MIT entschlüsselt Blasenbildung auf Elektroden: Kommen nun bessere Elektrolyseure?
Neue Erkenntnisse zur Blasenbildung auf Elektroden könnten die Effizienz von Elektrolyseuren erheblich verbessern und den Energieverbrauch in der Industrie senken.
Elektrochemische Prozesse sind die Grundlage für eine Vielzahl industrieller Anwendungen, von der Wasserstofferzeugung bis zur Herstellung chemischer Verbindungen. Die Effizienz dieser Prozesse wird jedoch häufig durch die Bildung von Gasblasen auf den Elektrodenoberflächen beeinträchtigt.
Die Blasen blockieren Teile der Oberfläche und verringern so die für die Reaktion zur Verfügung stehende Fläche, was den Gesamtwirkungsgrad um bis zu 25 % reduzieren kann. Forschende des MIT haben die Blasenbildung auf Elektroden nun entschlüsselt. Die in einer Studie veröffentlichten Resultate könnten zu einer deutlichen Verbesserung des Designs von Elektroden und Elektrolyseuren führen.
Inhaltsverzeichnis
- Blasenbildung: Ein bisher missverstandenes Problem
- Neue Erkenntnisse zur Blaseninteraktion mit Elektroden
- Die Bedeutung der Blasenpassivierung für die Effizienz
- Entwicklung eines KI-basierten Blasenanalyse-Tools
- BECSA: Eine neue Metrik zur Bewertung der Blasenwirkung
- Potenzial für industrielle Anwendungen
Blasenbildung: Ein bisher missverstandenes Problem
In der industriellen Elektrochemie werden Elektroden häufig zur Herstellung von Kraftstoffen und chemischen Produkten verwendet. Dabei entstehen auf der Oberfläche der Elektroden Gasblasen, die den Prozess behindern, indem sie die aktive Fläche blockieren. Dies führt zu Ineffizienzen, die den Energieverbrauch erhöhen und die Produktivität der Verfahren verringern.
Lange Zeit wurde angenommen, dass der gesamte Bereich einer Elektrode, der von einer Blase bedeckt ist, inaktiv wird und somit nicht mehr zur elektrochemischen Reaktion beitragen kann. Die Blockierung führte nach bisherigen Schätzungen zu einem Effizienzverlust von 10 bis 25 %. Doch neue Forschungsergebnisse zeigen, dass dieses Verständnis unvollständig ist.
Neue Erkenntnisse zur Blaseninteraktion mit Elektroden
Eine Forschungsgruppe um Jack Lake, Simon Rufer und Kripa Varanasi vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat herausgefunden, dass nur der Bereich, in dem die Blase tatsächlich die Elektrodenoberfläche berührt, von der elektrochemischen Reaktion blockiert wird. Dies bedeutet, dass ein weitaus größerer Teil der unter der Blase liegenden Fläche aktiv bleibt, als bisher angenommen. Diese Entdeckung verändert das Verständnis des Blasenbildungsprozesses grundlegend und könnte zu weitreichenden Veränderungen in der Gestaltung von Elektroden führen.
„Unsere Arbeit zeigt, dass die Gestaltung des Kontakts und des Wachstums von Blasen auf Elektroden dramatische Auswirkungen darauf haben kann, wie sich Blasen bilden und wie sie die Oberfläche verlassen“, erklärt Professor Varanasi. Diese neue Erkenntnis eröffnet Möglichkeiten, das Design von Elektroden so anzupassen, dass der Kontaktbereich zwischen Blasen und Oberfläche minimiert wird, wodurch die Gesamteffizienz des Systems gesteigert werden kann.
Die Bedeutung der Blasenpassivierung für die Effizienz
Die Blockade durch Blasen kann in industriellen Prozessen wie der Wasserstoffproduktion, der Kohlenstoffabscheidung und der Aluminiumherstellung erhebliche Verluste verursachen. Beispielsweise macht der Chlor-Alkali-Prozess, der zur Herstellung von weit verbreiteten chemischen Produkten verwendet wird, etwa 2 % des gesamten Stromverbrauchs der USA aus.
Auch die Aluminiumproduktion verbraucht weltweit etwa 3 % der gesamten Strommenge. Die Reduzierung der Blaseninteraktion auf Elektroden könnte diese Prozesse deutlich effizienter machen, den Energieverbrauch senken und somit die Nachhaltigkeit fördern.
Durch die Optimierung der Elektrodenoberflächen könnte es laut Forschungsteam zudem gelingen, den Bedarf an teuren Katalysatormaterialien wie Platin oder Iridium zu senken, die häufig in diesen Prozessen verwendet werden. Das Ergebnis wäre eine signifikante Reduktion der Kosten, während gleichzeitig die Umweltbelastung minimiert wird.
Entwicklung eines KI-basierten Blasenanalyse-Tools
Um diese neuen Erkenntnisse in der Praxis nutzbar zu machen, hat das Forschungsteam ein Open-Source-Softwaretool entwickelt, das Ingenieuren und Wissenschaftlern hilft, Blasen auf Elektrodenoberflächen automatisch zu erkennen und zu analysieren. Dieses Tool, das auf maschinellem Lernen basiert und über die Plattform GitHub zugänglich ist, stellt einen wichtigen Schritt zur Optimierung der Elektrodenmaterialien dar.
„Wir wollten viele Daten sammeln und uns viele verschiedene Elektroden und Reaktionen ansehen“, erklärt Simon Rufer. „Die Erstellung eines Programms, das mit unterschiedlichen Materialien und Beleuchtungssituationen umgehen kann, war eine große Herausforderung.“ Mit diesem Tool können Forschende die Blasenbildung genau verfolgen und ihre Auswirkungen auf die Leistung der Elektroden präzise messen.
BECSA: Eine neue Metrik zur Bewertung der Blasenwirkung
Ein weiterer Durchbruch dieser Forschung ist die Entwicklung der BECSA-Metrik (Blaseninduzierte elektrochemisch aktive Oberfläche), die den Bereich quantifiziert, der trotz Blasenbildung elektrochemisch aktiv bleibt. Diese Metrik unterscheidet sich von der bisherigen ECSA (elektrochemisch aktive Oberfläche), da sie gezielt die Blasenpassivierung berücksichtigt. „Die BECSA-Metrik war ein Konzept, das wir in einer früheren Studie definiert haben“, sagt Varanasi. „Dank dieser Arbeit haben wir nun eine Methode, um die Effekte der Blasenbildung genau zu schätzen.“
Diese Metrik könnte in Zukunft als Standard verwendet werden, um die Effizienz von Elektrodenoberflächen zu bewerten und deren Design weiter zu optimieren.
Potenzial für industrielle Anwendungen
Laut dem Forschungsteam haben die Ergebnisse der Studie das Potenzial, in zahlreichen industriellen Anwendungen einen erheblichen Einfluss zu haben. Insbesondere in Prozessen, bei denen Gas entwickelt wird, wie bei der „grünen“ Wasserstoffproduktion ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe oder der Kohlenstoffabscheidung, könnte die Optimierung der Elektrodenoberflächen zu erheblichen Energieeinsparungen führen.
Varanasi fasst zusammen: „Die Erkenntnisse aus dieser Arbeit könnten neue Elektrodenarchitekturen inspirieren, die nicht nur den Verbrauch wertvoller Materialien reduzieren, sondern auch die Gesamtleistung des Elektrolyseurs verbessern.“ Diese Entwicklungen sind besonders relevant, da die Nachfrage nach effizienten und nachhaltigen Lösungen in der Energie- und Chemieindustrie stetig zunimmt.
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