Medikamente 13.07.2023, 06:55 Uhr

Von Abfallprodukten zu Paracetamol: Neue Herstellungsmethode entwickelt

In Zukunft könnten gängige Medikamente wie Paracetamol und Ibuprofen aus Abfallprodukten der Papierindustrie gewonnen werden anstatt aus Erdöl.

Arzneimittel

Papierindustrie als potenzieller Lieferant für gängige Medikamente wie Paracetamol und Ibuprofen.

Foto: PantherMedia / ngaga35

Die Papierindustrie als zukünftiger Lieferant für die Pharmaindustrie? Klingt zunächst ungewöhnlich, oder? Doch in naher Zukunft könnte dies tatsächlich eine realistische Option sein, die die Produktion weit verbreiteter Schmerzmittel wie Paracetamol revolutioniert.

Ein Forschungsteam der Universität Bath hat Medienberichten zufolge einen innovativen Weg entdeckt, um zwei der weltweit am häufigsten verwendeten Schmerzmittel, Paracetamol und Ibuprofen, aus einer Verbindung herzustellen, die in Kiefern vorkommt. Diese Verbindung ist zugleich ein Abfallprodukt der Papierindustrie. Die Forschenden haben kürzlich ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „ChemSusChem“ veröffentlicht.

Ibuprofen wird zur Behandlung von Schmerzen unterschiedlicher Art eingesetzt. Paracetamol wird häufig bei leichten bis mäßigen Schmerzen eingesetzt, wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen. Beide Medikamente sind in vielen Ländern rezeptfrei erhältlich und gelten als sichere und wirksame Optionen zur kurzfristigen Linderung von Schmerzen und Fieber.

Kosteneinsparungen möglich

Bei der neuen Methode spielt  das Nebenprodukt namens Terpentin eine wichtige Rolle, ein Produkt, das bei der Papierherstellung anfällt. Das Harz von Kiefern und anderen Nadelhölzern, das zur Herstellung von festem Papier und Karton verwendet wird, enthält β-Pinen. Vor der eigentlichen Papierherstellung muss der Terpentin-Bestandteil aus den Kiefern extrahiert werden. In der Papierindustrie entsteht Terpentin als Nebenprodukt, und es fallen jährlich etwa 350.000 Tonnen an. Und genau diese Flüssigkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Herstellung von Arzneimitteln und hat einen unschätzbaren Wert.

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Durch die synthetische Herstellung von Terpentin könnte die gesamte Produktion weitaus nachhaltiger gestaltet werden.
Die neu entwickelte Methode hat noch einen weiteren Vorteil: Während die herkömmliche, ölbasierte Medikamentenproduktion chargenweise erfolgt, kann die Herstellung aus β-Pinen kontinuierlich erfolgen. Dies führt zu Kosteneinsparungen, obwohl die Kosten vorerst noch über denen des herkömmlichen Verfahrens liegen.

Biorefinery-Modell einsetzen

Bei der Herstellung von Arzneimitteln werden oft chemische Grundstoffe aus Erdöl verwendet, bzw. viele gängige Arzneimittel werden mithilfe chemischer Vorläufer aus Rohöl hergestellt. Das ist alles andere als nachhaltig.

„Die Verwendung von Öl zur Herstellung von Arzneimitteln ist nicht nachhaltig – es trägt nicht nur zu steigenden CO₂-Emissionen bei, sondern der Preis schwankt dramatisch, da wir stark von der geopolitischen Stabilität von Ländern mit großen Ölreserven abhängig sind, und es wird nur teurer werden“, kommentierte Dr. Josh Tibbetts, Forschungsmitarbeiter am Fachbereich Chemie der Universität.

„Anstatt mehr Öl aus dem Boden zu fördern, möchten wir dies in Zukunft durch ein ‚Biorefinery‘-Modell ersetzen“, sagte Dr. Josh Tibbetts. Dabei hofft sein Forschungsteam, dass dieser nachhaltigere „Biorefinery“-Ansatz den Bedarf an Erdölprodukten in der chemischen Industrie reduzieren oder sogar ersetzen kann.

Andere Anwendungsmöglichkeiten von Terpentin-basierten Vorläuferchemikalien

Die Forscher aus Bath sind überzeugt, dass Terpentin nicht nur ideal für die Produktion von Schmerzmitteln wie Paracetamol und Ibuprofen geeignet ist, sondern auch für Betablocker und das Asthma-Medikament Salbutamol. Denn: Aus terpentinbasierten Kiefernharzen haben sie eine Reihe anderer Vorläuferchemikalien synthesiert, darunter 4-HAP (4-Hydroxyacetophenon), eine Vorstufe von Medikamenten wie Betablockern und dem Asthma-Inhalationsmedikament Salbutamol.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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