Transportsysteme früh bei der Fabrikplanung berücksichtigen
Wissenschaftler am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) entwickeln einen Software-Demonstrator, mit dem sich Transportsysteme und das Layout einer neuen Fabrik aufeinander abstimmen lassen.
Wer eine effiziente Fabrik planen möchte, muss viele Aspekte berücksichtigen, zum Beispiel Platz für die Maschinen in der Produktion und für die Lagerflächen sowie eine optimale Anordnung der Büros. Wissenschaftler am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) sind davon überzeugt, dass in dieser ersten Phase die geeigneten Transportsysteme zu wenig Berücksichtigung finden. Zwar werde in der Regel ein bestimmter Prozentsatz der Fläche für den Transport einberechnet, jedoch ohne die notwendige Anordnung zu bedenken. Die Folge: Die Unternehmen müssen die Planung anpassen oder im schlimmsten Fall neu erstellen. Als Lösung entwickeln die Forscher eine Software, die beides vereinen soll: das Layout einer Fabrik und die Auswahl der geeigneten Transportsysteme.
Einfluss der Transportsysteme auf die Anordnung der Maschinen
„Wenn Unternehmen einen neuen Produktionsstandort planen, achten sie von Beginn an auf kurze Wege, Energieeffizienz, Brandschutz und vieles mehr – aber welches Transportsystem sie einsetzen wollen, ist häufig erst im nächsten Schritt Thema“, sagt Christian Kutzner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IPH. Dabei beeinflusse das Transportsystem die Anordnung in einer Fabrik deutlich. Ein Routenzug stellt beispielsweise Material für eine Fließbandproduktion just-in-time zur Verfügung. Dafür wäre es sinnvoll, die Maschinen in U-Form aufzustellen. Wird hingegen eine Schwerkraftrollenbahn eingesetzt, sollten die Maschinen nicht zu dicht beieinanderstehen. Wer mit Schubmaststaplern, einer speziellen Form der Gabelstapler, arbeiten möchte, braucht große Zwischenräume, um gut rangieren zu können.
Im Forschungsprojekt „Automatisierte Layout- und Transportsystemplanung“ (AutoLaT), das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird, wollen die Forscher einen unkomplizierten Weg finden, all diese Faktoren zu berücksichtigen: Sie entwickeln einen Software-Demonstrator. Er soll es ermöglichen, mit wenigen Klicks das ideale Transportsystem auszuwählen und das Layout der Fabrik danach auszurichten. Effizienz in Bezug auf Platz und Material wird berücksichtigt.
Fuzzy Logic statt mathematischer Formeln für die Software
Für die Entwicklung dieser Software gehen die Wissenschaftler in mehreren Schritten vor. Zunächst prüfen sie, was für einen Einfluss die jeweiligen Transportsysteme auf die Gestaltung einer Fabrik haben. Dabei beziehen sie die Kosten der unterschiedlichen Varianten ein. Im nächsten Schritt sammeln sie Expertenwissen von Systemplanern ein sowie Hintergrundinformationen zur Transportsystemauswahl. Diese Daten lassen sich für eine Software allerdings nur schwer in mathematische Formeln übertragen.
Deswegen wenden die Wissenschaftler für die Programmierung die sogenannte „Fuzzy Logic“ an – also unscharfe Wenn-Dann-Regeln. Ein Beispiel: Wenn nur ein einziges Produkt hergestellt wird, das aber in großer Stückzahl, dann ist das geeignete Transportmittel ein Fließband. Wenn jedoch die Stückzahl gering ist, verbunden mit einem hohen Transportgewicht, dann sind Gabelstapler die bessere Wahl. Nach Eingabe der entsprechenden Parameter findet das Programm nach diesem Prinzip das beste Transportmittel – und macht einen Vorschlag für das passende Layout der Fabrik.
Partner fürs Forschungsprojekt gesucht: Experten und Unternehmen für Testläufe
Für AutoLaT baut das IPH auf bisherige Forschungsprojekte auf. Die dortigen Ingenieure haben bereits eine Software entwickelt, die in der Lage ist, das Layout einer Fabrik auf Knopfdruck quantitativ zu bewerten. Gleichzeitig haben sie sich damit beschäftigt, wie die Auswahl eines optimalen Lager-, Kommissionier- und Transportsystems vonstattengehen sollte. Zudem haben sie ein System entworfen, das Wegenetze für fahrerlose Transportsysteme automatisch plant. Es setzt dabei übrigens ebenfalls auf die „Fuzzy Logic“.
Nun werden diese Ansätze vereint. Ende 2020 soll der Software-Demonstrator reif für den Praxistest sein. In der Zwischenzeit können sich Unternehmen an der Entwicklung indirekt beteiligen. Das IPH sucht Partner, die ihr Expertenwissen einbringen und Interesse an Praxistests hätten, vor allem Hersteller von Logistiksystemen, Fabrikplaner sowie Unternehmen, die einen Produktionsstandort neu planen oder erweitern wollen.
Kontakt über Christian Kutzner: Telefon 0511 – 279 76-445 oder per Mail unter kutzner@iph-hannover.de.
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