Chemieparks schaffen Synergien und schonen die Umwelt
Wenn mehrere Unternehmen an einem Standort Dienstleistungen gemeinsam nutzen, hat das für die Umwelt viele positive Effekte. Das zeigte eine Euroforum-Tagung zu Chemie- und Industrieparks im März in Düsseldorf. Dieses Nachhaltigkeitskonzept spricht sich herum und macht etwa in Indien Schule.
„Mit dem Geschäftsmodell der Chemieparks treiben wir die nachhaltige Entwicklung der chemischen Industrie in Deutschland voran“, sagt Günter Hilken, Geschäftsführer von Currenta, dem Chemieparkbetreiber im Besitz von Bayer und Lanxess. „Investoren können sich dort auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, während wir die Dienstleistungen effizient und umweltverträglich erledigen.“
Parkbetreiber bieten Entsorgungsanlagen für Abfall und Abwasser, kümmern sich um Sicherheit, versorgen Unternehmen mit Strom und Dampf sowie mit der für Chemiefirmen typischen Infrastruktur mit Rohrleitungen, in denen Chemikalien zwischen Firmen hin- und hergeleitet werden. Hilken ist sicher, dass in Deutschland keine Firma mehr eine Anlage auf der grünen Wiese bauen wird.
Investitionen durch Synergien in Chemieparks deutlich attraktiver
Synergien in Chemieparks machen Investitionen dort wesentlich attraktiver. Zudem können Firmen in den Parks Stoffströme aufeinander abstimmen, meint Hilken. So stellt Bayer MaterialScience im Chempark Dormagen Isocyanate als Baustein für den Kunststoff Polyurethan her. Das Nebenprodukt Salzsäure wollen künftig zwei neu angesiedelte Firmen nutzen, um Chemikalien zur Wasserreinigung herzustellen.
Industrieparks seien zudem prinzipiell nachhaltig, ergänzt Roland Mohr. „Wo Infrastrukturen gemeinsam genutzt werden, werden auch Ressourcen gespart.“ Für den Geschäftsführer von Infraserv Höchst erhöht nachhaltiges Wirtschaften das Ansehen eines Industrieparks und verbessert die Wettbewerbsposition der Kunden. Mohr sieht die Verpflichtung langfristig erfolgreich zu sein, um ethische Werte und den Respekt vor Umwelt und Mensch vorantreiben zu können. So investiert Infraserv Höchst auch in sehr nachhaltige Projekte, die sich nicht innerhalb von zwei oder drei Jahren rechnen. Dazu zählten der Bau des Fitness- und Gesundheitszentrums für die Mitarbeiter im Industriepark, der Einsatz von Energiesparlampen in allen Gebäuden und der Bau neuer Parkplätze mit artgerechter Baumbepflanzung.
Chemieparks machen die gemeinsame Nutzung von Dienstleistungen leichter
Dass Unternehmen Dienstleistungen gemeinsam nutzen, beschränkt sich nicht auf Chemieparks. So werden im Hafen von Rotterdam angesiedelte Chemiebetriebe und Raffinerien seit 1971 über eine 20 km lange doppelt ausgelegte Ringleitung mit destilliertem Wasser und seit Januar 2010 über eine moderne Entmineralisierungsanlage der niederländischen Firma Evides-Industriewasser mit vollentsalztem Wasser versorgt.
„Keine Firma im Hafen braucht sich um eine eigene Wasserversorgung zu kümmern“, betont Mike Sijbrandij, Marketingchef der Firma. Zudem werde so die begrenzte Fläche im Hafen nicht für Aufbereitungsanlagen verbraucht.
Auch in Schwellenländern findet dieser Ansatz Anhänger. Etwa in Indien, weiß Katrin Gothmann, in der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zuständig für nachhaltige Industriestandorte. Dort besteht Handlungsdruck: Rund 530 Mio. Inder arbeiten zurzeit im produzierenden Gewerbe, 2025 sollen es 750 Mio. sein. Die Industrialisierung bringt Probleme mit sich. „Drastisch ist die Situation bei der Abwasserentsorgung“, so Gothmann. „Weniger als ein Zehntel aller industriellen Kläranlagen arbeitet vernünftig.“
Chemieparks in Indien: Bedürfnis für saubere Umwelt wächst
Doch die Einstellung ändert sich: „Bei Indern wächst das Bedürfnis nach sauberer Umwelt“, so Gothmann. Der Bundesstaat Andhra Pradesh ist Vorreiter. Er hat sich mit einer Nachhaltigkeitsstrategie an die Spitze in Sachen grüner Industrieentwicklung gesetzt. So ließ der staatliche Industrieparkbetreiber APIIC (Andhra Pradesh Industrial Infrastructure Corporation) mehr als 40 von 300 Industrieparks, die er betreibt, begrünen. Dort beleuchten solarbetriebene Straßenlampen die Wege, Abfälle werden gemeinsam entsorgt und die Abwassersituation verbessert sich.
Die GIZ hat durch Beratungen und Trainings das Umweltbewusstsein bei APIIC und den in den Parks ansässigen Unternehmern geschärft. Dabei tauchten unerwartete Schwierigkeiten auf, so Gothmann: „Für indische Firmen ist es ungewohnt, für Dienstleistungen wie Abfallentsorgung und Klärung von Abwässern viel Geld auszugeben.“
APIIC hat bereits 2,5 Mio. € investiert und plant von 2012 bis 2016 weitere 23 Mio. € für Umweltinfrastruktur. Eine Maßnahme zahlt sich bereits aus. Im Nacharam-Industriepark bei Hyderabad läuft dank neuer Abwässerkanäle und einer Regenwasserentsorgung die Produktion auch während des Monsuns weiter.
Die indische Regierung und manche Bundesstaaten unterstützten die Modernisierung alter und die Errichtung neuer Gewerbe- und Industrieparks. Die Industrievereinigung in Naroda, einem der ältesten Industriestandorte Indiens, hat jetzt selber die Vision eines modernen Industriepark entwickelt. Die GIZ hat dabei geholfen. Im Industriepark Naroda werden bald Wege und Freiflächen begrünt, Abfälle gesammelt und Abwässer gemeinsam geklärt.
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