Ermöglichen Computer schon bald die Züchtung von Meniskusgewebe?
Schäden am Meniskus gehören zu den häufigsten Verletzungen des Kniegelenks. Der Einsatz eines künstliches Meniskusimplantats stellt bisher die einzige Methode dar, verletztes oder verlorengegangen Muskelgewebe zu ersetzen. Doch das kann sich bald ändern. Ein Forschungs-Team der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) arbeitet daran, Meniskusgewebe mithilfe von mathematischen Computermodellen zu züchten.
Jedes Kniegelenk hat einen Innen- und einen Außenmeniskus. Es handelt sich dabei um halbmondförmigen Knorpelscheiben zwischen Unter- und Oberschenkelknochen. Sie sorgen für eine gleichmäßige Belastung, stabilisieren die Kniebewegungen und dämpfen Stöße ab. Intakte Menisken sind damit eine wichtige Voraussetzung für ein gesundes Kniegelenk. Jedoch nutzt sich die Knorpelschicht mit der Zeit immer mehr ab. Etwa 20 Prozent der Menschen über 40 Jahre haben daher kleinere Meniskusschäden. Ein Meniskusriss bei jüngeren Menschen ist hingegen eine typische Sportverletzung und erfolgt oftmals durch die Verdrehung des Kniegelenks. Größere Schäden am Meniskus führen vor allem in Kombination mit begleitenden Verletzungen (vorderer Kreuzbandriss) zu Fehlbelastungen und Instabilität des Kniegelenks.
Um abgenutztes oder verletztes Meniskusgewebe zu ersetzten, gibt es derzeit nur die Möglichkeit eines künstlichen Implantats. Denn gezüchtetes Gewebe gibt es noch nicht. Genau hier setzt jedoch das Forschungs-Team der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) an. Sie arbeiten an einer Lösung festes Meniskusgewebe zu züchten. Dafür ermitteln sie mithilfe von Computermodellen die optimale Zusammensetzung.
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Tissue-Engineering als interdisziplinäres Forschungsfeld
Grundsätzlich gibt es bereits Fortschritte in der Gewebsforschung. Es ist zum Beispiel möglich Knorpelgewebe im Labor zu züchten und dieses an verschiedenen Stellen im Körper wiedereinzusetzen. Den Rest übernimmt der Körper. Nach einiger Zeit verbindet sich das Knorpelgewebe mit den umliegenden Strukturen und die beschädigte Stelle ist wieder belastungsfähig. Doch anders als Knorpelgewebe, lässt sich Meniskusgewebe nicht so einfach züchten. „Die Strukturen sind zwar verwandt mit Knorpelgewebe, beim Meniskus bedarf es aber mehr Festigkeit“, sagt Bernd Simeon, der an der RPTU in Kaiserslautern zu Differential-Algebraischen Systemen forscht. Die Herausforderung bei diesem Vorhaben bestünde darin, dass Gewebe so zu züchten, dass es genauso belastbar ist wie das natürliche Meniskusgewebe.
Damit das gelingt, arbeiten verschiedene Forschungs-Teams auf dem Gebiet des Tissue-Engineerings. Darunter versteht man das künstliche Anzüchten von Gewebe. Um neue Erkenntnisse zu erlangen, fließt hier das Wissen aus Bereichen der Biologie, Mathematik, Medizin und Technik zusammen.
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Einstellung der Parameter entscheiden über stabiles Meniskusgewebe
Das Meniskusgewebe über ein bestimmtes Verfahren herangezüchtet. „Wir nutzen dazu ein spezielles Vliesgewebe mit einer Struktur, die aus vielen dünnen Fäden besteht, die irregulär angeordnet sind“, erklärt Simeon. „Für die Versuche verwenden wir nur dünne, ein paar Millimeter große Scheiben dieses Gewebes. Sie werden in kleine Kapseln eingebracht, in der sich eine Nährlösung befindet. Hier hinein werden Stammzellen gegeben.“
Mit der Zeit sollen die Stammzellen in das Gewebe hineinwachsen und sich so schließlich zu Meniskusgewebe entwickeln. Diese Entwicklung hängt jedoch von der Einstellung verschiedener Parameter ab, wie zum Beispiel der Temperatur, den Druckverhältnissen, der Konzentration der Nährstoffe sowie der Menge von Hyaluronsäure. Die Herausforderung für die Forscherinnern und Forscher besteht folglich darin, die richtige Einstellung der zusammenwirkenden Parameter auszumachen, um belastbares Meniskusgewebe zu züchten.
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Forschungs-Team erarbeitet wichtige Grundlage mit Computermodell
Bei der Einstellung der unterschiedlichen Parameter soll ein mathematisches Computermodell helfen. Denn anders würde es viele Jahre dauern, bis man eindeutige Ergebnisse erzielt, erklärt Simeon. Um eine Grundlage für die weitere Forschung zu schaffen, sollen mithilfe des mathematischen Modells verschiedene Fragen geklärt werden: Wie groß muss der Druck sein? Wie viele Zellen müssen in die Kapsel eingebracht werden, damit genug anwachsen? Und was ist die richtige Temperatur?
Ist diese Grundlage geschaffen, können die Parameter nach und nach optimiert werden bis das Meniskusgewebe allen Anforderungen entspricht. Damit legt das Forschungs-Team der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) einen wichtigen Grundstein für die Gewebsforschung. Sollte das Projekt erfolgreich sein, könnte die Technik schon bald vielen Menschen mit schweren Meniskusschäden helfen.
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