Macht selbstwärmender Beton Tausalz und Schneeschippen überflüssig?
US-Forschende haben einen Hightech-Beton entwickelt, der sich bei Kälte ohne Fremdenergie aufwärmt. Schneeschippen und Eisglätte könnten damit der Vergangenheit angehören.
Auf dem Campus der US-amerikanischen Drexel University liegen der Betonplatten – zwei davon bleiben selbst bei Minusgraden frei von Schnee und Eis, während eine das macht, was wir von ihr erwarten, sobald die ersten Schneeflocken vom Himmel fallen – sie schneit zu. Und das bereits seit drei Jahren. Die beiden schneefreien Platten sind aus einem speziellen Beton, der bei Kälte warm wird. Phasenwechselmaterial ist hier das Stichwort.
In Nordamerika kostet jeder Winter 2,3 Milliarden Dollar
Im Norden Amerikas kann es im Winter sehr kalt und schneereich werden. Jedes Jahr werden dort rund 2,3 Milliarden Dollar ausgegeben, um Schnee und Eis zu beseitigen und Schäden durch Winterwetter zu beheben. Drexels selbstwärmender Beton ist die Antwort darauf. „Eine Möglichkeit, die Lebensdauer von Betonoberflächen wie Straßen zu verlängern, besteht darin, die Oberflächentemperatur im Winter über dem Gefrierpunkt zu halten“, erklärt Dr. Amir Farnam, außerordentlicher Professor am College of Engineering, dessen Advanced Infrastructure Materials Lab die Forschungsarbeiten leitete.
Farnam weiter: „Das Verhindern von Frost und Tauwetter und das Reduzieren des Pflügens und Streuens sind gute Möglichkeiten, die Oberfläche vor Schäden zu schützen. Deshalb untersuchen wir, wie wir spezielle Materialien in den Beton einarbeiten können, die ihm helfen, eine höhere Oberflächentemperatur beizubehalten, wenn die Umgebungstemperatur sinkt. In den vergangenen fünf Jahren hat Drexels Team an einer kälteresistenten Betonmischung gearbeitet, die das Einfrieren, Auftauen und Salzen, das Straßen und andere Betonoberflächen angreift, reduziert. Offenbar mit Erfolg, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt.
Paraffin lässt die Betontemperatur bei Kälte steigen
Das Geheimnis der Betonheizung liegt in der Verwendung von flüssigem Paraffin als Phasenwechselmaterial. Dieses Material gibt Wärme ab, indem es vom flüssigen in den festen Zustand übergeht, sobald die Umgebungstemperatur sinkt. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass die Einarbeitung von flüssigem Paraffin in Beton zu einer Wärmeabgabe führt, wenn die Temperatur sinkt.
In ihrer neuesten Studie untersuchten die Forscher zwei Verfahren zur Einbettung dieses Phasenwechselmaterials in Betonplatten und deren Effizienz bei niedrigen Außentemperaturen. Bei einem Ansatz werden poröse Zuschlagstoffe wie Kieselsteine und kleine Steinfragmente mit Paraffin behandelt. Diese nehmen das Paraffin auf, bevor sie dem Beton beigemischt werden. Bei der anderen Methode werden paraffinhaltige Mikrokapseln direkt in den Beton eingearbeitet.
Tests auf dem Gelände der Drexel-University
Die Forscher gossen eine Platte nach jeder Methode und eine dritte ohne Phasenwechselmaterial als Kontrolle. Alle drei Platten sind seit Dezember 2021 der Witterung ausgesetzt. In den ersten zwei Jahren waren sie insgesamt 32 Frost-Tau-Ereignissen ausgesetzt, d. h. Fällen, in denen die Temperatur unabhängig vom Niederschlag unter den Gefrierpunkt sank, und fünf Schneefällen von einem Zoll oder mehr.
Mit Kameras und Wärmesensoren überwachten die Forscher die Temperatur sowie das Schnee- und Eisschmelzverhalten der Platten. Sank die Lufttemperatur unter den Gefrierpunkt, konnten die Platten aus Phasenwechselmaterial für bis zu zehn Stunden eine Oberflächentemperatur zwischen 6 und 13 Grad Celsius aufrechterhalten. Die Temperatur reichte aus, einige Zentimeter Schnee zu schmelzen – und zwar mit einer Geschwindigkeit von etwa einem halben Zentimeter pro Stunde.
Nicht klar wird aus dem Bericht, was passiert, wenn es über Tagen oder Wochen Minusgrade hat. Es ist aber davon auszugehen, dass die Wirkung dann nach den zehn Stunden vorbei ist. Laut Team reicht die Wärme auch nicht aus, um einen starken Schneefall zu schmelzen, bevor ein Schneepflug benötigt wird. Immerhin kann die Erwärmung jedoch dazu beitragen, die Straßen zu enteisen und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, selbst bei starkem Schneefall.
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