Infrastruktur 07.09.2012, 11:00 Uhr

Trinkwasserversorgung: “Dritter Strohhalm” für Las Vegas

In der Wüste von Nevada wird für eine bessere Trinkwasserversorgung der Stadt Las Vegas und deren Umgebung gebuddelt. Doch soll die dortige Großbaustelle keine sprudelnde Grundwasserquelle erschließen, sondern dafür sorgen, dass das Stauwasser vom Hoover-Damm auch noch dann verfügbar ist, wenn der Wasserstand des Sees so weit gefallen ist, dass die Turbinen schon längst abgeschaltet sind.

Las Vegas: Künstliche Oase in der Wüste.

Las Vegas: Künstliche Oase in der Wüste.

Foto: Las Vegas CVA

Nahezu alle großen US-Städte haben erhebliche Probleme mit ihrer Trinkwasserversorgung. Die Stadt New York beispielsweise versorgt sich über zwei Tunnel mit Stauseewasser aus der Hochregion der 100 km entfernten Apalachen-Berge. Doch die vor 95 oder 75 Jahren angelegten Tunnel werden schon bald zu klein sein. Seit 1970 bohrt man deshalb in 200 m Tiefe einen dritten Tunnel durch den Granitfelsen, der im Jahr 2020 fertiggestellt sein soll.

Auch in der Wüste von Nevada wird in knapp 200 m Tiefe ein dritter Tunnel für die Wasserversorgung der berühmten Touristenmetropole Las Vegas gebohrt. Hier hat die Trinkwasserversorgung bereits kritische Ausmaße erreicht, denn die Stadt versorgt sich zu 90  % mit Wasser aus dem Lake Mead, das ist der Stausee des Hoover-Damms – und dessen Wasserstand fällt seit einigen Jahren aufgrund der abnehmenden Schneeschmelze in den Rocky Mountains ganz rapide.

“Dritter Strohhalm” soll Trinkwasserversorgung sicherstellen

Die beiden bisherigen Entnahmerohre sind inzwischen nur noch wenige Meter unter der Wasseroberfläche und keiner weiß, wie lange dieser Wasserstand noch gehalten werden kann. Seit 5 Jahren arbeitet man deshalb an einer dritten Entnahmestelle, die das Wasser vom Grund des Sees abpumpen soll, das heißt, solange der Colorado River in den Lake Mead fließt, so lange kann über dieses Rohr auch Wasser nach Las Vegas fließen. 800 Mio. $ wird dieser Anschluss kosten, der 2014 fertiggestellt sein soll. Offiziell heißt das Projekt „Drittes Entnahmerohr“, doch allgemein wird es „Dritter Strohhalm“ genannt.

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Die Baustellenarbeit ist eine Mischung aus Offshorebohrungen und Untergrund-Tunnelprojekten. So liegt die Entnahmestelle rund 100 m unter der Seeoberfläche rund 200 m vom Ufer entfernt. Von einer schwimmenden Plattform aus wird die Baustelle versorgt, während Tauchroboter die Arbeit am Seeboden verrichten. Der Tunnelbau für das Entnahmerohr erfolgt im Schildvortrieb und dessen schwierigster Abschnitt ist der Teil unter dem Seeboden. „Es ist so, als wenn man bei einer vollgefüllten Badewanne einen Abfluss von außen beziehungsweise von oben anbringen muss“, beschreibt der Projektleiter Jim McDonald die Arbeiten.

Spezialisten für Hochwasserschutz erhalten Zuschlag für dritte Entnahmestelle

Den Auftrag für diese dritte Entnahmestelle sowie für die zugehörige 5 km lange Verbindung zu einer Pumpstation auf der Uferseite werden von der italienischen Firma Impreglio S.A. durchgeführt. Diese erhielt den Zuschlag aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Hochwasserschutz in Venedig und dem Bau der neuen Schleusen am Panamakanal.

Die Arbeiten an dem Schacht auf der Uferseite des neuen Anschlussrohres wurden immer wieder unterbrochen. Das Gestein ist dort sehr brüchig und porös und vom See wird das Wasser weit hinein in viele Fugen und Schlitze gepresst. Hinzu kommen vulkanische Aktivitäten, die das Gestein und das Wasser auf teilweise bis zu 40 °C aufheizen.

Als Erstes wurde 2008 mit dem Schacht für die Pumpstation begonnen. Über ihn wurden dann die Komponenten für die Schildvortrieb-Bohrmaschine nach unten gelassen und dort zusammengesetzt.

Die 25 Mio. $ teure Maschine hat einen Durchmesser von knapp 8 m und wurde eigens von der deutschen Firma Herrenknecht für dieses Projekt entwickelt und hergestellt. Da die Maschine über 60 m lang ist, musste zunächst mit konventioneller Sprengtechnik ein ausreichend langer Tunnel aus dem massiven Gestein gebrochen werden. Erst danach konnte mit der Montage der Bohrmaschine begonnen werden.

30 Meter hoher Betonkasten sichert die spätere Trinkwasser-Entnahmestelle

Bei der späteren Entnahmestelle am Boden des Sees wurde mit Unterwasser-Robotern ein etwa 20 m tiefes Loch in den Boden gesprengt und das losgesprengte Gestein abgesaugt. Anschließend wurde darin ein vorgefertigter 30 m hoher Betonkasten abgesenkt. Anschließend wurde diese Struktur rundherum mit Beton gesichert, sodass eine feste Verbindung zum Gesteinsboden des Sees besteht. Hierzu mussten über 1000 Betonmischfahrzeuge auf übergroßen Flößen zu dem Ponton in der Seemitte transportiert werden.

Die gesamten Arbeiten am Seeboden in etwa 100 m Tiefe werden ausschließlich von Unterseerobotern ausgeführt, die von dem Arbeitsponton aus bedient werden – so wie es auch bei den Offshorebohrinseln der Fall ist.

Die Tunnelbohrungen begannen von der Uferseite aus. Und solange sich der Tunnel noch unter dem Ufer befindet, verläuft er flach in einer Tiefe von etwa 10 m unter dem Seeboden, danach steigt der Tunnel in einem Winkel von 3 ° an. Die Tunnel-Bohrmaschine muss den abgesenkten Betonkasten in der Mitte des Sees mit einer Präzision von plus/minus 10 cm treffen. Zur Navigation werden vor allem Ultraschall und GPS genutzt.

Landseitig endet der Tunnel an der vorhandenen Pumpstation für die beiden bereits bestehenden Ansaugrohre. Von dort aus wird das Wasser dann über vorhandene Pipelines nach Las Vegas und die angrenzenden Orte gepumpt.

Ein Beitrag von:

  • Harald Weiss

    Freier IT-Journalist, IT-Analyst und IT-Consultant in Kaiserslautern. Nach verschiedenen Positionen in Softwareentwicklung,  MarCom und PR, 17 Jahre President New York Reporters in New York. Seit 2016 freischaffend wieder in Deutschland.

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