Stromkosten sparen 05.01.2023, 10:19 Uhr

Machen programmierbare Materialien Klimaanlagen bald überflüssig?

Klimaanlagen sind große Stromfresser und Klimakiller. Spezielle Schäume können dabei helfen, die Wärme im Sommer draußen zu halten. Das ist das Ergebnis einer Forschungsarbeit am Fraunhofer CPM. Das Institut arbeitet an weiteren Innovationen in Sachen Thermomanagement, die wir ebenfalls kurz vorstellen.

Klimaanlage Raum

Klimaanlagen sind Stromfresser und daher teuer im Betrieb, als Alternative bietet sich eine programmierbare Hausdämmung an.

Foto: Panthermedia.net/AndreyPopov

Klimaanlagen sind echte Stromfresser, kaum ein Gerät im Haushalt hat einen ähnlich hohen Stromverbrauch. Gerade in Zeiten explodierender Strompreise sind Alternativen daher heiß begehrt. Neuartige Materialien, bei denen sich der Wärmedurchgang programmieren lässt, können eine Alternative sein. Forschende des Fraunhofer CPM arbeiten derzeit an einer programmierbaren Hausdämmung, mit der sich bei der Kühlung von Einfamilienhäusern bis zu 40 Prozent der Energie einsparen lassen soll.

Stromverbrauch einer Klimaanlage

Eine Klimaanlage für einen Wohnraum von 20 bis 25 Quadratmetern sollte eine Kühlleistung von etwa 2.500 Watt, also 2.5 Kilowatt, haben. Wieviel Strom dafür aufgewendet werden muss, diese Kühlleistung zu erzielen, hängt von der Energie Efficiency Ratio (EER) ab. Gute Split-Klimageräte erreichen einen Wert oberhalb von 8. In diesem Fall muss eine Kilowattstunde elektrische Energie aufgewendet, um dem Raum acht Kilowatt Wärme zu entziehen. Mobile Kompakt-Klimageräte erreichen hingen eher Werte um drei, sie arbeiten demnach wesentlich ineffektiver. Nehmen wir einen EER-Wert von 4,5 an, wie er meist erreicht wird, liegt die benötigte Stromaufnahme bei etwa 0,6 Kilowatt.

Kommen wir zur Betriebsdauer, für die wir 4 Stunden am Tag und das an 30 Tagen im Jahr annehmen. Die Klimaanlage läuft somit jährlich an 120 Stunden. Multiplizieren wir das mit der Stromaufnahme von 0,6 Kilowatt, erhalten wir auf einen Gesamtverbrauch von 72 Kilowattstunden im Jahr. Nun noch nachschauen, was der Strom bei Ihnen aktuell kostet und Sie können den Preis dafür errechnen. Anfang 2023 liegt der Strompreis bereits bei über 50 Cent pro Kilowattstunde. Nehmen wir diesen Wert, zahlen Sie für die Klimatisierung eines 20 bis 25 Quadratmeter großen Raums 36 Euro im Jahr – Tendenz steigend.

Nicht nur in Hinblick auf die Kosten, auch mit Blick auf die Umwelt sind Klimaanlagen nicht sehr empfehlenswert. Sie sind nicht nur teuer im Betrieb, sondern produzieren auch jede Menge Kohlendioxid. Zumindest solange wir einen Großteil unseres Stroms aus fossilen Brennstoffen gewinnen. Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes haben Klimaanlagen in Deutschland 2019 rund fünf bis sechs Millionen Tonnen CO2 verursacht. Das ist jede Menge, zumal die Forschenden davon ausgehen, dass die Zahl der Klimageräte bis 2050 deutlich steigen wird. Vielleicht gibt es aber auch eine Alternative, wie die bereits erwähnte programmierbare Hausdämmung. Und wer eigenen Strom mit einer PV-Anlage produziert, kann eine Klimaanlage ebenfalls recht kostengünstig und umweltfreundlich betreiben.

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Programmierbarer Schaum regelt die Wärme im Haus

Das Prinzip, das hinter der programmierbaren Hausdämmung steckt, ist denkbar einfach: Knallt die Sonne vom Himmel und ist es dementsprechend heiß, dehnen sich Elemente aus Schaumstoff aus und schließen Lüftungsschlitze zwischen der Hauswand und einer vorgehängten Fassade. Das Gebäude wird somit vor dem Aufheizen geschützt. Wird es kühler – zum Beispiel in der Nacht – zieht sich der Schaumstoff wieder zusammen und die Lüftungsschlitze gehen auf. Frische Luft kann zirkulieren und kühlt das Haus.

„Das Potenzial ist groß: Bis zu 40 Prozent der Kühlenergie lässt sich auf diese Weise einsparen“, sagt Dr. Susanne Lehmann-Brauns, deren Themenfokusgruppe diese und andere Entwicklungen im Fraunhofer CPM vorantreibt.

Doch wie funktioniert der programmierbare Wärmedurchgang genau? Alles beruht auf einen speziellen Schaum, der temperaturabhängig seine Form ändert. Bei steigender Wärme öffnet er seine Poren und weitet sich aus, bei sinkenden Temperaturen zieht er sich wieder zusammen, die Poren schließen sich. Bei welchen Temperaturen das genau geschieht, lässt sich beim Herstellungsprozess steuern. Das Besondere: Dieser Vorgang ist reversibel, der Schaum kann seine Poren immer wieder öffnen und schließen. Bei gängigen Formgedächtnisschäumen ist das anders, diese können ihre Form nur ein einziges Mal ändern.

programmierbare Hausdämmung

Schematische Darstellung des Schaumstoffaktuator-Konzepts der ersten (A1), zweiten (B1) und dritten Generation (C1): Grenzzustände der Demonstratoren bei tieferer Temperatur (A2, B2, C2) und erhöhter Temperatur (A3, B3, C3).

Foto: Fraunhofer IAP, IBP und ICT

Weitere Möglichkeiten des Thermomanagements

Die programmierbare Hausdämmung ist nur ein Baustein, an dem die Forschenden des Fraunhofer CPM arbeiten. Programmierbare Materialien können noch auf andere Art und Weise beim Thermomanagement helfen, an zwei weiteren Grundbausteinen arbeiten die Wissenschaftler des Instituts gerade. Zum einen geht es um den Transport großer Wärmemengen, die zum Beispiel bei bestimmten technischen Geräten entstehen. Zum anderen wird an der programmierbaren Wärmespeicherung geforscht, wie wir sie zum Beispiel im Kleinen bereits von Taschenwärmern kennen, die durch Knickplättchen aktiviert werden.

Transport großer Wärmemengen mit Hilfe schaltbarer Heatpipes

Technische Geräte wie zum Beispiel Brennstoffzellen geben sehr viel Wärme ab. Steigt diese über die Betriebstemperatur, muss sie abgeführt werden. Und das in deutlich größeren Mengen, als es über den Schaum mit den schaltbaren Lüftungslöchern möglich ist. Die Forschenden des Fraunhofer CPM arbeiten hierfür an speziellen Heatpipes. Normalerweise transportieren diese Wärmemengen unter nahezu allen Bedingungen. Anders bei den Heatpipes des Instituts:

„Unsere Materialien adsorbieren das Wasser und geben es erst bei einer festgelegten Temperatur in der Heatpipe frei. Das heißt: Unterhalb dieser Temperatur ist die Heatpipe ausgeschaltet, oberhalb ist genügend Wasser für den Betrieb vorhanden und kann riesige Wärmemengen transportieren“, erläutert Christian Teicht, stellvertretender Sprecher des Themenfokus. Ein Patent auf diese Entwicklung haben die Forscherinnen und Forscher bereits angemeldet.

schaltbare Heatpipes

Schaltbare Heatpipes sind kompakt und kommen ohne bewegliche Teile aus. Sie sind in vielen Systemen einfach integrierbar und versprechen sehr hohe Wärmetransportfähigkeiten.

Foto: Fraunhofer IPM/Markus Winkler

Programmierbare Wärmespeicherung mit Hilfe schaltbarer Module

Oft fällt Wärme in Zeiten und an Orten an, an denen sie nicht benötigt wird. Mit Hilfe eines unterkühlbaren Plattenmaterials wollen die Wissenschaftler des Fraunhofer CPM diese Wärme speichern und gezielt wieder freisetzen. Die meisten kennen sicherlich die Taschenwärmer, die durch Knicken ihre Wärme freisetzen. So ähnlich soll das auch in diesem Fall funktionieren. Bisher sind nur wenige dieser unterkühlbaren Materialien und somit nur wenige verschiedene Phasenwechseltemperaturen bekannt. Das soll sich nun ändern:

„Wir entwickeln daher weitere Materialien, die sich deutlich unter ihre Schmelztemperatur unterkühlen und ganz gezielt aktivieren lassen, so dass sie ihre Wärme freisetzen“, so Teicht. Genutzt werden könnten diese Materialien zum Beispiel bei Batterien, die etwa in E-Autos natürlichen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. In der Praxis könnte die beim Laden und Betrieb entstehende Wärme in den schaltbaren Materialien gespeichert und die Batterie vor Überhitzung geschützt werden. Praktisch: Die Wärme lässt sich über einen nahezu beliebigen Zeitraum speichern. Nutzen lässt sie sich zum Beispiel beim Kaltstart der Batterie. Hintergrund: Arbeiten die Akkus unter einem gewissen Temperaturniveau, nimmt die Reichweite der Autos drastisch ab. Siehe auch: E-Autos im Winter.

schaltbares Wärmespeichermodul

Funktionsprinzip des schaltbaren Wärmespeichermoduls: Durch gezielte Aktivierung des unterkühlten Phasenwechselmaterials (links) kann die im Material über einen langen Zeitraum nahezu verlustfrei gespeicherte Wärme freigesetzt werden.

Foto: Fraunhofer CPM und Fraunhofer ICT/Moritz Walter, Sandra Pappert

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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