Alles eine Frage des Stoffwechsels: Zitronensäure aus Schimmelpilzen
Ob im Badezimmer, im Keller oder bei Lebensmitteln – Schimmelpilze sind nicht unbedingt des Menschen bester Freund. Mit Hilfe von Biochemie lässt sich daraus jedoch Zitronensäure herstellen. Forschende der TU Wien wollen diesen Prozess ohne Gentechnik verbessern.
Zitronensäure ist ein wichtiger Inhaltsstoff für Lebensmittel, Kosmetik und Pharmazeutika. Auch wenn es der Name vermuten lässt, wird sie heute nicht mehr aus Zitronen gewonnen. Stattdessen setzt die Industrie auf den Schimmelpilz Aspergillus niger, der die Säure effizient produziert. Mit der richtigen biochemischen Umgebung und der Auswahl spezifischer Pilzstämme lässt sich dieser Prozess optimieren. Das neue Christian Doppler Labor an der TU Wien hat sich das Ziel gesetzt, die Effizienz und Nachhaltigkeit dieser Methode weiter zu verbessern, ohne dabei auf Genmanipulation zurückzugreifen.
Wie wandelt der Pilz Zucker in Zitronensäure um?
Gemeinsam mit dem Unternehmen Jungbunzlauer untersucht die TU Wien, wie Aspergillus niger unter optimalen Bedingungen zur Zitronensäureproduktion beitragen kann. Prof. Matthias Steiger, Leiter des Labors, erklärt: „Wir möchten verstehen, wie der Pilz Zucker in Zitronensäure umwandelt und welche genetischen Mechanismen dabei im Hintergrund wirken.“ Diese Einsicht erlaubt es, die produktivsten Pilzstämme für die industrielle Nutzung auszuwählen.
Anne Wagner, Vizepräsidentin für Forschung, Entwicklung und Innovation bei Jungbunzlauer, unterstreicht die Bedeutung dieser Forschung für die Nachhaltigkeit: „Durch die Zusammenarbeit mit der TU Wien möchten wir umweltschonende und ressourceneffiziente Produktionsprozesse fördern.“
Nicht jeder Schimmel eignet sich
Aspergillus niger ist vielen als „schwarzer Gießkannenschimmel“ bekannt, der im Alltag an feuchten Orten wie Badezimmern oder auf verderblichen Lebensmitteln auftaucht. Doch in der industriellen Produktion nutzt man nur speziell ausgewählte Stämme dieses Pilzes. Die Fähigkeit, große Mengen an Zitronensäure zu produzieren, wird bei einigen Stämmen gezielt gefördert.
„Nicht jeder Schimmel eignet sich“, erklärt Steiger. „Nur spezifische Varianten dieses Pilzes können unter Laborbedingungen effizient Zitronensäure erzeugen.“
Effizienzsteigerung durch Evolution
Ein besonderes Merkmal des Projekts an der TU Wien ist der Verzicht auf Gentechnik. Stattdessen wird daran gearbeitet, die Pilze durch gezielte Umweltanpassungen zu optimieren. „Wenn wir verstehen, wie sich der Stoffwechsel des Pilzes entwickelt, können wir einen evolutiven Druck erzeugen, der die besten Stämme hervorbringt“, erläutert Steiger. Dabei werden die Bedingungen im Labor so justiert, dass sich die Pilze anpassen und ihre Effizienz ohne direkte genetische Eingriffe steigern.
Neben genetischen Analysen kommen im CD-Labor auch hochentwickelte Messtechniken zum Einsatz. Diese ermöglichen es, biochemische Vorgänge während der Produktion genau zu überwachen. So kann der Pilzprozess genau kontrolliert und optimiert werden. „Unsere Arbeit wird die Zitronensäureproduktion spürbar verbessern“, sagt Steiger.
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