Steuerung eines Krans per Joystick oder Touchscreen
Diese Entwicklung könnte die Baubranche nachhaltig verändern: Wissenschaftler haben Konzepte entwickeln, mit denen sich ein Kran intuitiv bedienen lässt. Lasten können ohne praktische Erfahrung bewegt werden.
Wer schon einmal in das Führerhaus eines Krans gesehen hat, bekommt eine Vorstellung davon, wie kompliziert es sein muss, die Maschine zu lenken. Zahlreiche Hebel sind für die verschiedenen Arten der Bewegung notwendig – die Antriebe des Krans werden damit einzeln angesteuert. Doch die Digitalisierung hält auch bei den traditionellen Maschinen Einzug: Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben einen Weg gefunden, Lasten zu bewegen, indem der Kran intuitiv über einen Touchscreen oder einen Joystick bedient wird.
Funksignale statt Schalthebel
Vielleicht ist das der Grund dafür, dass kleine Jungs in der Regel von einem Spielzeug-Kran fasziniert sind: Er ist mit seinen zahlreichen Gelenken sehr beweglich und bietet entsprechend viele Möglichkeiten. Beim echten Kran ist die Bedienung sogar noch komplizierter, weil die Stellhebel in verschiedene Richtungen bewegt werden können. Der Fahrer muss daher genau wissen, welche Gelenke er in welcher Reihenfolge betätigt, um beispielsweise den Haken mit einer Last zu senken oder in eine bestimmte Richtung zu bugsieren.
Bei modernen Maschinen sieht die Technik schon etwas anders aus. Die Steuerung der einzelnen Antriebseinheiten funktioniert über Funksignale. Deswegen ist es auch nicht mehr nötig, dass der Fahrer in der Kabine sitzt. Er kann mit der Fernbedienung in der Hand neben dem Kran stehen und die Bewegungen von außen verfolgen. Auf diese Weise behält er einen besseren Überblick. Allerdings war das Prinzip bislang immer noch das Gleiche. Der Kranführer musste die Belegung der Stellhebel und ihr Zusammenspiel beherrschen.
Intuitive Steuerungskonzepte für Baumaschinen
Felix Top, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik, hat sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt und gemeinsam mit Lorenz Prasch vom Lehrstuhl für Ergonomie neue Steuerungskonzepte entworfen. „Eine Steuerung sollte so direkt wie möglich funktionieren“, erklärt Prasch. „In der Ergonomie spricht man von der inneren und äußeren Kompatibilität. Damit wird das Phänomen beschrieben, dass etwas so funktioniert, wie ich erwarte, dass es funktionieren sollte. Zum Beispiel erwarten wir, dass der Herd heißer oder die Musik lauter wird, wenn wir den Knopf nach rechts drehen.“
Übertragen auf den Kran heißt das: „Bei allen neuen Steuerungsvarianten wird nicht mehr der Kran, sondern die Last direkt gesteuert“, sagt Prasch. Insgesamt haben die Forscher nämlich drei verschiedene Lösungen entwickelt. Eine funktioniert über einen Joystick, zwei werden über ein Tablet umgesetzt.
Joystick oder Touchscreen für die Bedienung des Krans
Die Variante mit dem Joystick besteht aus einem Modul mit zwei Joysticks. Der eine Hebel ist dafür gedacht, die Bewegungen des Krans in der horizontalen Ebene auszuführen. Bedenken muss der Kranführer dabei nichts. Drückt er den Stick nach rechts vorne, fährt auch das Ende des Krans nach rechts vorne. Mit dem zweiten Joystick lässt sich die Last heben oder senken, indem der Nutzer den Hebel wegdrückt oder zu sich heranzieht. Entscheidend ist dabei, dass alle Kranantriebe gleichzeitig bewegt werden. Sie sind automatisch miteinander verknüpft. Wer mit dem Joystick einer Spielekonsole Erfahrung hat, wird sich diese Steuerung sicherlich schnell aneignen können.
Etwas anders sieht das Bild auf dem Tablet aus. Für die erste Variante haben die Wissenschaftler eine Kamera an der Kranspitze angebracht, die ein Livebild zeigt. Der Kranführer wischt nun mit dem Finger auf dem Touchscreen, um die Bewegung in der Horizontalen auszuführen. Das Heben und Senken erfolgt mit der Zoom-Geste, also dem Zusammenziehen oder Auseinanderschieben zweier Finger.
Zusätzlich gibt es eine zweite Steuerungsapplikation auf dem Tablet. Dabei ist der Kran mit allen Antrieben zu sehen und der Kranführer kann ihn mit dem Finger in eine bestimmte Richtung bewegen. In diesem Fall wird also nicht die Richtung gesteuert, sondern der Kran selbst. Welches Prinzip am besten funktioniert, muss sich erst noch herausstellen. „Unser Ziel ist es, dass jemand, der die Steuerung zum ersten Mal bedient, maximal einen Fehler macht, um herauszufinden, wie das System richtig funktioniert“, sagt Prasch. Entsprechend wichtig war es den Wissenschaftlern, eine intuitive Art der Steuerung zu finden. Der Umgang mit Joystick und Touchscreen dürfte zudem aus anderen Kontexten bereits bekannt sein. Eine industrielle Nutzung ist derzeit allerdings noch nicht in Planung.
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