Nachhaltige Textilien – produziert von Bakterien und Hefen
Ein studentisches Team der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf hat nachhaltiges Textilgewebe entwickelt, bei dessen Produktion Bakterien und Hefen „Hand in Hand” arbeiten. Das Ziel sind umweltfreundliche Textilgewebe, die auch den Ansprüchen der Textilindustrie gerecht werden.
Textilien prägen unseren Alltag. Die Textilindustrie baut für ihre Produktion große Mengen von Rohstoffen wie Baumwolle, Leinen und Hanf an. Sie produziert darüber hinaus synthetische Fasern, zu denen zum Beispiel Nylon und Polyester gehören. „Die Herstellung synthetischer Textilfasern erfolgt auf Basis fossiler, nicht-erneuerbarer Ressourcen wie Erdgas oder -öl. Sowohl bei der Produktion als auch der Entsorgung fallen Treibhausgase und Mikroplastik an“, erklärt Teammitglied Sofie Rüffer.
Der wachsende Konsum von Fast-Fashion-Produkten stellt die Branche vor zusätzliche ökologische Herausforderungen: Natürliche und synthetische Fasern erfordern für die Verarbeitung schädliche Chemikalien, beispielsweise Bleichmittel, Farbstoffe und Weichmacher.
Nachhaltigkeit durch bakterielle Cellulose
Die Studierenden haben mit ihrer Entwicklung am iGEM-Wettbewerb teilgenommen. Das Team der Heinrich-Heine-Universität stellt sich mit ihrem Projekt „KlothY“ der Herausforderung, Textilien nachhaltig zu produzieren. Die Studierenden wollen ein umweltverträgliches Produktionsverfahren entwickeln und dabei auf Bakterien und Hefen setzen. Der Name „KlothY“ spielt auf die verwendeten Mikroorganismen an: das Bakterium Komagataeibacter xylinus (K. xylinus), das englische Wort für Textilgewebe „Cloth“ und die Hefe S. cerevisiae („Yeast“).
Die jungen Forschenden nutzen die Fähigkeit von K. xylinus, bakterielle Cellulose (BC) in Reinform zu produzieren – ein Glucosepolymer, das auch in Baumwolle enthalten ist. Die BC wird durch Hemicellulose (HC) und Chromoproteine so modifiziert, dass die Eigenschaften der Cellulose regulierbarer und vielfältiger anwendbar werden.
CO2-Einsparung durch lokale Produktion
„Wir möchten mit KlothY nicht nur eine weitere nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Textilien bieten, sondern auch einen Ausblick auf die Textilien der Zukunft geben. Unser Projektziel ist, dass K. xylinus eine Art Leinwand in Form einer reinen Cellulosematte produziert, die unseren Ausgangsstoff für Kleidung bildet“, erläutert Teammitglied Noah Ben Bulawa. „Und dann kommt die Ko-Kultur ins Spiel: Die Hefe S. cerevisiae verleiht unserem Stoff die so wichtige Struktur und Farbe. Die Hefe synthetisiert verzweigte Fasern aus HC, sodass die darauf wachsenden BC-Stränge miteinander quervernetzt werden.“
Außerdem trägt sie ein künstlich eingebrachtes, bakterielles Plasmid, das Gene für drei farberzeugende Chromoproteine enthält. Ein bakterielles Plasmid ist ein DNA-Ring, in dem Bakterien normalerweise ihre eigenen genetischen Informationen speichern. Aus der Zusammenarbeit von Bakterien und Hefen wächst, vereinfacht gesagt, ein Textilstoff mit spezifischen Anforderungen direkt in der Petrischale heran. Das Produkt braucht keine weiteren Veredelungsschritte: Entkernen, Spinnen, Weben, Bleichen und Färben entfallen.
Nachhaltigkeit durch Vermeidung von Chemikalien und Transporten
„Selbst Textilien aus biologischem Anbau müssen veredelt werden, was nicht nur enorme Mengen Wasser verbraucht, sondern auch Farbstoffe und Chemikalien freisetzen kann. Ebenso ist die Logistik – von der Produktion im Ausland bis in die Läden – mit hohen CO2-Emissionen verbunden“, beschreibt Teammitglied Bianca Eickhorst den Hintergrund des diesjährigen Projekts. „Mit KlothY werden wir weniger abhängig von spezifischen Anbauorten, wodurch weite Transportwege vermieden werden können. Wir haben uns für ein Projekt entschieden, das eine nachhaltigere Textilproduktion auf vielfältige Weise angeht.“
Das 18-köpfige Team aus verschiedenen Studiengängen wird von erfahrenen Advisors und Professoren der HHU unterstützt. Über die nächsten Monate führen sie die Laborarbeiten fort, um das Projekt Ende Oktober 2024 auf der iGEM-Abschlussveranstaltung in Paris zu präsentieren.
Der iGEM-Wettbewerb fördert seit über 20 Jahren den interdisziplinären Austausch zwischen Teams weltweit und bietet jungen Forschenden eine Plattform, um die Möglichkeiten der synthetischen Biologie weiterzuentwickeln. Die Abkürzung iGEM steht für „international Genetically Engineered Machine“ und startete am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA. Die HHU nimmt 2024 zum neunten Mal am iGEM-Wettbewerb teil.
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