Künstliche Intelligenz: Kommt die vollautomatisierte Baustelle?
Auf der Baustelle ist nach wie vor viel Handwerk angesagt und daran wird sich in absehbarer Zeit erstmal nicht viel ändern. Gleichwohl zieht Künstliche Intelligenz auch bei der Bauwirtschaft ein. Inwiefern digitales und vernetztes Datenmanagement kleinen und mittleren Unternehmen bei ihren vielfältigen Aufgaben helfen kann, zeigt ein Forschungsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
Die Bauwirtschaft profitiert zunehmend von der Künstlichen Intelligenz durch ein digital vernetztes Datenmanagement. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen kann dies von großem Vorteil sein. Dies wird durch das vom KIT geleitete Projekt „SDaC – Smart Design and Construction“ unterstrichen. Das Hauptziel dieses Projekts ist die nahtlose Informationsübertragung zwischen verschiedenen Organisationen und Softwaresystemen. Bei einem Abschlussevent präsentierten die Forschenden nun die Ergebnisse ihrer Arbeit. Zunächst wollen wir uns jedoch anschauen, wie Roboter bereits jetzt auf der Baustelle helfen können.
Bauroboter helfen auf der Baustelle
In der Bauindustrie und in vielen Baugewerken sind Roboter nicht mehr wegzudenken, sei es bei der Herstellung von Bauprodukten oder bei der Montage spezialisierter Konstruktionen. Nun halten sie auch Einzug auf den Baustellen. Die Fähigkeiten der Roboter reichen vom Abtragen und Vermessen über das Mauern und Schweißen bis hin zum Verlegen von Pflastersteinen und Streichen von Wänden. Zudem können sie als 3D-Drucker sogar ganze Häuser errichten.
Die Vorteile der Baurobotik sind vielfältig. Sie arbeiten unermüdlich und stets in konstanter, hoher Qualität – präzise, effizient und schnell. Dank Programmen und CAD- oder BIM-Daten können Roboter autonom oder per Fernsteuerung arbeiten, wobei sie Konstruktionsdaten direkt und digital auf die Baustelle übertragen. Dies führt zu effizienteren Bauabläufen und reduziert Fehler.
Für Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter bedeuten Roboter eine Erleichterung, da sie monotone, physisch belastende und gefährliche Aufgaben übernehmen und so das Risiko von Arbeitsunfällen mindern. Für Planer bieten sie neue kreative Möglichkeiten, etwa durch die Herstellung bisher komplexer Strukturen mit 3D-Druckern. In Kombination mit modernen, oft KI-gestützten Automatisierungssystemen könnten Roboter die Attraktivität von Bauberufen steigern und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Digitales und vernetztes Datenmanagement
Unabhängig davon, welche Arbeit Roboter auf der Baustelle übernehmen können, hat sich das KIT im Projekt „SDaC – Smart Design and Construction“ mit dem Datenmanagement und Künstlicher Intelligenz in der Bauwirtschaft beschäftigt. Hierbei ging es zum Beispiel um Fragen wie: Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) Menschen in der Bauwirtschaft unterstützen? Welche Aufgaben können Maschinen lernen?
„Wir haben eine Plattform entwickelt, auf der sich unter anderem Dokumente aus Projekten, beispielsweise PDF-Lieferscheine, digitalisieren und strukturieren lassen“, sagt der wissenschaftliche Leiter von SDaC, Professor Shervin Haghsheno vom Institut für Technologie und Management im Baubetrieb (TMB) des KIT. Mit Projektpartnern entstanden zudem neun KI-Demonstratoren, welche Organisationen der Bauwirtschaft bei der Planung und Realisierung von Bauprojekten unterstützen sollen. Ein Hauptaugenmerk lag hierbei auf Transparenz und Erklärbarkeit.
Wichtiger Baustein bei der Digitalisierung der Bauwirtschaft
Interessierte können die Demonstratoren auf der Plattform einsehen und ausprobieren, um den Nutzen von KI in der Bauwirtschaft zu verstehen. Das TMB wird die erstellte Plattform und die Demonstratoren auch nach Abschluss des Projekts in einem Netzwerk weiterführen, um den Austausch von Wissen und Praxiserfahrungen bezüglich KI im Bausektor zu fördern. „Die Ergebnisse des Projekts bilden einen wichtigen Baustein in unserer Forschung zur Digitalisierung in der Bauwirtschaft, besonders zur Mensch-Maschine-Kollaboration“, sagt Shervin Haghsheno.
Bei der Bauwirtschaft handele es sich um ein stark fragmentiertes Ökosystem mit vielen Schnittstellen, erklärt Projektleiterin Svenja Lauble vom TMB. „Daher ist eine verlustfreie Informationsweitergabe zwischen Organisationen und Softwaresystemen häufig nur schwer möglich. Mit SDaC haben wir die Mehrwerte von KI gezeigt, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Gerade diese haben mit vielen Datenformaten zu tun, die häufig nicht digital und strukturiert vorliegen.“
Dokumente digitalisieren
Im Rahmen des SDaC-Projekts haben die Beteiligten eine Liste von 230 Softwareunternehmen zusammengestellt, die KI-Lösungen für die Bauwirtschaft entwickeln. Über eine Plattform können KI-Experten ihre Dienstleistungen für Bauunternehmen oder Bausoftwareanbieter vorstellen. Zudem werden Schulungs- und Netzwerkveranstaltungen angeboten.
Die Forschenden haben basierend auf dem Demonstrator „Lieferscheine digitalisieren“ eine App entwickelt, die ab Herbst 2023 zum Download in den App-Stores verfügbar sein wird. Diese App zielt darauf ab, die manuelle Aufbereitung von in Papierform gelieferten Lieferscheinen für Rechnungsprüfung und Dokumentation zu digitalisieren und so zu vereinfachen.
Im Folgeprojekt geht es um intelligente Sanierungsmaßnahmen
Einige Demonstratoren, die im Rahmen von SDaC entwickelt wurden, finden ihre Weiterentwicklung im Nachfolgeprojekt „NaiS – Nachhaltige intelligente Sanierungsmaßnahmen“, das ebenfalls unter der Koordination des KIT steht. Dieses vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützte Projekt kombiniert Daten aus diversen Quellen mit KI-Methoden auf einer digitalen Plattform. Ziel ist es, Sanierungsmaßnahmen objektiv zu analysieren und zu verbessern.
Parallel zur Arbeit an SDaC wurde in Dortmund das Start-up Valoon gegründet. Es spezialisiert sich darauf, Daten aus gängigen Kommunikationsmitteln wie WhatsApp intelligent zu organisieren und zu strukturieren.
Insgesamt waren an dem Projekt über 40 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt. Es wurde im Rahmen eines nationalen Innovationswettbewerbs für KI-Anwendungen prämiert und erhielt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über einen Zeitraum von 3,5 Jahren eine Förderung in Höhe von rund 9 Millionen Euro.
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