Wie moderne Drohnentechnik das Geheimnis alter Gemäuer enthüllt
Immer häufiger werden Drohnen zur Vermessung von Gebäuden und zum Herstellen von 3D-Modellen verwendet. Wie das funktioniert, erfahren Sie in diesem Beitrag am Beispiel von Burg Hohenstein im Taunus.
Alte Gemäuer werden üblicherweise lediglich von Turmfalken, Dohlen oder Fledermäusen umkreist. An der Burg Hohenstein im Taunus erhalten sie derzeit eine besondere Aufmerksamkeit, denn eine Drohne ist unterwegs. Mit Hilfe der präzisen Kameraaufnahmen gewinnen Expertinnen und Experten wertvolle Einblicke in den Erhaltungszustand der Burg aus dem Jahr 1608. Wieso Sonnenschein dabei kontraproduktiv ist und wie aus den einzelnen Bildern ein 3D-Modell der Burg Hohenstein wird, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Digitale Vermessung für anstehende Sanierung
Der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen lässt derzeit die Burg Hohenstein im Taunus digital vermessen, da eine Sanierung der historischen Mauern bevorsteht. Die Anfänge der Burgruine liegen im Jahr 1190, danach wurde sie mehrmals erweitert und verstärkt. So oder so stellt das große Areal mit mehreren Gebäudeteilen eine Herausforderung dar.
Um den Außenbereich zu vermessen, wird eine Drohne eingesetzt, die gleichmäßig um die Burg herumfliegt. Die Drohnenpiloten von Linsinger ZT GmbH aus Österreich haben bereits viele historische Bauwerke vermessen, wie beispielsweise den Herkules in Kassel, die Alte Markthalle in Frankfurt, die Trierer Basilika und das Schloss Neuschwanstein. Die Burg Hohenstein liegt malerisch an einem Felsen in der Nähe von Bad Schwalbach und das Flugobjekt hat eine Größe von etwa 50 Zentimetern.
Drohnenpilot Werner Maziborsky erklärt: „Es geht bei meiner Arbeit nicht nur darum, die Drohne gut zu fliegen. Wichtig seien genaue und scharfe Fotos.“ Seine Freude über den strahlend-sonnigen Tag hält sich daher in Grenzen: „Kein Regen, kein Nebel, etwas bewölkt,“ das sei das perfekte Wetter, um mit der Drohne die perfekten Fotos zu schießen. Und davon braucht es für die Vermessung von Burg Hohenstein jede Menge – 15.000 bis 20.000 Fotos sollen es am Ende werden. Diese werden anschließend mit Hilfe eines Computers in ein 3D-Modell umgewandelt.
Das ist Burg Hohenstein im Taunus
Burg Hohenstein thront malerisch über der waldreichen Mittelgebirgslandschaft des Untertaunus und bietet einen atemberaubenden Blick auf den wohl schönsten Abschnitt des Aartals. Errichtet wurde die Burg im Jahre 1190 von den Grafen von Katzenelnbogen und 1422 durch Johann III. erweitert. Eine Ausbesserung und Verstärkung der Befestigungsanlagen erfolgte im Jahr 1604 durch Moritz den Gelehrten. Leider wurde die Burg im 30-jährigen Krieg zerstört und ein Wiederaufbau durch Landgraf Ernst nach Kriegsende scheiterte.
Sie ist Namensgeberin der Gemeinde „Hohenstein“ und jedes Jahr Schauplatz der Burgfestspiele. Von April bis September ist die Burg bei freiem Eintritt zugänglich und Besucher haben die Möglichkeit, den Bergfried der Burg zu besteigen und von dort aus einen beeindruckenden Ausblick auf das Unterdorf von Burg Hohenstein sowie das ehemalige Bahnhofgebäude der Taunusgemeinde und die Gustav-Adolf-Kirche aus dem Jahr 1884 zu genießen.
So funktioniert die Vermessung mit der Drohne
Es gibt nahezu unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten für Drohnen im Vermessungswesen und täglich werden neue Anwendungen entdeckt. Obwohl es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten gibt, haben sich einige Anwendungsgebiete, wie die Kartierung von Verkehrsträgern wie Gleisanlagen und Straßen sowie die Dokumentation von Baufortschritten etabliert. Auch in der Denkmalpflege, bei der Bauwerksprüfung und bei BIM werden Drohnen zunehmend eingesetzt. Durch die Verwendung von Luftbildaufnahmen aus verschiedenen Perspektiven können mit Hilfe von Photogrammetrie 3D-Modelle von Objekten erstellt werden, unabhängig von deren Größe.
Um ein 3D-Modell zu erstellen, müssen die aufgenommenen Bilder überlappen und können dann mit Hilfe einer Flugplanungssoftware für Drohnenvermessung verarbeitet werden. Die Verwendung von Passpunkten auf der zu vermessenden Fläche ist für eine genaue Verarbeitung unerlässlich. Für eine Transformation in ein lokales oder weltweites Koordinatensystem sind Bodenpasspunkte erforderlich, unabhängig davon, ob die Drohne über eine RTK-Funktion verfügt oder nicht. Die Verwendung von RTK hat jedoch den Vorteil, dass weniger Passpunkte benötigt werden und der Rechenprozess im Nachgang beschleunigt wird. Wenn keine Passpunkte verwendet werden, kann zwar immer noch ein gutes 3D-Modell erstellt werden, jedoch ist die Georeferenzierung im Nachgang oft fehlerhaft und ungenau.
Vermessung von Burg Hohenstein
Für eine exakte Verarbeitung der Bilder zur Erstellung eines 3D-Modells der Burg werden Dutzende von Vermessungspunkten benötigt. Diese Punkte bestehen aus kleinen Schildern mit einer Kennung, dazu kommen rund 350 natürliche Vermessungspunkte. Alle Punkte zusammen werden von der Software verwendet, um die Aufnahmen zusammenzusetzen. Damit das 3D-Modell hochwertig wird, ist eine Überlappung der Fotos von 60 bis 80 Prozent notwendig, wie Maziborsky erläutert. Das Erstellen der Außenaufnahmen allein dauert etwa einen Monat, zusätzlich wird das Innere der Burg mit einem 3D-Laser vermessen.
Bei der bevorstehenden Sanierung der Burg wird vor allem das Fugenmaterial erneuert, um ein Auseinanderbrechen der Mauern zu verhindern. Darüber hinaus haben Anwohner von losen Steinen berichtet, die von der Burg herabgefallen sind. Nach Angaben des Projektleiters des Landesbetriebs Bau und Immobilien, Thomas Schultz, ist der Fels in Bewegung geraten und muss gesichert werden. Bevor die Vermessungsarbeiten an der Außenseite der Burg beginnen konnten, mussten die Mauern von dichtem Gestrüpp befreit werden. Dies wurde in enger Abstimmung mit Naturschützern durchgeführt, wobei nur Gehölze, Kletter- und Rankenpflanzen entfernt wurden, um Farne und Kräuter zu erhalten.
Drohnenvermessung nicht teurer als herkömmliche Methoden
Laut Anja Dötsch, Denkmalpflege-Expertin bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen, ist die Drohnenbefliegung oft die einzige Möglichkeit, um ein unwegsames Gelände wie die Burg Hohenstein zu vermessen. „Dabei bietet sich neben der Dokumentation in der Folge die Möglichkeit die Daten für Vermittlungszwecke wie Virtual Reality einzusetzen,“ erläutert Anja Dötsch. Die Verwendung von Drohnen ist auch für die Kontrolle von Dächern von großer Bedeutung, da diese häufig nur mit großem zeitlichen und finanziellen Aufwand geprüft werden können, so Dötsch weiter. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden wie dem Laserscan oder tachymetrischem Aufmaß sei die Vermessung per Drohne nicht teurer.
In Hessen werden derzeit verschiedene Vermessungsprojekte per Drohne durchgeführt, darunter die Mauern der Burg Frankenstein im Odenwald sowie ein Lageplan von Schloss Hirschhorn am Neckar. Für die Vermessung der Mühle im Kloster Seligenstadt am Main wurde dagegen der Laserscan eingesetzt, wie Dötsch erläutert. Die fertigen digitalen Pläne der Burgruine Hohenstein werden verwendet, um die weitere Sanierung des historischen Gebäudes zu planen. Doch bereits jetzt sind Änderungen zu beobachten: Durch das Entfernen von Gestrüpp und Bewuchs sind die imposanten Mauern des Bauwerks nun aus der Ferne besser sichtbar. Dies macht die Burg für Wanderer und Besucher noch attraktiver.
(mit dpa)
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