Neues Tool für Kommunen: So lässt sich beim Bauen CO2 einsparen
Bochumer Forscher haben ein altes Material im Blick, das zu einem der wichtigsten Baustoffe der Zukunft werden könnte. Mit einer neu entwickelten Software wollen sie Kommunen zeigen, wie effizient es wäre, beim Bauen auf nachwachsende Rohstoffe zu setzen.
Moderne Gebäude müssen hohen Ansprüchen gerecht werden in Bezug auf Funktionalität, Design und nicht zuletzt Energieeffizienz. Außerdem muss natürlich das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. All das unter einen Hut zu bringen, ist nicht leicht. Das wird bei einem Blick auf eines der beliebtesten Materialien im Baugewerbe deutlich: Beton hat viele positive Eigenschaften. Unter anderem kann man ihn in beliebige Formen gießen, er ist wasserundurchlässig und fördert ein gutes Raumklima. Beton hat allerdings auch eine sehr schlechte CO2-Bilanz. Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) wollen daher ein traditionelles Material wieder stärker in den Fokus rücken – Holz.
Holz speichert Kohlenstoff
Nach Angaben von Annette Hafner, die den Bereich Ressourceneffizientes Bauen an der RUB leitet, werden in Deutschland lediglich 18 % der Gebäude aus Holz errichtet. Obwohl bekannt ist, was für eine ausgezeichnete Klimabilanz das Material hat. Schon 2017 hatte ihr Team in einer Studie dargelegt, wie viel CO2 eingespart werden könnte, wenn 55 % der Einfamilienhäuser und 15 % der neu zu errichtenden Mehrfamilienhäuser aus Holz gebaut würden. Für den angenommenen Zeitraum zwischen 2016 und 2030 wären das stolze 23,9 Millionen Tonnen CO2. Das verwundert nicht. Schließlich nehmen Bäume einerseits CO2 aus der Atmosphäre auf, weswegen sie als Kohlenstoffspeicher gelten. Andererseits handelt es sich um einen nachwachsenden Rohstoff, der nicht unter hohem Energieeinsatz produziert werden muss. Die benötigte Energiemenge für die Verarbeitung ist verhältnismäßig gering.
Holz-Gebäude könnten zur Kohlenstoff-Senke werden
Hafner weiß aber auch: Die Erkenntnis ist nicht neu, und selbst eine entsprechende Vorgabe auf nationaler Ebene würde wenig helfen. Denn: „Die Kommunen müssen dieses Vorhaben auch umsetzen können“, sagt sie. Deswegen hat ihr Team gemeinsam mit der Firma Disy Informationssysteme ein Tool entwickelt, mit dem Kommunen abschätzen können, wie viel Treibhausgase sie einsparen würden, wenn sie den Anteil der Holzhäuser in ihrem Ort erhöhen würden.
Tool arbeitet mit digitalen Plänen der Kommunen
Das Projekt nennt sich „Holzbau-GIS: Einsparungen von Treibhausgasen durch Bauen und Sanieren mit Holz“. Dabei steht GIS für Geoinformationssystem. Genau das ist die Grundlage für das Tool. Benötigt wird nämlich für die Berechnungen zunächst ein detaillierter Plan aller Bauwerke einer Kommune. Vorliegen muss er natürlich digital. Die Algorithmen beziehen dann verschiedene Faktoren ein, etwa den Gebäudetyp, das Alter der Häuser und den vermuteten Sanierungsbedarf. Die Stadt Menden im Sauerland nutzten die Wissenschaftler als Beispielkommune, um das Tool an reale Bedingungen anpassen zu können.
Hafner erklärt: „Man kann einstellen, ob die Sanierung oder der Neubau bestimmter Stadtbereiche holzbasiert erfolgen soll oder nicht, und bekommt ausgerechnet, wie viel CO2 man dadurch einsparen würde.“ Zusätzlich gibt die Software Informationen über die Wälder der Umgebung inklusive der verfügbaren Holzressourcen aus. Diese Angaben sollen die Kommunen bei der Umsetzung unterstützen: Wie viel Holz ist greifbar vorhanden, und welche Mengen an Treibhausgasemissionen ließen sich dadurch einsparen?
Fichten könnten als Bauholz dienen
In der Theorie klingt das alles gut, aber gäbe es in der Praxis überhaupt genug Holz, um es vermehrt als Baumaterial einzusetzen? Oder würden die deutschen Wälder unter diesem Ansatz leiden? Für Hafner, die auch Mitglied im Beirat für Waldpolitik ist, ist es selbstverständlich, diese Frage bei all ihren Forschungen im Blick zu behalten. „Wir wissen genau, wie viel Holz man für einen bestimmten Gebäudetyp braucht, und können abschätzen, wie viele Neubauten es in den kommenden Jahren geben wird. So können wir den Holzbedarf ausrechnen, wenn man einen bestimmten Anteil dieser Neubauten aus Holz errichten würde“, erklärt sie. In Kombination mit den Statistiken der Wälder haben sie und ihre Mitarbeiter eine Hochrechnung bis zum Jahr 2050 erstellt – es sei aktuell genug Holz für den Wohnungsbau vorhanden.
Hier spielt der Klimawandel der Bauwirtschaft in die Hände. Denn benötigt wird vor allem Nadelholz, und das ist reichlich vorhanden. Die Trockenheit der letzten Jahre hat die großen Fichtenbestände anfällig gemacht für den Borkenkäfer. Hafner empfiehlt, dieses Holz für den Bau zu verwenden und die Fläche mit Mischwald wieder aufzuforsten, der besser zu unserem Klima passt. Damit wäre der Natur im doppelten Sinn geholfen. Für den Artenschutz sind einheimische Mischwälder besser, und die CO2-Einsparungen kämen allen zugute.
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