PV trotz Denkmalschutz: So wird das Olympiadorf in München klimafit
Wie sich Solartechnik und Denkmalschutz vereinen: Das Münchner Olympiadorf soll künftig klimafreundlichen Strom liefern.

Autofrei, naturnah und familienfreundlich: Das ehemalige olympische Dorf ist heute eines der beliebtesten Wohngebiete Münchens. Nun soll dort Photovoltaik installiert werden - trotz Denkmalschutz.
Foto: PantherMedia / Dmitry Rukhlenko
Im Münchner Norden liegt ein architektonisches Erbe der 1970er-Jahre: das Olympiadorf. Was einst als temporäre Unterkunft für Sportlerinnen und Sportler der Olympischen Sommerspiele 1972 geplant war, ist heute ein lebendiger Stadtteil. Mehr als 6000 Menschen leben dort, verteilt auf 3500 Haushalte. Die Gebäude – von ein- bis 23-geschossig – stehen unter Denkmalschutz. Nun soll das Olympiadorf in München grüner werden und mit Photovoltaik ausgestattet werden. Wie das genau passieren kann und wie hoch das Potenzial ist, wurde in einer Analyse festgestellt.
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Potenzial für Solarenergie: 65.000 Quadratmeter gut geeignet
Im Auftrag der Stadt München und des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege haben Drees & Sommer gemeinsam mit dem Architekturbüro Auer Weber untersucht, wie sich Solartechnik in das historische Ensemble einfügen lässt. Grundlage dafür war ein detailliertes 3D-Modell des gesamten Dorfes. So ließ sich exakt berechnen, welche Dächer besonders viel Sonnenlicht erhalten.
„Unserer Analyse nach sind rund 65.000 Quadratmeter Dachfläche gut bis sehr gut für Photovoltaik geeignet, weitere 11.000 Quadratmeter bedingt“, berichtet Mathias Lanezki von Drees & Sommer. Das reicht theoretisch aus, um etwa die Hälfte der Haushalte mit Solarstrom zu versorgen – bilanziell betrachtet.
Doch nicht nur die Dächer standen im Fokus. Auch die Fassaden und Balkone wurden auf ihr Solarpotenzial geprüft. Denn je nach Ausrichtung und Bauweise bieten sie zusätzliche Flächen für Energiegewinnung.
Wie sich Solarmodule einfügen sollen
Mit der Potenzialanalyse allein ist es nicht getan. Im nächsten Schritt geht es darum, konkrete Lösungen zu entwickeln, die technisch funktionieren und gleichzeitig dem Denkmalschutz gerecht werden.
„Wir schauen uns die einzelnen Dach- und Fassadenkonstruktionen genau an und prüfen, welche Belegungsflächen und Solarpaneele in Frage kommen und wie sie sich denkmalschutzkonform oder ästhetisch sinnvoll integrieren lassen“, erklärt Adrian Gessner von Auer Weber Architekten.
Im Klartext heißt das: Die Photovoltaikanlagen dürfen nicht einfach aufgesetzt werden. Sie sollen sich unauffällig in das Gesamtbild einfügen, ohne die charakteristische Architektur des Olympiadorfs zu stören. Das betrifft etwa die Farbgebung der Module oder ihre Platzierung auf weniger sichtbaren Dachflächen.
Infos zum Olympisches Dorf
- Ort: München, Deutschland
- Stadtteil: Am Riesenfeld, Milbertshofen-Am Hart
- Fläche: ca. 40 Hektar
- Einwohnerzahl: über 6000
- Wohneinheiten: ca. 3500
- Erbaut: 1969–1972
- Architekten: Heinle, Wischer und Partner
- Nutzung: Wohngebiet, Studentenwohnanlage
- Denkmalschutz: Seit 1998 Ensembleschutz, seit 2018 Einzelbaudenkmal
- Besonderheiten: Autofreie Zonen, terrassenförmige Architektur, zentrale Ladenstraße, Media Lines als Orientierungssystem
Mehr Infos: Wikipedia
Ein Handbuch für die Bewohner
Ab Sommer 2025 sollen die Ergebnisse in einem praktischen Handbuch veröffentlicht werden. Es richtet sich an die Bewohnerinnen und Bewohner des Olympischen Dorfs und soll eine Art Leitfaden für alle sein, die ihre Gebäude mit PV-Anlagen ausstatten möchten.
Das Handbuch gibt Auskunft darüber, wo genau Solarmodule erlaubt sind, welche gestalterischen Anforderungen gelten und welche Farben bevorzugt werden. So erhalten Eigentümer eine klare Orientierung, wie sie klimafreundliche Energie nutzen können, ohne gegen denkmalpflegerische Vorgaben zu verstoßen.
PV-Rahmenplan als erster Schritt zur Energiewende
Der sogenannte PV-Rahmenplan ist nicht nur für das Olympiadorf relevant. Er gilt als Pilotprojekt für ein geplantes Denkmalkonzept, das mittelfristig den gesamten Olympiapark umfassen soll. Ziel ist es, auch andere denkmalgeschützte Bereiche in München behutsam energetisch zu sanieren.
Neben Drees & Sommer und Auer Weber sind noch weitere Partner beteiligt: etwa die stauss processform GmbH, das Sailer Stepan Tragwerkteam München GmbH und die Uniola GmbH. Gemeinsam wollen sie zeigen, dass sich Klimaschutz und Kulturerhalt nicht ausschließen müssen.
Der Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft
Die Stadt München will das Olympiadorf zukunftsfähig machen – trotz Denkmalschutz. Die Untere Denkmalschutzbehörde betont, dass dieser Spagat notwendig sei. Die Nachfrage nach Solaranlagen sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Die Herausforderung besteht darin, eine Lösung zu finden, die dem Klimaschutz dient, gleichzeitig aber den historischen Charakter der Anlage respektiert. Das Olympiadorf wurde bereits in die deutsche Vorschlagsliste zum UNESCO-Welterbe aufgenommen – eine Auszeichnung, die mit hohen Auflagen verbunden ist.
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