Wie kann eine produktive Stadt der Zukunft aussehen?
Mit dieser Frage beschäftigte sich Marc Rieser, Student für Städtebau NRW an der TH Köln. Er hat ein strategisches Konzept für die künftige Entwicklung von Städten im Bergischen Land erstellt. Die Machbarkeit prüfte er anschließend anhand von 4 Beispielen.
Die 4 ausgewählten Städte liegen nicht weit entfernt von den Großstädten Köln und Düsseldorf. Damit sind Hilden, Ratingen, Solingen und Wülfrath allein aufgrund ihrer Lage einem Entwicklungsdruck ausgesetzt. Schließlich gehen Großstädte bei Veränderungen voran. Gleichzeitig erleben kleinere Städte in der Nähe damit auch die Auswirkungen globaler Trends wie die Umgestaltung der modernen Arbeitswelt, die alternde Gesellschaft und ein steigendes Umweltbewusstsein. Diese Situation übernahm Marc Rieser als Ausgangslage für sein Konzept.
Der Student, der selbst aus dem Bergischen Land kommt, betrachtet diese Herausforderungen als Potenzial für die Region. Er legt den Verantwortlichen nahe, nicht nur auf die Entwicklungen zu reagieren, die von außen an die Städte herangetragen werden, sondern selbst frühzeitig mitzugestalten. „Es sollte im eigenen Interesse der Region liegen, eine Adresse für die qualitative Verbindung von Wohnen, Arbeiten und Leben unter ökologischen Gesichtspunkten zu werden und sich somit als eine der produktivsten Regionen in Deutschland zu etablieren“, sagt Rieser.
Städteplanung unter Einbeziehung der Bewohner
Für die 4 Städte, anhand derer er die Machbarkeit prüfen wollte, suchte er jeweils ein Gebiet aus: in Hilden ein gründerzeitliches Quartier im südlichen Bahnhofsviertel, in Ratingen ein Wohn- und Gewerbegebiet zwischen West- und Kernstadt, in Solingen-Wald das Grossmann-Gelände und westlich von Wülfrath ein neues Quartier auf der grünen Wiese. Das Konzept von Marc Rieser beschäftigt sich mit vier Maßnahmen-Cluster: räumliche Maßnahmen im Quartier, vielfältige Belebung dieser Räume, ökologische und nachhaltige Entwicklung sowie Mobilitätskonzepte, die Zugang zu den geschaffenen Qualitäten in den Quartieren ermöglichen sollen. Der Student will mit seinem Konzept erste Leitplanken für eine zukünftige kooperative Planung setzen. Am Ende sollen die Quartiere sich miteinander vernetzen und von Synergien profitieren.
Für das Quartier zwischen Post- und Bahnhofsstraße in Hilden, in dessen Nähe auch der Bahnhof liegt, empfiehlt der Student, eine Baulücke durch den Bau eines neuen Parkhauses zu schließen. Das wirke einerseits als Lärmschutz und reduziere den Verkehr durch die Parkplatzsuche auf der anderen Seite. Denn in dem Quartier findet man zahlreiche Gewerbebetriebe sowie Freiberufler. Hinzu kommt Straßen- und Schienenlärm. Um hier Verbindungen zu schaffen, könnten ein Park, ein Sportplatz auf dem Parkhausdach, Gemeinschaftsgärten und Grünflächen gemeinschaftlich genutzt werden und damit neue und alte Bewohnerinnen und Bewohner miteinander vernetzen. Auch eine neue Ansiedlung kleinerer und mittlerer Unternehmen fördere die Quartiersentwicklung.
Das Wichtigste in unmittelbarer Umgebung
Mithilfe eines Hochschulcampus in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof sei es laut Riester möglich, die Wohn- und Gewerbegebiete rund um die Straße Am Sandbach in Ratingen nachhaltig zu erneuern und weiterzuentwickeln. Der Campus verbände Studierende und Auszubildende der Unternehmen vor Ort. So könnten dort innovative Ideen bis zum fertigen Produkt entwickelt werden. Auch die Wiederaufnahme des Bahnverkehrs am Bahnhof Ratingen-West wäre hilfreich. Eine zentrale Verbindung des Quartiers mit dem Bahnhof und den umliegenden Stadtvierteln ermögliche eine Fahrrad-Schnellstraße. In einem großzügigen Park und einem Platz könnten die Menschen zusammenkommen.
Die ehemalige Industriebrache der Grossmann Stahlguss GmbH in Solingen-Wald biete laut Rieser Potenzial, um ein gänzlich neues urbanes Gebiet aufzubauen. Darin sieht er Platz für Wohnraum, soziale Einrichtungen und Unternehmen vor. Historische Gebäude müssten dem Konzept nicht weichen. Sie könnten bleiben und zum Teil umgewidmet werden: Teile einer alten Industriehalle bieten die Grundstruktur für einen Park in der Mitte des Quartiers. Das Ortsbild solle mehrstöckige Wohngebäude mit Räumen für Kindertageseinrichtungen prägen, sowie kleine und mittlere Unternehmen ansprechen, die sich vorzugsweise dort integrieren. Ziel sei es, dass die neuen Bewohner des Quartiers alles, was sie täglich zum Leben benötigen, in ihrer unmittelbaren Umgebung finden.
Prämiertes Konzept
In Wülfrath-Düssel sieht Rieser die Möglichkeit, auf 12 Hektar Fläche eine neue Siedlung zu etablieren. Eine meist ein- oder zweigeschossige Bauweise sei geeignet, um sich in die bestehende Gestaltung des Dorfes einzugliedern. Zugleich entspreche dies den Anforderungen des Bauens auf der Grünen Wiese. Im Mittelpunkt stehen für ihn das soziale Miteinander der neuen Bewohner untereinander sowie mit den Alteingesessenen des Ortes. Dafür soll Raum geschaffen werden im Vereinsleben oder in sozialen Einrichtungen. Ein neuer Radschnellweg nach Wülfrath und bis zum neuen Bahnhof Hahnenfurth-Düssel könne den ländlichen Raum entsprechend anbinden.
Marc Rieser erhielt für seine Arbeit den ersten Preis des europäischen Architektur- und Städtebauwettbewerbs „European“. Die Initiative für junge Architektinnen und Architekten wird von 19 europäischen Staaten und einem Netzwerk von 250 Städten unterstützt. Alle zwei Jahre gibt es den Wettbewerb, der in diesem Jahr zum 15. Mal stattfand unter dem Thema „Produktive Stadt“.
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