Nachhaltig bauen 12.08.2024, 12:00 Uhr

Weltrekord: Holz-Wolkenkratzer soll 190 Meter hoch werden

In den USA soll bald das höchste Holzgebäude der Welt stehen. Mit einer geplanten Höhe von 190 Metern und 55 Stockwerken wird der Wolkenkratzer nicht nur neue Rekorde aufstellen, sondern auch ein Zeichen für nachhaltige Architektur setzen.

höchstes Holzhochhaus der Welt

So soll das höchste Holzhochhaus der Welt einmal aussehen.

Foto: Michael Green Architecture

Holz als Alternative zu Stahl und Beton? Noch vor wenigen Jahrzehnten war es undenkbar, dass Holzgebäude höher als ein paar Stockwerke werden. In Milwaukee, USA, wurde jetzt ein 90 Meter hoher Wolkenkratzer aus Holz fertiggestellt. Dieser Rekord soll nun noch einmal übertroffen werden. Die Stadt hat ein Projekt für einen Holz-Wolkenkratzer vorgestellt, der rund 190 Meter hoch werden soll. Vermutlich wird es aber Stahl und Beton zur Verstärkung brauchen. Das ist beim 100 Meter hohen „Rocket“ im schweizerischen Winthertur nicht nötig. Er wird in wenigen Jahren das höchste reine Holzhochhaus der Welt sein.

700 Millionen Dollar Investitionsvolumen

Das renommierte Architekturbüro Michael Green Architects (MGA) aus Vancouver hat die ehrgeizigen Pläne für diesen Wolkenkratzer entwickelt. Die Vision ist klar: Ein Bauwerk zu schaffen, das sich durch seine Höhe und seine nachhaltige Bauweise auszeichnet. Der Turm soll im Herzen von Milwaukee neben dem Marcus Performing Arts Center errichtet werden. Das Projekt ist Teil einer umfassenden Stadtentwicklungsinitiative und umfasst nicht nur Wohnräume, sondern auch Büroflächen, Einzelhandelsgeschäfte und Hotelzimmer.

Der Holz-Wolkenkratzer wird auf dem Gelände eines bestehenden Parkhauses errichtet, das im Rahmen des Projekts abgerissen wird. Mit einer Investitionssumme von über 700 Millionen Dollar ist das Vorhaben eine der größten und ambitioniertesten Bauprojekte, die Milwaukee je gesehen hat.

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Brettschichtholz und Brettsperrholz erlauben riesige Höhen

Das für den Bau des Wolkenkratzers verwendete Massivholz ist nicht mit herkömmlichem Bauholz vergleichbar. Es handelt sich um einen hochentwickelten Werkstoff, der aus mehreren miteinander verleimten Holzschichten besteht. Diese Schichten bilden extrem stabile und belastbare Elemente, die in ihrer Festigkeit Stahl und Beton in nichts nachstehen.

Brettschichtholz und Brettsperrholz sind die Hauptbestandteile dieses Projekts. Beide Materialien sind dafür bekannt, dass sie Feuchtigkeit und extremen Umweltbedingungen standhalten. Darüber hinaus bieten sie eine hervorragende Brandsicherheit, da Massivholz im Brandfall eine schützende Kohleschicht bildet, die den Einsturz der Konstruktion verhindert.

Ein weiterer Vorteil von Massivholz ist seine Umweltfreundlichkeit. Im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen wie Beton und Stahl ist Holz ein nachwachsender Rohstoff, der während seines Wachstums CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt und speichert. Dadurch trägt der Bau eines Holzgebäudes erheblich zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bei. Die Verwendung vorgefertigter Holzmodule beschleunigt zudem den Bauprozess, was Zeit und Kosten spart.

Bauwerk für die Zukunft

Das geplante Holzhochhaus ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein Symbol für die Zukunft des Bauens. Er wird zeigen, dass der Baustoff Holz den Herausforderungen des modernen Hochbaus gewachsen ist. Mit 750 Wohneinheiten, 190.000 Quadratmetern Bürofläche, 40.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche und 300 Hotelzimmern wird das Gebäude ein multifunktionales Zentrum in Milwaukee schaffen.

Der Bau des Wolkenkratzers erfolgt in mehreren Phasen, um die Struktur optimal zu entwickeln und zu stabilisieren. Dabei setzen die Architekten auf modernste Techniken und Materialien, um den hohen Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden.

Herausforderungen und Chancen

Bei allen Vorteilen von Massivholz gibt es auch Herausforderungen. So gelten in vielen Teilen der Welt noch strenge Bauvorschriften, die die Höhe von Holzgebäuden begrenzen. In den USA erlaubt das International Building Code (IBC) bisher nur Holzgebäude mit einer maximalen Höhe von 18 Stockwerken. Das Projekt in Milwaukee soll jedoch zeigen, dass höhere Gebäude aus Massivholz möglich sind, wenn innovative Techniken und Materialien eingesetzt werden.

Das Mjøstårnet in Norwegen, das derzeit höchste Massivholzgebäude der Welt, misst „nur“ 85 Meter. Noch ein paar Meter höher ist der ebenfalls in Milwaukee errichtete Ascent Tower. Hier wurden allerdings Beton- und Stahlverstärkungen eingesetzt, um die Rekordhöhe von 90 Metern zu erreichen. Es ist zu erwarten, dass dies auch bei dem neuen Projekt notwendig sein wird.

Rekordverdächtig ist auch ein Projekt in Australien, bei dem ebenfalls vom höchsten Holzhochhaus der Welt die Rede ist. Das C6 in South Perth City soll 191 Meter hoch werden, besteht aber nur zu 42 Prozent aus Holz, ein Betonkern verstärkt den Wolkenkratzer. Wenn wir also über Rekorde im Holzbau sprechen, ist es immer wichtig zu wissen, wie genau sie gebaut werden.

Definition im Kontext von Höhenrekorden wichtig

Der international anerkannte Council of Tall Buildings and Urban Habitat (CTBUH) führt Ranglisten und Vergleiche von Hochhäusern. Diese werden in Kategorien eingeteilt. Neben der exakten Definition, wie die Höhe eines Gebäudes zu bestimmen ist, werden auch unterschiedliche Materialkategorien definiert.

Das oben erwähnte C6 in Australien ist nach CTBUH eine „composite structure“, während das Mjøstårnet in Norwegen eine „timber structure“ hat. Es handelt sich daher um zwei Disziplinen und erklärt, dass das eine Gebäude rund doppelt so hoch als das andere werden kann.

In Winthertur entsteht ein neues Rekordgebäude

In Winthertur soll es bald ein 100 Meter hohes Holzhochhaus mit „timber structure“ geben. Das auf dem Namen „Rocket“ getaufte Gebäude wird demnach eine Tragstruktur komplett aus Massivholz haben. Kurz gesagt: Sowohl die horizontale als auch die vertikale Struktur von Rocket basiert auf Holz. Zum Einsatz kommt eine neu entwickelte Technologie, die so genannte Holzverbundflachdecke.

Die Technologie ermöglicht eine gleichmäßige Lastabtragung in alle Richtungen. Die Decken sind dadurch dünner und leichter und benötigen nur eine sehr dünne Betonschicht, was Spannweiten von bis zu neun Metern ermöglicht. Für die Stabilität und Aussteifung des Hochhauses sorgt das „Röhren-in-Röhren-Prinzip“, bei dem die Geschosse um einen Holzkern (erste Röhre) in einer Rahmenkonstruktion (zweite Röhre) gebaut werden. Insgesamt entstehen so 255 Wohnungen.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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