Neue Daten: Was können Luftfilter aus Biokunststoff?
Forschende haben einen besonderen Biokunststoff getestet. Er wäre eine mögliche Alternative zu fossil hergestelltem Kunststoff und ließe sich nicht nur in Luftfiltern einsetzen. Denn neben virenbehaftete Aerosole filtert er auch Wasser und Öl heraus.
Luftfilter gelten vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie als sinnvolle Hilfsmittel, um mit Viren behaftete Aerosole aus der Luft in geschlossenen Räumen zu filtern. Ihr Nachteil: Das Filtermaterial besteht hauptsächlich aus Vliesstoff und gilt nicht gerade als umweltfreundlich. Eine Forschungsgruppe der Zuse-Gemeinschaft hat sich im Rahmen des Forschungsprojekts „BioFilter“ mit Alternativen beschäftigt und sich dabei vor allem auf den Biokunststoff Polyactid (PLA) konzentriert, der auch als Polymilchsäure bekannt ist.
Die Forschenden wollten herausfinden, wie sich die besonderen Eigenschaften von PLA auf Filterleistung und Haltbarkeit der Filter auswirken. Denn die Nachteile des Materials im Vergleich zu fossil gewonnenen Kunststoffen sind bereits bekannt: Biokunststoff aus PLA wird schnell spröde und ist nicht besonders hitzebeständig. Darüber hinaus neigt Polymilchsäure als biogener Stoff eher zur Abnutzung oder organischen Abbauprozessen. Das spielt allerdings eher dann eine Rolle, wenn man sie als Filter zum Beispiel in Kläranlagen einsetzt.
Luftfilter aus Biokunststoff vertragen keine hohen Temperaturen
Beteiligt an dem Forschungsprojekt waren das Deutsche Textilforschungszentrum Nord-West (DTNW) und das Sächsische Textilforschungsinstitut (STFI). Bei beiden Partnern werden die Vliesstoffe auch hergestellt. Dafür kommt Granulat von unterschiedlichen Herstellern zum Einsatz. Zu Beginn der Testreihe standen allerdings nicht die Vliesstoffe im Mittelpunkt, in denen die Fasern sehr dicht aneinander in verschiedenen Schichten angeordnet sind, sondern sogenannte Monofilamente. Das sind Fäden, die den Fasern aus PLA extrem ähneln. Getestet wurden diese Fäden zum Beispiel im Klimaschrank auf Alterung und Haltbarkeit.
Kunststoffe länger verwenden – mit einem biologischen Trick
Die Ergebnisse zeigten, dass die Monofilamente bereits nach zwei Wochen brüchig wurden, wenn sie Temperaturen jenseits der 70 Grad Celsius ausgesetzt waren. Verwendet man sie hingegen unter Normbedingungen, zeigten sie auch nach fast drei Jahren keine Nachteile. Sie waren noch genauso stabil wie die auf fossiler Basis hergestellten Alternativen und auch die Filterleistung war bei beiden Materialien gleich. „Der Fokus für die Nutzung von PLA als Filtermaterial wird meiner Ansicht nach auf Anwendungen liegen, bei denen relativ geringe Temperaturen vorliegen, mit denen PLA sehr gut zurechtkommt“, sagt Christina Schippers, Wissenschaftlerin am DTNW.
Luftfilter aus Biokunststoff bieten vielseitige Einsatzmöglichkeiten
Im Rahmen ihrer Untersuchungen ging es den Forschenden auch darum, Polyactid für verschiedene Einsatzbereiche zu testen. Neben dem Filtern von virenbehafteten Aerosolen stand auch das Filtern von Wasser im Mittelpunkt. Dabei kam heraus, dass es neben Temperatur und Luftfeuchtigkeit weitere Einflussfaktoren wie mechanische Belastungen durch Luftströme gibt, die es zu beachten gilt, wenn man die Filtermedien aus biobasierten und bio-abbaubaren Vliesstoffen vergleichen möchte. „Der innovative Kern des Projekts bestand darin, die Möglichkeiten und Einsatzgrenzen von PLA-Vliesstoffen als Filtermedien mit ausreichenden mechanischen Eigenschaften und Langzeitstabilität zu bewerten“, erklärt Larisa Tsarkova, die Projektleiterin.
„Für uns ist die Bioökonomie ein branchenübergreifendes Top-Thema, das zahlreiche Institute der Zuse-Gemeinschaft verbindet und durch Kooperationen wie beim Bio-Filter gelebt wird“, ergänzt Heike Illing-Günther, Geschäftsführerin des STFI. An den Ergebnissen wollen die Forschenden weiterarbeiten. Ihr Ziel: weitere Einsatzfelder für die Filter aus Biokunststoff erproben. So sei aus ihrer Sicht die wasserabweisende Eigenschaft von PLA zum Beispiel interessant für Filter in Großküchen zur Wasser-Öl-Filtration oder auch in Industrien, die mit Motorölen arbeiten.
Biokunststoff wird aus Zucker gewonnen
PLA ist bereits Teil unseres Alltags – zum Beispiel wird es in Tragebeutel verarbeitet. Traditionell kennt man Milchsäure dagegen als Konservierungsmittel von Lebensmitteln. Sauerkraut wird unter Zugabe von Milchsäure beispielsweise länger haltbar. Heute lässt sich PLA über eine mehrstufige Synthese aus Zucker gewinnen, der zu Milchsäure fermentiert und dann zu PLA polymerisiert. Es gehört zu den bekanntesten Biokunststoffen. Ein Unternehmen aus den Niederlanden hat nun angekündigt, bis 2024 in Grandpuits, Frankreich, eine PLA-Anlage zu bauen. Ihre Jahreskapazität solle bei 100.000 Tonnen liegen. Es wäre die größte Anlage dieser Art in Europa. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat das Forschungsprojekt „BioFilter“ gefördert.
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