfsprognose in stündlicher Auflösung liefert.

Im Bereich Wohnen, wo das KI Modell am weitesten entwickelt ist, können sehr detaillierte Vorgaben gemacht werden, bspw. Baujahr, Bauweise, Jahr und Art der letzten Sanierung etc. rudi bezieht sich dann auf diese Bedarfe und liefert zum einen Vorschläge für Energiesysteme, die diese Bedarfe nach bestimmten Zielvorgaben optimal decken. Zum anderen macht rudi eine erste dynamische Betriebsoptimierung unter Berücksichtigung dynamischer Umstände, wie bspw. außentemperaturabhängige COP-Berechnung von Wärmepumpen oder die Berücksichtigung dynamischer Strompreise.

rudi setzt im Gegensatz zu berta nur in einem Teilbereich auf KI, da KI systembedingt zum einen keine exakten Ergebnisse garantieren kann. Bei den großen Sprachmodellen spricht man von „Halluzinieren“. Das Prinzip ist vergleichbar. Zum anderen sind die Ergebnisse nur sehr eingeschränkt interpretier- und beinflussbar, wie es viele von der Interaktion mit Sprachmodellen trotz gutem Prompting bereits kennen. Hier spricht man auch vom sog. „Black Box-Problem“.

Bei der Bedarfsprognose ist diese Unschärfe tolerabel, bei der Auslegungen eines sehr teuren Energiesystems nicht. Daher setzt rudi auf exakte Verfahren, die im Rahmen der angegebenen Parameter eine optimale Lösung gewährleisten können. Das ist Ziel bleibt jedoch das Gleiche. Und zwar, schnell UND präzise zu sein. Traditionelle Methoden sind entweder schnell ODER präzise. Unsere Kunden berichten von einer Zeitersparnis von bis zu 80% gegenüber konventionellen, ähnlich präzisen Lösungen.

Mensch und Maschine: Warum Expertise weiterhin entscheidend bleibt

Gibt es Anwendungsfälle, in denen KI im Energiemanagement an ihre Grenzen stößt? Wo braucht es noch menschliche Expertise?

Neben den zuvor genannten Schwächen von KI, also vor allem dem „Halluzinieren“ und dem „Black Box Problem“, welche Machine bzw. Deep Learning im Allgemeinen betreffen, ist eine der größten Herausforderungen, dass automatisch erzeugte Ergebnisse, egal welcher Art, interpretiert werden müssen. Die Berechnungen sind zwar schnell und detailliert, aber oftmals fehlt es an Konsistenz, Kontext oder auch schlicht Vernunft. Dasselbe gilt für berta & rudi.

Auch wenn es beim erstmaligen Anwenden so wirken mag, ist die Arbeit nicht nach 5 Minuten erledigt. Sondern dann geht es erst richtig los. Der erste Vorschlag, den unsere Software liefert, ist daher lediglich als solide Grundlage zu betrachten, die es dann sukzessive im Dialog zwischen Anwender und berta & rudi zu verfeinern gilt. Der Anwender kann dann beispielsweise Randbedingungen anpassen, wie Verfügbarkeit von Umweltenergie oder Abwärme, spezifische Erzeuger ausschließen oder Preise und Wirkungsgrade verändern.

Dabei braucht es immer noch, bzw. umso mehr menschliche Expertise, da das Potenzial der extrem schnellen Berechnungen nur ausgeschöpft werden kann, wenn die Ergebnisse ebenso schnell und fundiert interpretiert und angepasst werden. Besonders bei komplexen, dynamischen Entscheidungen, die ein tiefes Verständnis der lokalen Gegebenheiten oder spezifischer Anforderungen erfordern, bleibt der Mensch unverzichtbar. Die KI ist also ein starkes Werkzeug, aber der Mensch sorgt für die maßgeschneiderte, praxisorientierte Lösung.

KI im Bestand: Nachhaltigkeit für bestehende Gebäude

Kann KI dabei helfen, bestehende Gebäude nachhaltiger zu betreiben, oder liegt der Fokus eher auf Neubauten?

KI kann beim Neubau, bei der nachhaltigen Betriebsführung oder auch bei der Sanierung bestehender Gebäude helfen. Bei Neubauten ist es natürlich etwas offensichtlicher, da es darum geht, von Anfang an und bei großer Entscheidungsfreiheit die optimale Lösung zu finden. Besonders interessant ist jedoch der Bestand. Gerade bei Bestandsgebäuden kann man über den zweiten großen CO2-Verursacher, die Materialien, nicht mehr viel erreichen.

Das Gebäude ist nunmal so gebaut, wie es ist. Und daher übrigens auch schützenswert. Die mit Abstand größte, häufig einzige, Beeinflussbarkeit liegt daher in der Energieoptimierung, also entweder in Form der beschrieben Betriebsoptimierung oder im Fall der Sanierung in Form der Erneuerung der Technik. Denn während das Gebäude selbst gut und gerne 50, 100 oder mehr Jahre steht, muss die Technik alle 15, 20 oder 25 Jahre erneuert werden.

Welche Art von Daten nutzt die Software, um belastbare und nachhaltige Energiekonzepte zu erstellen? Wie wird sichergestellt, dass die Ergebnisse zuverlässig sind?

Wie bereits beschrieben, setzen berta & rudi auf sehr bewusst ausgewählte Ansätze je nach Teilaufgabe im Prozess einer Energiekonzeptionierung, also insbesondere KI bzw. Deep Learning bei berta, wo es vor allem um valide Bedarfsprognosen bei minimalem Aufwand geht. Und numerische Optimierung bei rudi, wo ein exaktes Optimierungsergebnis unverzichtbar ist.

Da berta & rudi letztlich Modelle sind und daher naturgemäß Vereinfachungen unterliegen, ist – trotz einer kontinuierlichen Qualitätssicherung von unserer Seite – immer auch der kritische Blick des Anwenders erforderlich. Das gilt im Übrigen für jede Berechnungssoftware. Insofern ist es essenziell – und das bietet eben nicht jede Berechnungssoftware – dass die Ergebnisse interpretierbar sind. Wir setzen daher auf maximale Transparenz der Annahmen und Berechnungen. Dazu zählt folgerichtig auch die volle Anpassbarkeit, bspw. von Parametern, Wirkungsgraden, Berechnungsformeln, Anlagenverhalten und Erweiterbarkeit.

Skepsis überwinden: Wie offen ist die Branche für digitale Tools?

Ihre Software richtet sich an Architekten, Ingenieure und Stadtwerke. Wie aufgeschlossen ist die Branche für digitale Werkzeuge wie Ihres? Stoßen Sie noch auf Skepsis?

Die Skepsis ist deutlich zu spüren, wobei diese sehr abhängig davon ist, mit wem man aus unserer großen Anwenderbreite spricht. Anwender, die schnell verstehen, was berta & rudi eigentlich ist, nämlich eine Lösung zur Konzeptionierung von Energiesystemen, ist die Akzeptanz schnell da. Anwender, die eher eine voll ausdetaillierte Simulation erwarten, werden mit berta & rudi nicht glücklich. Jedoch ist das der falsche Maßstab.

berta & rudi haben Komplexitätsbeherrschung und Vereinfachung zum Ziel. Die Ergebnisse entsprechen in etwa Vorplanungsniveau (HOAI LPH2). Man kann und sollte nicht dieselben Einstellungsmöglichkeiten wie bei einer detaillierten Simulation erwarten. Detaillierte Simulationen sind in der frühen Planungsphase, in der sich ständig Randbedingungen und Anforderungen ändern, nach wie vor viel zu teuer und zeitaufwändig.

Daher macht man in frühen Phasen eben Konzepte und die Detailplanung erst später, also in der Entwurfs- oder Ausführungsplanung (HOAI LPH3 – LPH5). Das Entscheidende ist daher der Vergleich gegenüber üblichen Konzeptionierungsansätzen. Dazu gehört es eben, und das fällt uns Ingenieuren schwer, nicht den höchstmöglichen Detaillierungsgrad zu erwarten, sondern den in der Vorplanung erforderlichen. Und das in möglichst wenig Zeit.

Wenn es also um das Aufwand-Nutzen-Verhältnis geht, schlagen berta & rudi konventionelle Konzeptionierungslösungen um Faktoren. Dann bleibt nur noch die Skepsis gegenüber den Ergebnissen. Und da können wir nur raten, die Anwendung in der kostenlosen Version selbst auszuprobieren.

Ohne KI keine Energiewende: Ein realistischer Ausblick

Wohin geht die Reise der KI im Energiemanagement? Welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren?

Wir glauben, dass sich die gesamte Art und Weise, wie wir heute Planen und Bauen, ändern wird. Es geht im Wesentlichen um die Abkehr von toten Dokumenten, egal ob analog oder digital. Aktuell ist es doch so, dass man sich aufgrund des fragmentierten Arbeitens auf keine Information wirklich verlassen kann. Meist sind die Informationen bereits mit der Dokumentation veraltet. Es braucht also mehr Konsistenz und Kollaborationsfähigkeit.

Damit ist jetzt nicht unbedingt das ganz große Ziel der BIM Methode (Building Information Modelling) gemeint, alle Informationen zu einem Projekt in einem oder mehreren stets konsistenten Modellen zu pflegen. Aber an der Denkweise ist etwas dran. Es macht durchaus Sinn, gut isolierbare Teilaspekte der Planung als Modelle zu denken. Machen wir das am Beispiel von berta & rudi etwas konkreter. Energiekonzepte werden normalerweise als PowerPoint, Word oder gar PDF verschickt. Das widerspricht völlig der Natur von Energiekonzepten, da diese eigentlich nie fertig sind. Häufig vergeht noch viel Zeit bis zum Beginn der Baumaßnahme und Randbedingungen ändern sich genauso wie Anforderungen.

An dem Tag, an dem das passiert, ist das Energiekonzept in der PowerPoint, Word oder PDF im Prinzip vollständig entwertet. Der Technische Leiter eines uns gut bekannten Stadtwerks präsentierte uns mal ein fast 100-seitiges Papier zu einem Energiekonzept, das vor einem Jahr von einem externen Planer angefertigt wurde. Die Berechnung war valide, die Ergebnisse gut aufbereitet, jedoch waren die Preise für einige der Anlagen und Energieträger nicht mehr gültig und lagen teils deutlich neben aktuellen Preisen. In der Folge war so gut wie keine Zahl mehr korrekt.

Den Stadtwerken blieb nur der Weg, erneut an den Auftragnehmer heranzutreten oder im schlimmsten Fall ein gänzlich neues Konzept anfertigen zu lassen. Wenn das Ergebnis des Energiekonzepts jedoch, wie bei berta & rudi, ein Modell ist, können Anpassungen von jedem vorgenommen werden, kleinere Änderungen sogar vom Auftraggeber selbst. Man ist viel weniger abhängig vom ursprünglichen Ersteller, muss sich in keine fremde Excel reindenken etc.

Wir stellen uns eine zeitgemäße Dokumentation eben nicht als Regal voller gedruckter Dokumente vor, sondern als eine für alle Stakeholder zugängliche, webbasierte Portfolioansicht mit allen Energiekonzepten bzw. Projekten, inkl. Projektstand und voller Anpassbarkeit auf neue Erkenntnisse. Und das Ganze eben nicht nur für Energiekonzepte, sondern hoffentlich bald für alle Aspekte der Planung. Das ist zumindest das Ziel unseres Unternehmens, der DBI AG.

Zum Abschluss: Warum gelingt die Energiewende nur mit KI?

Die Energiewende stellt uns Ingenieure vor einen riesigen Berg an Arbeit. Gleichzeitig sind Energiesysteme aber auch komplexer geworden als sie es noch vor wenigen Jahren waren. Dies liegt bspw. an den zu berücksichtigenden volatilen Energien, der erforderlichen dynamischen Speicherauslegung oder auktionsbasierten Strom- und zukünftig auch CO2-Preisen. Bei einem gleichzeitigen Fachkräftemangel, der uns auch in den Ingenieurberufen hart trifft, fehlt zumindest uns die Fantasie, wie auch nur die Planung all der erforderlichen Maßnahmen ohne Digitalisierung bzw. KI leistbar sein soll.

So funktioniert berta & rudi

Abschließend noch eine Screenshots von berta & rudi, um einen Einblick darüber zu geben, wie das Tool funktioniert.

Liegenschaft: Hier wird durch Eingaben wie Standort und Projektbezeichnung sowie weitere benutzerdefinierte Attribute die Grundlage für die präzise Energieprognose geschaffen. Durch die Eingabe des Standortes fließen lokale Einflüsse wie Wetter- und Klimadaten direkt in die Berechnungen ein.

Liegenschaft: Hier wird durch Eingaben wie Standort und Projektbezeichnung sowie weitere benutzerdefinierte Attribute die Grundlage für die präzise Energieprognose geschaffen. Durch die Eingabe des Standortes fließen lokale Einflüsse wie Wetter- und Klimadaten direkt in die Berechnungen ein.

Energiebedarf: Stündlicher Lastgang. Lastgänge lassen auch täglich, monatlich oder vierteljährlich visualisieren.

Energiebedarf: Stündlicher Lastgang. Lastgänge lassen auch täglich, monatlich oder vierteljährlich visualisieren.

Varianten: Durch das hochdynamische Blockschaltbild wird die Konfiguration des Energiesystems klar und transparent. Jede Änderung an Erzeugern oder Energiekreisläufen wird unmittelbar visualisiert.

Varianten: Durch das hochdynamische Blockschaltbild wird die Konfiguration des Energiesystems klar und transparent. Jede Änderung an Erzeugern oder Energiekreisläufen wird unmittelbar visualisiert.

Auswertung: Drei Varianten im direkten Vergleich – mit klaren und nachvollziehbaren KPIs.

Auswertung: Drei Varianten im direkten Vergleich – mit klaren und nachvollziehbaren KPIs.

Veranschaulichung des Energiekonzepts in Form eines Sankey Diagramms für höchste Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Veranschaulichung des Energiekonzepts in Form eines Sankey Diagramms für höchste Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Energiebedarf: Hochaufgelöste Energiebedarfe in stündlicher, wöchentlicher, monatlicher oder vierteljährlicher Auflösung.

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Optimiertes Wärmenetz in Esslingen am Neckar mit Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern, Reihenhäusern, Einzelhandel und Bürogebäuden.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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