Tesa: Verklebte Fassade hält auch dem Wind stand
Mit Verklebetechniken wird am Bau eher zurückhaltend gearbeitet. Das könnte sich nun ändern: Die beiden Unternehmen 3A Composites und Tesa haben technische Verklebungen entwickelt, die sowohl die ästhetischen und statischen Anforderungen an eine vorgehängte hinterlüftete Fassade erfüllt.
Kunststoffe besitzen den Makel zu altern. Und das meist durch Temperaturschwankungen und Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung. Deshalb zweifeln die meisten an der Dauerhaftigkeit von Verklebungen – sofern sie im Baugewerbe eingesetzt werden. Im Alltag hingegen haben wir keinerlei Bedenken, sondern nutzen Produkte, bei denen Verklebungen wichtige Teile zusammenhalten. Das Smartphone ist sicher das bekannteste Beispiel, aber auch die Frontscheiben in unseren Autos sind geklebt und halten extremen Belastungen problemlos stand.
Die beiden Unternehmen 3A Composites und Tesa kooperieren bei der Entwicklung technischer Verklebungen unter der Marke Tesa by Alucobond. 3A Composites stellt die Verbund-Fassadenplatte Alucobond her. Tesa kennt man vor allem als Klebebandhersteller, doch die Firma bietet darüber hinaus selbstklebende Produkt- und Systemlösungen für die Industrie und das Handwerk sowie Befestigungsmaterial und Fliegengitter für Privatkunden. Im Mittelpunkt der Entwicklung stand die Frage, ob und wie technische Verklebungen umgesetzt werden müssen, damit sie alle ästhetischen und statischen Anforderungen erfüllen.
Klebestreifen nimmt Kräfte auf der gesamten Fläche auf
Materialien, die sich verkleben lassen, haben einen großen Vorteil: Sie sind in der Regel nicht sichtbar. Deshalb würden sie sich nach Angaben der Hersteller besonders für Fassadenelemente eignen. Denn eine möglichst unsichtbare Montage ist hier am ehesten gefragt. Herkömmliche Techniken erfordern meist einen höheren Aufwand bei der Formgebung der Kassetten, zudem wirkt sich dies auf das Flächengewicht und die Aufbauhöhe aus.
3A Composites und Tesa haben eine Lösung für diese Anforderungen gefunden: Tesa ACXplus, ein bereits marktreifes Produkt. Es ist ein 30 Millimeter breiter und zwei Millimeter dicker Klebestreifen, der die auftretenden Kräfte der gesamten Fläche aufnimmt. Im Vergleich dazu: Eine Schraube oder eine Niet nimmt hingegen die Kräfte nur punktuell auf. Dieses doppelseitig wirkendende Klebeband besteht aus Acrylatschaum. Es sei besonders elastisch und könne durchaus auf die doppelte Länge gedehnt werden, ohne dabei an Festigkeit zu verlieren, so die Hersteller. Dadurch sei das Material dauerhaft in der Lage, auf thermische Längenveränderungen zu reagieren, wie sie von Baustoffen wie Metall oder Glas ausgehen. Beeinträchtigungen durch Umwelteinflüsse könnten ebenfalls ausgeschlossen werden. Bereits vor acht Jahren haben sie einen Vorläufer dieses Klebebands frei und voll der Witterung ausgesetzt angebracht. Die Untersuchung habe ergeben: Die beschriebenen Eigenschaften seien bestätigt worden. „Doppelseitiges Klebeband als Befestigungsmittel für Fassaden zu verwenden hat einen riesigen Vorteil, denn ich habe sofort eine Mindestfestigkeit“, erklärt Amin Emami, Leiter der Forschungsabteilung bei 3A Composites.
In einem speziellen Verfahren testeten die beiden Hersteller, welche Windkräfte diese verklebte Fassade aufnehmen könne. 5 bis 10 kN/m2 kam dabei heraus. Das entspreche etwa dem doppelten der maximalen Belastung, der eine exponierte Fassade an einem hohen Gebäude bei uns in Deutschland ausgesetzt sein kann. Alle notwendigen Tests fanden am Deutschen Institut für Bautechnik statt. Somit erhielt die neue Technik eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung.
Beispiel verklebter Fassade: Kunstwerk in Gstaad
Ein Anwendungsbeispiel gibt es bereits. Im Schweizer Bergdorf Gstaad entstand nach den Ideen des amerikanischen Künstlers Doug Aitken ein Holzpavillon – gebaut von der Firma Nüssli. Die äußeren und zum Teil auch inneren Oberflächen wurden verspiegelt. Bei diesem temporären Bauwerk mussten keine bauphysikalischen Richtlinien berücksichtigt werden, da es sich um ein Kunstwerk handelt. Trotzdem wollte der Künstler, dass die Aufbauhöhe der nicht sichtbar montierten Fassade möglichst gering ausfalle und gleichzeitig der Belastung durch erwartete zahlreiche Besucher für einige Jahre problemlos standhalten solle. Aus diesen Gründen entschied man sich für die Verklebung.
Das Gebäude erhielt den Namen „Mirage“ – übersetzt mit Luftspiegelung. Es erhielt ein schwach geneigtes Satteldach mit großen Dachüberstand und mittig aufgesetztem Schornstein sowie zusätzlich ein angedeutetes Nebengebäude. Mit diesem Stil soll es sich annähernd in die nachbarliche Bebauung, die aus Chalets besteht, einfügen. Dem Gebäude fehlen Fenster und Türen. Diese Besonderheit in Verbindung mit der Verspiegelung soll das Haus von seinem eigentlichen Zweck, dem Bewohnen, lösen und die abstrahierte Gebäudehülle mit der Landschaft verschmelzen lassen. Der Klebestreifen Tesa ACXplus kam bei diesem Projekt zum Einsatz.
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