Nachhaltige Architektur in Wangen erleben
Bis Anfang Oktober 2024 können Gäste der Landesgartenschau in Wangen im Allgäu neben prächtigen Pflanzen auch besondere Architekturen erleben. Dazu zählt ein Turm aus Holz und ein Pavillon aus Flachs.
Welche Potentiale biobasierte Materialien für eine nachhaltige Architektur bieten, will die Universität Stuttgart auf der Landesgartenschau in Wangen zeigen. Das Exzellenzcluster „Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur“ (IntCDC) hat dort dazu zwei Zukunftsprojekte aufgebaut, die nach neuesten Erkenntnissen der Digitalisierungs- und Leichtbauforschung geplant wurden.
Der Zeitrahmen für das Projekt war sportlich. Dennoch: Pünktlich zur Eröffnung der Landesgartenschau im Allgäu am 26. April 2024 wurden der „Wangen Turm“ und der Hybrid-Flachs Pavillon nach gerade einmal zehn Monaten Planungszeit eingeweiht. Die besonders ressourcenschonenden, vollständig rückbau- und wiederverwendbaren Konstruktionen wurden dabei durch integrative computerbasierte Planungsmethoden und digitale Fertigungsprozesse ermöglicht. Bis zum Ende der Landesgartenschau 6. Oktober sind beide Bauten als Teil der Ausstellung erlebbar und sollen auch danach auf dem Gelände verbleiben.
Im Rahmen der Eröffnungsfeier der Landesgartenschau in Wangen, erklärte Professor Achim Menges, Sprecher des Exzellenzclusters Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur (IntCDC): „Die Bauwerke wurden in Kooperation mit regional ansässigen Unternehmen umgesetzt. So soll der gegenseitige Wissenstransfer zwischen Forschung und ausführenden Unternehmen sichergestellt werden mit dem Ziel, die Bauprozesse ökologisch zu optimieren und damit wichtige Grundsteine für die Bauwende zu legen.“
Hybrid-Flachs Pavillon: Ressourcenschonende Konstruktion aus Holz und Naturfaser
Der Hybrid-Flachs Pavillon ist ein zentraler Ausstellungsbau auf dem Landesgartenschaugelände, umschlungen vom renaturierten Fluss-Argen. Er zeigt erstmals eine Holz-Naturfaser-Hybridkonstruktion als Alternative zu konventionellen Bauweisen. Die in dieser Form einzigartige Konstruktion kombiniert schlanke Brettsperrhölzer mit robotisch gewickelten Flachsfaserkörpern in einem neuartigen, ressourcenschonenden Tragsystem aus regionalen, biobasierten Bauwerkstoffen mit einem besonderen örtlichen Bezug. Vormals wurde Flachs in der örtlichen Textilindustrie verarbeitet, deren altes Spinnereigelände im Zuge der Landesgartenschau saniert wurde. Die wellenartige Dachkonstruktion bietet, gemeinsam mit dem kreisförmigen Grundriss und dem zentral angeordneten Klimagarten, einen fließend in die Landschaft übergehenden Raum.
„Dieser Pavillon ist das erste Gebäude weltweit, das auf diese Weise Naturfasern verwendet“, sagte Professor Jan Knippers, Leiter des Instituts für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen an der Universität Stuttgart. Bis zu 360 kg/qm Schneelast müsse der Pavillon in Wangen tragen können. Das sei außergewöhnlich hoch, so der Experte.
Wangen Turm: Leichte Konstruktion aus Holz
Landmarke auf dem Gartenschaugelände und Aussichtspunkt zugleich ist dagegen der Wangen Turm. Er bietet mit einer imposanten Höhe von etwa 22 Metern einen spektakulären Blick über das Allgäu und die Voralpen. Er ist laut Universität Stuttgart der weltweit erste begehbare Turm, der gekrümmte Brettsperrholz-Bauteile verwendet, die sich durch das Schwinden des Holzes selbsttätig formen. Die tragende, spiralförmig aufstrebende Holzstruktur des Turms biete ein einzigartiges räumliches Erlebnis. Mit gerade einmal 130 mm Materialstärke sie die Holzkonstruktion zugleich schlank, ressourcenschonend und leistungsfähig.
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