Summer in the City: Strategien gegen Hitze
Städte heizen sich im Sommer besonders stark auf. Hohe Temperaturen schaden der Gesundheit und treiben Energiekosten nach oben. Doch Ingenieure haben Strategien entwickelt, der Hitze zu trotzen.
Auch in diesem Jahr sorgten mehrere Hitzewellen bundesweit für Rekordwerte über 38 Grad. Davon sind Städte stärker betroffen als das Umland: Beton- und Asphaltflächen heizen sich tagsüber auf und geben die Wärme nachts nur langsam ab. Gewässer mit Kühleffekt fehlen. Und nicht alle Regionen haben riesige Grünflächen, um Temperaturen zu regulieren. Die Folgen sind verheerend: Laut Analysen des Robert-Koch-Instituts soll es allein in Berlin 2018 genau 490 hitzebedingte Todesfälle gegeben haben. Zahlen aus 2019 liegen noch nicht vor.
Angesichts des Klimawandels stellen sich Ingenieure weltweit der Herausforderung, Städte ohne große Eingriffe umzugestalten. Zu den neuen Strategien zählen durchlässige Straßenbeläge, aber auch die nachträgliche Begrünung von Dachflächen.
Poren im Straßenbelag regulieren die Temperatur
Forscher der Rutgers University in New Brunswick (New Jersey) zufolge bedeckt ein undurchlässiger Belag aus Beton oder Asphalt in vielen Städten mehr als 30 % der Gesamtfläche. Tagsüber erwärmt er sich auf bis zu 60 Grad und gibt die thermische Energie nachts nur langsam wieder ab. Verglichen mit dem Umland führt das zu Unterschieden von 20 Grad Celsius oder mehr.
Ein neuer Beton könnte den Wissenschaftlern zufolge viele Probleme lösen. Ihr Material ist aufgrund von Poren durchlässig, so dass Wasser nach einem Regenguss abfließt, was die Temperatur senkt. Überschwemmungen aufgrund von Starkregen wären damit auch kein Problem mehr, schreiben die Entwickler. Auch die Wärmeleitfähigkeit wurde beim neuen Bodenbelag verbessert. Das heißt, er überträgt thermische Energie schneller an den Boden und heizt sich weniger stark auf. „Eine hocheffiziente, durchlässige Betondecke kann in Städten eine wertvolle und kostengünstige Lösung sein, um den Wärmeinseleffekt abzumildern und gleichzeitig die Regenwasserbewirtschaftung und die Wasserqualität zu verbessern“, fasst Hao Wang von der Rutgers University zusammen.
Bei der Herstellung ihres Materials nutzte er vorhandene Ressourcen wie Flugasche und Stahlschlacke, um die Materialkosten zu verringern. Im nächsten Schritt untersucht das Team nun, wie durchlässiger Beton fester und haltbarer gemacht werden kann.
Dachbegrünung an den richtigen Stellen
Eine weitere Strategie haben Forscher der University of Notre Dame (Indiana) untersucht. Stark besiedelte Städte wie Chicago setzen schon länger auf Gründächer, um Temperaturen zu senken, ohne systematisch vorzugehen. „Was wir bei der Stadtplanung gesehen haben, ist, dass Entscheidungen ohne interdisziplinären Input getroffen werden“, berichtet Ashish Sharma. Er forscht am Department of Civil and Environmental Engineering and Earth Sciences an der University of Notre Dame. Zusammen mit Kollegen simulierte er Temperaturdaten und verwendete Informationen zum Stromverbrauch für Chicago. Hinzu kamen Daten zur gesundheitlichen Belastung durch hohe Temperaturen. Auch hier gibt es regionale Unterschiede. Die Altersstruktur entscheidet sich von Straße zu Straße beträchtlich.
Die Kombination aller Faktoren ermöglichte es den Forschern, optimale Standorte für die Umsetzung von Gründächern zu ermitteln. Ziel sei, die Temperatur bestmöglich zu verringern und den Stromverbrauch durch Klimaanlagen zu senken, erklärt Sharma. Und jeder Metropole stünden nur begrenze finanzielle Ressourcen zur Verfügung.
Stadterweiterung – aber richtig
Während Wang und Sharma nach Lösungen suchen, um bestehende Städte ohne große Eingriffe zu optimieren, wollte Roland Pellenq wissen, wie man Neubaugebiete unter thermischen Aspekten besser planen könnte. Er forscht am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (Massachusetts).
Gebäude in Städten wie New York und Chicago seien in einem präzisen Raster angeordnet, wie die Atome in einem Kristall. Boston oder London seien chaotischer, so Pellenq, was eher der Position von Atomen in einem Glas entspreche. Diese Analogie aus der klassischen Physik nutzt er für architektonische Gegebenheiten. Im Gitternetz übertragen einzelne Häuser die Wärme auf benachbarte Gebäude, während es bei chaotischer Struktur eher zum Wärmeverlust kommt.
Daten erhielt der Forscher über Google Maps. Dann bestimmte er, ob eine Stadt eher dem Modell „Kristallgitter“ oder „Glas“ entspricht. Die Ergebnisse überraschen: Pellenq führt beispielsweise Stromkosten von 400 Millionen US-Dollar im Bundesstaat Florida nur auf ungünstige Positionen der Gebäude zurück. Er fordert, das Prinzip bei Neubaugebieten stärker zu berücksichtigen: „Wenn Sie einen neuen Abschnitt von Phoenix planen, sollten Sie nicht auf ein Gitternetz aufbauen, da es bereits ein sehr heißer Ort ist“, erklärt der Ingenieur. „Aber irgendwo im kühlen Kanada wird man vielleicht beschließen, Gitter zu nutzen, damit die Stadt wärmer bleibt.“
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