Klimawandel: So lässt sich der CO2-Fußabdruck von Fachwerken verringern
Holz oder Stahl? Diese Frage beantworten Ingenieure mit einer neuen Software. Ihr Ziel ist, nicht nur die Stabilität, sondern auch die Kohlendioxid-Bilanz von Fachwerken zu optimieren – und damit den Klimawandel zu verlangsamen.
Gebäude tragen in hohem Maße zur globalen Erwärmung bei, und zwar nicht nur durch ihren laufenden Betrieb, sondern auch durch Materialien, die zur Konstruktion eingesetzt werden. Ingenieurinnen und Ingenieure verwenden bei der Konstruktion oft Stahl, Holz oder einer Kombination aus beiden Materialien. Es gibt jedoch nur wenige Untersuchungen darüber, wie man die richtigen Materialien auswählt, um den Beitrag dieser Strukturen beim Klimawandel zu minimieren.
Ein spezieller Aspekt aus den Ingenieurwissenschaften: Fachwerke zeichnen sich durch eine hohe Tragfähigkeit bei geringem Eigengewicht aus. Ihre Erdbebensicherheit ist hoch. Deshalb haben Fachwerke eine große Bedeutung im Bauwesen, speziell bei Brücken und Türmen, aber auch bei sonstigen größeren Bauwerken. Stahl, aber auch Holz, werden bei der Konstruktion verwendet – bei unterschiedlicher Klimabilanz.
Forscher des MIT haben nun eine detaillierte Analyse durchgeführt und eine Reihe von Tools zur Berechnung entwickelt, die es Architekten und Ingenieuren ermöglichen, Fachwerkkonstruktionen so zu entwerfen, dass der darin enthaltene Kohlenstoff auf ein Minimum reduziert wird und gleichzeitig alle für eine bestimmte Bauanwendung erforderlichen Eigenschaften erhalten bleiben.
„Das Baugewerbe ist ein riesiger Verursacher von Treibhausgasemissionen, der in den letzten Jahrzehnten sozusagen unter dem Radar geflogen ist“, sagt Josephine Carstensen vom MIT. „Aber in den letzten Jahren haben die Konstrukteure von Gebäuden begonnen, sich mehr darauf zu konzentrieren, wie sie nicht nur die mit der Gebäudenutzung verbundene Betriebsenergie reduzieren können, sondern auch den wichtigen Kohlenstoff, der mit der Struktur selbst verbunden ist. Und genau hier setzt diese neue Analyse an.“
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Beitrag gegen den Klimawandel: Materialien bei Fachwerken berechnen
Zum Hintergrund: Eigentlich ist die Thematik nicht neu. Nur haben sich solche Berechnungen in der Vergangenheit als recht aufwändig erwiesen. Bei Stahl setzt sich der Kohlendioxid-Fußabdruck aus mehreren Teilschritten zusammen – vom Abbau der Erze über die Verhüttung, die Stahlgewinnung bis hin zum Transport zur Baustelle und der Verarbeitung durch Maschinen vor Ort. Erfahrungsgemäß fällt die Bilanz bei Holz deutlich besser aus. Nur die Verarbeitung und der Transport sind hier von Bedeutung. Die Herausforderung lautet, Klimaneutralität und physikalische Eigenschaften in Einklang zu bringen.
Die beiden wichtigsten Optionen zur Verringerung der mit Fachwerkstrukturen verbundenen Kohlenstoffemissionen sind der Austausch von Materialien oder die Veränderung der Struktur. Das neue, am MIT entwickelte Tool nutzt eine Technik namens Topologieoptimierung: ein computergestütztes Verfahren, um die Grundgestalt, also die Topologie, für Bauteile unter mechanischer Belastung zu kalkulieren. Ingenieurinnen und Ingenieure geben grundlegende Parameter wie die zu tragenden Last und Abmessungen der Struktur ein. Anhand der Ergebnisse können sie Strukturen optimieren. Zu den Zielwerten gehören neben dem Gewicht oder den Kosten auch der Kohlendioxid-Fußabdruck.
Die von Carstensens Team entwickelten Werkzeuge können in verschiedenen Phasen eingesetzt werden, entweder in der frühen Planungsphase eines Bauwerks oder später in der Endphase eines Entwurfs. Holz eignet sich sehr gut für Druckbelastungen, ist Stahl aber unterlegen, wenn es um Zugbelastungen geht. Carstensen sagt, dass Holz ansonsten aber weitaus bessere Eigenschaften habe und man „speziell bei Strukturen, die keine Spannungen aufweisen, definitiv nur Holz verwenden sollte, um Emissionen zu verringern“.
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Mindestens 10 % Kohlendioxid eingespart
Um die neue Software praxisnah zu testen, entwickelte das Team mehrere Vorschläge zur Optimierung bestehender Fachwerke. Dabei konnten die Ingenieurinnen und Ingenieure zeigen, dass Verbesserungen bestehender Strukturen ohne Leistungseinbußen bei erheblichen Einsparungen an Kohlendioxid möglich sind. Der CO2-Fußabdruck verringerte sich bei den ersten Simulationen um rund 10 %: ein Beitrag gegen den Klimawandel
Wahrscheinlich seien Einsparungen in der Praxis zwei- bis dreimal so hoch, erklärt Carstensen. „Es geht darum, die Materialien intelligenter auszuwählen, je nach den Besonderheiten einer bestimmten Anwendung.“ Carstensen hofft jetzt, dass Holz im Großbau stärker als bislang eingesetzt wird, um die Kohlendioxid-Bilanz der Gebäude zu verbessern.
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