„Selbstheilender Beton”: Wie Bakterien Risse wieder schließen können
An der Hochschule München wurde durch innovative Forschung ein kostengünstiges Verfahren entwickelt, um selbstheilenden Beton mithilfe von kalkbildenden Bakterien effizient zu produzieren.
Die Instandsetzung von bröckelndem Beton verursacht erhebliche Kosten. In den kommenden Jahren werden Milliarden Euro benötigt, allein für die Sanierung von Brücken auf Autobahnen und Bahnstrecken. Was wäre aber, wenn sich Risse wie von selbst schließen könnten? Forscherinnen und Forscher aus München haben einen außergewöhnlichen Ansatz gefunden, um dieses Problem zu lösen.
Effizientes Kultivierungsverfahren entwickelt
Das Bakterium, das die Fähigkeit besitzt, Calciumcarbonat (Kalk) auf Oberflächen abzulagern, wird als Sporosarcina pasteurii bezeichnet. Wenn diese Mikroorganismen direkt in den Beton eingemischt werden, haben sie die Fähigkeit, Risse zu schließen, was zu einem „selbstheilenden Beton“ für Bauwerke führt. Dieses Konzept wurde bereits erfolgreich getestet. Allerdings war die kommerzielle Anwendung bisher herausfordernd, da die Produktion großer Mengen dieser Bakterien zeitaufwendig und kostspielig war. Im Rahmen seiner kürzlich abgeschlossenen Promotion hat Dr. des. Frédéric Lapierre ein effizientes Kultivierungsverfahren entwickelt, um dieses Problem zu überwinden.
Durch den Stoffwechsel der Bakterienart Sporosarcina pasteurii wird, wie bereits erwähnt, das Mineral Kalk auf Oberflächen abgelagert. Diese Fähigkeit kann vielseitig genutzt werden, beispielsweise für die Reparatur von Rissen im Beton, zur Kontrolle von Staub in Tagebauen oder zur Bindung von Schwermetallen im Boden, um deren Eintrag ins Grundwasser zu verhindern.
48 Bakterienkulturen analysiert
In seiner Forschungsarbeit identifizierte Lapierre verschiedene Bedingungen, unter denen die Bakterien besonders effektiv wuchsen. Hierfür nutzte er eine Hochdurchsatz-Kultivierungsplattform mit Online-Überwachung, die es ihm ermöglichte, vollautomatisiert und parallel 48 Bakterienkulturen in unterschiedlichen Nährmedien zu analysieren. Diese Methode erwies sich als äußerst effizient und ermöglichte eine schnelle Identifizierung der „erfolgreichsten“ Kulturen, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung. Auf dieser Grundlage entwickelte Lapierre ein leicht umsetzbares Verfahren, das die Produktion der Mikroorganismen im Vergleich zu herkömmlichen Protokollen um das Fünffache steigerte.
Durch das effiziente Kultivierungsverfahren lassen sich die Bakterien kostengünstiger für den Einsatz in „selbstheilendem Beton“ und anderen potenziellen Anwendungsbereichen produzieren. Lapierre erklärt: „Durch die gesunkenen Herstellungskosten wollen wir einen wichtigen Beitrag zur Industrialisierung der Biozementierung schaffen, um nachhaltige Anwendungen in der Bauindustrie und der Umwelttechnik zu etablieren.“
Forschungsprojekt „MicrobialCrete“
Frédéric Lapierres Arbeit ist Teil des interdisziplinären Forschungsprojekts „MicrobialCrete“, das sich unter anderem das Ziel gesetzt hat, neue biobasierte Baustoffe für die Bauwerksinstandsetzung und andere bautechnische Anwendungen zu entwickeln. An dem Projekt beteiligen sich Forscherinnen und Forscher der Fakultäten für Wirtschafts- und Bauingenieurwesen der HM sowie drei Industriepartner. Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderlinie FHProfUnt.
In der Forschung und ersten Praxisanwendungen wird das Bakterium S. pasteurii für die Biozementierung verwendet. Dieser Mikroorganismus ist natürlicherweise in Böden weltweit vorhanden und für den Menschen ungefährlich. Der Einsatz von Bakterien in diesen Anwendungen ist umweltfreundlicher im Vergleich zu etablierten Methoden, da er vorwiegend auf nachhaltigen Rohstoffen basiert.
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