Testturm in Rottweil 14.04.2014, 12:25 Uhr

Mit Hochgeschwindigkeitsaufzügen von ThyssenKrupp ab in den Schwarzwald-Himmel

Was hat eine Kleinstadt in Baden-Württemberg mit Millionenstädten in aller Welt zu tun? In Zukunft eine ganze Menge: Thyssen Krupp will in Rottweil für 40 Millionen Euro einen 244 Meter hohen Testturm für besonders schnelle Aufzugsysteme bauen. Am 11. April hat das Unternehmen die Pläne der Öffentlichkeit vorgestellt.

In diesem Testturm in Rottweil will ThyssenKrupp zukünftig Aufzüge testen. Er könnte sich auch schnell zur Touristenattraktion mausern. Denn geplant ist eine öffentliche Besucherplattform in einer Höhe von 232 Metern. 

In diesem Testturm in Rottweil will ThyssenKrupp zukünftig Aufzüge testen. Er könnte sich auch schnell zur Touristenattraktion mausern. Denn geplant ist eine öffentliche Besucherplattform in einer Höhe von 232 Metern. 

Foto: ThyssenKrupp

Großstädte werden immer enger, auf jedem Quadratmeter Baufläche wohnen immer mehr Menschen. Das führt dazu, dass Gebäude stetig höher werden: Der weltweite Bedarf an Hochhäusern und Wolkenkratzern steigt. Bis 2025, so schätzen Experten, werde die benötigte Geschossfläche um 85 Prozent steigern. 

Eine zentrale Rolle spielen dabei Aufzüge: Sie müssen immer höher, schneller und effizienter fahren – auf immer weniger Grundfläche. Die Firma ThyssenKrupp Elevator arbeitet bereits seit Jahren technisch und wirtschaftlich erfolgreich an Lösungen für dieses Szenario.

Bevor die Entwicklungen in einem neuen Wolkenkrater verbaut werden, müssen sie getestet werden. Und dafür begibt sich ThyssenKrupp demnächst ausgerechnet aufs flache Land: nach Rottweil. Das Städtchen im Schwarzwald besticht durch seinen mittelalterlichen Charme, hat kleine, verwinkelte Gassen und fügt sich nahtlos in die Umgebung ein. Einen größeren Kontrast zu Millionenstädten wie New York, Tokio oder auch Berlin kann es eigentlich gar nicht geben. 

Das wird sich demnächst zumindest ein bisschen ändern: Ab Herbst 2014 soll hier voraussichtlich eines der höchsten Gebäude Deutschlands entstehen, die Zustimmung des Rottweiler Gemeinderats vorausgesetzt.  

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Hochgeschwindigkeitsaufzüge sollen 50 Prozent schneller werden 

244 Meter hoch ist der Turm, den der Konzern am Rande des Städtchens bauen will: In insgesamt elf Aufzugschächten sollen dann Aufzüge mit bis zu 18 Metern pro Sekunde auf- und abflitzen. Zum Vergleich: Das ist doppelt so schnell, wie Usain Bolt bei seinem 100-Meter-Rekordlauf war und 50 Prozent schneller als die bisher schnellsten Aufzüge, die rund zwölf Meter pro Sekunde schaffen. 

Damit wird es möglich, in zukünftigen Gebäuden von 1500 Metern Höhe innerhalb von nur 90 Sekunden bis ganz nach oben zu gelangen. Für Experten sind Systeme wie diese eine der Voraussetzungen, um solche Wolkenkratzer überhaupt bauen zu können. Zudem sollen neue Aufzugsysteme mit deutlich weniger Energie und vor allem Platz auskommen als bisher: Unter anderem sollen Innovationen wie der Twin, ein Aufzugsystem mit zwei unabhängigen Kabinen in einem Schacht, im Testturm weiterentwickelt werden. 

Moderne Aufzugstechnik wird für zukünftige Anforderungen an moderne Gebäude immer wichtiger: Im Testturm entwickelt ThyssenKrupp unter anderem den Twin weiter, ein neues Aufzugsystem mit zwei unabhängigen Kabinen in einem Schacht. 

Moderne Aufzugstechnik wird für zukünftige Anforderungen an moderne Gebäude immer wichtiger: Im Testturm entwickelt ThyssenKrupp unter anderem den Twin weiter, ein neues Aufzugsystem mit zwei unabhängigen Kabinen in einem Schacht. 

Quelle: ThyssenKrupp

Trotz seiner gar nicht großstädtischen Anmutung ist Rottweil aus Sicht von ThyssenKrupp ein sinnvoller Standpunkt: Der Konzern hat hier bereits ein Aufzugswerk in Neuhausen auf den Fildern sowie eine Forschungs- und Entwicklungseinrichtung in Pliezhausen, die zusammen mit dem geplanten Testturm in Rottweil eine hochmoderne Innovationsschmiede für Aufzugtechnik bilden sollen.

Außerdem befinden sich in Stuttgart, Konstanz und St. Gallen, die alle in der näheren Umgebung liegen, Fachhochschulen und Universitäten mit rund 10.000 angehenden Ingenieuren, unter denen das Unternehmen qualifizierte Nachwuchskräfte zu finden hofft. 

Turm könnte Wahrzeichen und Touristenattraktion für Rottweil werden

Die Stadt Rottweil setzt ebenfalls Hoffnungen in den Turm, der kein reiner Funktionsbau, sondern ein Kunstwerk für sich werden soll. Nach den Plänen des Stararchitekten Helmut Jahn vom Chicagoer Büro Murphy/Jahn, der unter anderem schon den Messeturm in Frankfurt und die Highlight Towers in München gebaut hat, soll der Turm mit einer in sich verdrehten Hülle aus Glasfasergewebe umschlossen sein. Unten ist sie dichter und enthüllt nach oben hin immer mehr von der Struktur des Gebäudes. Den Abschluss bildet eine seitliche Spitze. 

Außerdem soll der Turm in den Abendstunden von innen beleuchtet werden, was ihm bereits jetzt den Namen Tower of Light eingebracht hat. Auf 232 Meter Höhe werde es zudem eine Besucherplattform geben, die eine Rundumsicht auf die gesamte Region ermöglichen soll. Es würde die Höchste in ganz Deutschland sein. Die Plattform des Fernsehturms am Alexanderplatz zum Beispiel liegt in 200 Meter Höhe. 

„Mit dem Testturm schlagen wir ein neues Kapitel in der Architekturgeschichte unsere Stadt auf. Das Wechselspiel zwischen der mittelalterlichen Innenstadt und dem neuen Test-Turm wird zum Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich unsere Stadtsilhouette von allen anderen vergleichbaren Städten abheben wird“, begrüßt Oberbürgermeister Ralf Broß den Entwurf. Der Turm mit seiner Aussichtsplattform werde ein Magnet für Touristen sein, als Markenzeichen die gesamten Wirtschaftsregion Schwarzwald-Baar-Heuberg vertreten und sogar darüber hinaus auf eindrucksvolle Weise für den Technologiestandort Baden-Württemberg werben, hofft er.

Test-Turm wird 40 Millionen Euro kosten 

Die Bauzeit ist auf zwei bis zweieinhalb Jahre angesetzt. Wenn der Gemeinderat von Rottweil wie geplant spätestens nach den Sommerferien sein Okay gibt, schießen die Aufzüge also ab etwa 2017 in den Schwarzwaldhimmel. Die Kosten für den Turm beziffert ThyssenKrupp Elevators mit etwa 40 Millionen Euro. 

Ein Beitrag von:

  • Judith Bexten

    Judith Bexten ist freie Journalistin. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Technik, Logistik und Diversity.

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