Rekordverdächtige Baukunst: Brückenbau in der römischen Antike
Dass die antiken Römer großartige Ingenieure waren, ist allgemein bekannt. Ganz besonders zeigt sich das beim Brückenbau. Für sie war der Bau von Brücken ein Zeichen von Würde, Ruhm und technischer Überlegenheit.
Damit sich das Imperium Romanum in der antiken Welt ausbreiten konnte, brauchte es Brücken über breite Flüsse wie den Rhein. Und die Römer waren echte Meister im Brückenbau, wie zahlreiche noch gut erhaltene Rundbogenbrücken aus dieser Zeit beweisen. Neben diesen Steinbrücken errichteten die römischen Pioniere auch Holzbrücken wie die Rheinbrücke des Caesar. Sie soll von Militärpionieren in nur zehn Tagen gebaut worden sein. Wir schauen uns den Brückenbau der römischen Antike einmal genauer an und stellen Ihnen einige der beeindruckendsten Bauwerke aus dieser Zeit etwas näher vor.
Brückenbau eine Frage von Ruhm und Würde
Barbaren konnten Flüsse nur schwimmend oder im Winter auf Eis überqueren, die Römer wollten jedoch trockenen Fußes die andere Seite des Flusses erreichen. Sie sahen es als unwürdig an, wenn schwerbewaffnete römische Soldaten ein Gewässer schwimmend überqueren mussten. Gleichzeitig war eine Brücke das Symbol der technischen, militärischen und politischen Überlegenheit Roms. Der Rhein galt damals zum Beispiel als unbezwingbarer mythischer Strom, über den kein Weg führte. Die Römer schafften das und das auch noch innerhalb weniger Tage.
Da die Römer eine Flussüberquerung als eine Frage von Ruhm und Würde ansahen, entwickelten ihre Militäringenieure besondere Fertigkeiten im Brückenbau. Wie in vielen Bereichen war das Heer für die Planung und Ausführung solcher Bauwerke verantwortlich. Römische Soldaten bauten vier Brückentypen: Holzbrücken, Schiffsbrücken, Steinbrücken und Mischformen. Bei den Mischformen bestanden die Pfeiler zum Beispiel aus Stein, während Bögen und Brückendecken hingegen aus Holz gefertigt wurden.
Caesar baute in 10 Tagen Holzbrücke über den Rhein
Wo genau sie war, lässt sich nur vermuten, doch es gab sie: Caesars Rheinbrücke. Gaius Julius Caesar berichtet darüber sehr ausführlich in seinen „Commentarii de bello Gallico“. Dem Kriegsbericht zufolge ließ er innerhalb von nur zehn Tagen eine etwa 400 Meter lange Holzbrücke über den Rhein errichten und nur wenige Tage später wieder abbrechen. Eine eindrucksvolle Machtdemonstration, die den rechtsrheinischen Germanenstämmen zeigen sollte, dass der römische Einflussbereich keinesfalls am westlichen Ufer des Rheins endete.
Anhand Caesars Bericht lässt sich recht gut nachvollziehen, wie die Brücke gebaut wurde, gleichwohl gibt es an der einen oder anderen Stelle Raum für Spekulationen. Zweifelsfrei handelte es sich dabei jedoch um eine Balken- oder auch Jochbrücke. Und klar ist auch, dass es sich nicht nur um eine technische Meisterleistung handelte, auch der logistische Aufwand war enorm. So mussten innerhalb der zehn Tage Bauzeit noch die für den Brückenbau erforderlichen Bäume gefällt und bearbeitet werden. Und auch die benötigten Flöße und Rammgeräte führte der Militärtross nicht mit, sie mussten erst mit dem zur Verfügung stehenden Materialien hergestellt werden.
So entstand Caesars Rheinbrücke
Wie bereits geschrieben, handelt es sich bei Caesars Rheinbrücke um eine Jochbrücke. Die Joche stützten sich hierbei auf schräg eingerammte Pfahlpaare. Diese wurden mit Hilfe eines auf einem Floß errichteten Rammbären und einem schweren behauenen Stein in den Untergrund getrieben. Dazu war reine Muskelkraft notwendig. Rund ein Dutzend Männer hievten den Stein nach oben und ließen ihn dann auf die Pfähle fallen. Zwischen den Schrägpfählen wurden eventuell noch fünf Stützpfähle senkrecht eingerammt, aber das ist Spekulation.
Insgesamt bestand Caesars Rheinbrücke wohl aus 30 bis 35 Jochen, wenn man davon ausgeht, dass deren Abstand maximal 12 Meter betrug und die Brücke 400 Meter lang war. Waren die Doppelpfähle fest im Flussbett verankert, wurden sie mit schrägen Streben versteift. Anschließend wurden mächtige Querbalken mit Hilfe von Metallschellen an den Pfählen befestigt. Nun konnte die etwa neun Meter breite Fahrbahn errichtet werden. Sie bestand aus einer Lage Baumstämmen quer zur Fließrichtung des Rheins. Quer darüber folgten Holzbohlen und Reißig. Eine Lage Erde zum Abschluss sorgte dafür, dass der ganze Tross einschließlich Reiterei gut über die Brücke kam. Sogar ein Geländer für die Sicherheit soll sie gehabt haben.
Wenn es schnell gehen musste: Konstruktion einer Schiffsbrücke
Nun waren die zehn Tage, die Caesar benötigte, um eine Brücke über den Rhein zu errichten, bereits rekordverdächtig schnell. Die Römer konnten es aber noch schneller – und zwar mit Hilfe einer Schiffsbrücke. Hierbei bestand der Unterbau aus nebeneinander verankerten Schiffen, es brauchte somit nur noch eine Fahrbahndecke errichtet werden. Wie das funktioniert hat, ist sehr gut auf einem Relief der Trajanssäule in Rom zu sehen. Es zeigt nur einige wenige der rund 100 Boote, die für die Überquerung der Donau erforderlich gewesen sein müssen.
Für den Bau der Pontonbrücke wurden die etwa 20 Meter langen und 5 Meter breiten Boote dicht nebeneinander vertäut. Dabei war es eine Herausforderung, die Schiffe so zu stabilisieren, dass die Brücke gebaut werden konnte. Standen die Boote an der gewünschten Position, wurden zunächst an Deck der Schiffe senkrechte Pfosten parallel zueinander als Pfeiler errichtet. Darauf ruhten Querträger, auf denen wiederum die Fahrbahndecke verlief. Diese durfte so ähnlich ausgesehen haben, wie im Kapitel zuvor bei Caesars Rheinbrücke beschrieben.
Wenn es dauerhaft sein sollte: Bogenbrücken aus Stein
Die ersten Steinbrücken wurden von den Etruskern und Griechen gebaut, doch erst die Römer brachten die Technik des Steinbrückenbaus zu einer ungekannten Blüte und Perfektion. Hierbei half ihnen eine weitere für damalige Verhältnisse bahnbrechende Entdeckung. Mit wasserfestem Mörtel konnten sie einen unter Wasser abbindenden Beton herstellen. Mit diesem „opus caementitium“ waren sie in der Lage, Widerlager oder Pfeiler im offenen Wasser zu gründen. In diesem Zusammenhang ist der römische Kastendamm zu nennen. Diese runden oder eckigen Kästen wurde wasserdicht gemacht und dort platziert, wo Pfeiler für den Brückenbau notwendig waren. Nach dem Abschöpfen des Wassers hatten sie eine trockene Baugrube.
Auf den Pfeilern errichteten die Römer häufig Steinbogenbrücken, darin waren sie echte Meister. Sie haben uns nicht nur 300 bis heute genutzten Straßenbrücken, sondern auch gewaltige Aquädukte hinterlassen. Die statische Besonderheit einer echten Bogenbrücke ist es, dass alle Kräfte, die über das Bauwerk abgetragen werden, als Druckkräfte auftreten. Um solch einen Bogen oder Gewölbe zu mauern, braucht es ein Lehrgerüst. Die Tragwirkung eines Steinbogens kann sich nämlich erst entfalten, wenn der letzte Stein gesetzt wurde. Die einzelnen Keilsteine halten sich dann untereinander und es braucht keinen Mörtel, damit der Bogen stehenbleibt.
Berühmte Römerbrücken
Eine der berühmtesten Römerbrücken haben wir bereits vorgestellt: Caesars Rheinbrücke war jedoch mehr eine Machtdemonstration und erfüllte sonst keinen weiteren Nutzen. Sie wurde daher sofort wieder zerstört. Andere Brücken der Römer sollten dabei helfen, Handelswege auszubauen oder Verkehrswege innerhalb der Stadt zu ermöglichen. Insbesondere in Rom gibt es noch einige Brücken aus der Antike. Die älteste noch erhaltene Brücke ist die Pons Fabricius aus dem Jahr 62 v. Chr., eine der bekanntesten dürfte die Engelsbrücke sein.
Blickt man auf das Imperium Romanum, gehört die Brücke von Alcántara in Spanien zu den Highlights römischer Brückenbaukunst. In Deutschland ist zum Beispiel die Römerbrücke von Trier zu nennen, in Frankreich die Pont Julien. Als längste noch erhaltene Römerbrücke gilt die Puente Romano in Mérida. Wenn hier von Römerbrücken geschrieben wird, ist jedoch zu bedenken, dass Brücken in besonderem Maß Verschleiß, Kriegszerstörungen und natürlichen Witterungseinflüssen unterliegen. Da sie ständig repariert und ausgebessert werden, behalten sie nur sehr selten ihr Ursprungsaussehen. Die hier vorgestellten Brücken haben jedoch alle ihren Ursprung in der römischen Baukunst.
Pons Fabricius: Älteste noch erhaltene Römerbrücke
Die Pons Fabricius gilt als die älteste noch im Ursprungszustand erhaltene Brücke in Rom. Sie wurde im Jahr 62 v. Chr. aus lokalem Tuffstein errichtet, wobei der Betonkern aus opus caementitium besteht. Sie verbindet die Tiberinsel mit dem Stadtteil Ripa am linken Flussufer des Tiber. Die Brücke ist 62 Meter lang und besteht aus zwei Bögen mit einer lichten Weite von etwa 25 Metern. Im Mittelpfeiler gibt es zusätzlich noch eine etwas kleinere Bogenöffnung. Sie reduziert den Druck auf das Fundament und verringert den Wasserwiderstand bei Hochwasser.
Brücke von Alcántara: Die bedeutendste noch erhaltene Römerbrücke
Die Brücke von Alcántara überspannt den Fluss Tajo nahe dem gleichnamigen spanischen Ort, zirka fünf Kilometer von der Grenze zu Portugal entfernt. Sie ist 194 Meter lang und besteht aus sechs unterschiedlich langen Bögen. Bei einer acht Meter breiten Fahrbahn schwebt sie etwa 50 Meter über dem Fluss, insgesamt ist die Bogenbrücke 71 Meter hoch. Mit einer lichten Weite von maximal 28,60 Metern zählt sie zu den größten erhaltenen antiken Bogenkonstruktionen. Sie wurde im Jahr 105 oder 105 nach Christus fertiggestellt, wobei die Granitquader mörtelfrei zusammengefügt wurden. An einigen Stellen verwendeten die Römer jedoch Metallklammern, um die Steine zu verbinden.
Puente Romano in Mérida: Längste noch erhaltene Brücke aus der Antike
Die Puente Romano in Mérida wurde zur Zeit Trajans in den Jahren 98 bis 117 nach Christus errichtet. Zur Römerzeit überspannte das Bauwerk den Fluss Guadiana auf 62 Bögen und auf einer Gesamtlänge von 755 Metern. Heute sind es noch 60 Bögen auf 721 Metern, wobei Teile der Originalbrücke bei einem Hochwasser 1603 zerstört wurden. Ursprünglich bestand die Brücke aus zwei Bogengruppen, die mit Hilfe einer Holzkonstruktion miteinander verbunden waren. Nach dem Hochwasser wurden die beiden Bogengruppen mit Hilfe weiterer Bögen fest miteinander verbunden. Bis 1990 durften sogar noch Autos über die Brücke fahren, seit 1993 zählt sie zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Trajansbrücke: Sie war über 1.000 Jahre die längste Brücke der Welt
Die wohl beeindruckendste Brücke bauten die Römer zwischen 103 und 105 nach Christus bei Drobeta. Sie war einschließlich der Zufahrtsrampen 1.135 Meter lang und überragte die Donau bei mittlerem Pegelstand um 14 Meter. Die zwölf Meter breite Fahrbahndecke lagerte auf 20 steinernen Pfeilern, die wiederum von hölzernen Segmentbögen überspannt wurden. Die Jochweite betrug etwa 50 Meter. Die Trajansbrücke verband den römischen Ort Zanes (in der Nähe des heutigen serbischen Dorfes Kostol) mit dem römischen Militärlager Drobeta (der heutigen rumänischen Stadt Drobeta Turnu Severin). Der römische Kaiser Trajan hat den Bau der Brücke befohlen, weil es ihn verbitterte, dass sein Reich an der Donau endete. Nach Fertigstellung Trajansbrücke stand einer Ausweitung des Imperium Romanum nichts mehr im Wege. Heute sind von der Brücke nur noch Fragmente der Pfeiler erhalten.
Pont Julien: Eine der besterhaltenen Römerbrücken Frankreichs
Der Pont Julien wurde aus Kalkstein errichtet und im Jahr 3 vor Christus fertiggestellt. Er ist 117,70 Meter lang und 5,90 Meter breit. Die Brücke besitzt drei Bögen, wobei die größte lichte Weite 16 Meter beträgt. Zur Mitte hin steigt sie an, wobei der Scheitelpunkt eine Höhe von neun Metern besitzt. In der Antike war der Pont Julien Teil der Via Domitia, die Straße verband Turin und die Narbonne. Bis 2005 gehörte sie zur Departementstraße 108 und wurde entsprechend genutzt. Mittlerweile gibt es eine Parallelbrücke samt kurzer Umgehungsstraße.
Römerbrücke Trier: Älteste Brücke Deutschlands
Die Römerbrücke von Trier hat eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich. Die erste Moselbrücke aus Holz existierte bereits ab 18. oder 17 v.Chr. Es handelte sich dabei um eine oben beschriebene Pfahljochbrücke. Die erste Steinbrücke gab es in Trier ab 45 n. Chr., diese ist jedoch heute nicht mehr vorhanden. Die Pfeiler aus Basalt- und Blausteinquadern der heutigen Römerbrücke wurden zwischen 142 und 150 n. Chr. erbaut, und zwar mit Hilfe von wasserdichten Spundwänden. Auf den massiven Pfeilern war in römischer Zeit eine hölzerne Brückenkonstruktion errichtet worden, die Steinwölbung ist erst im Mittelalter zwischen 1190 und 1490 entstanden.
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