Ein Lichtblick: Mit PFAS verunreinigtes Wasser lässt sich umweltschonend reinigen
Die „Ewigkeitschemikalie“ PFAS steckt in zahlreichen Alltagsgegenständen und gelangt dadurch unter anderem in unsere Gewässer. Nun ist es Forschenden des Fraunhofer IGB gelungen, die gesundheitsschädliche Chemikalie umweltschonend aus kontaminiertem Wasser zu entfernen.
In unserer heutigen Welt sind zahlreiche Umweltbelastungen durch menschliches Handeln entstanden. Besonders besorgniserregend ist die Verunreinigung mit der Ewigkeitschemikalie PFAS, die nicht nur unsere Böden und Gewässer betrifft, sondern sich auch in unserer Nahrungskette wiederfindet und gesundheitliche Risiken birgt. Die Entfernung dieser gefährlichen Chemikalie ist zwar möglich, aber ein aufwendiger Prozess, der zudem Sondermüll produziert. Jedoch gibt es gute Nachrichten: Forschenden am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ist es gelungen, PFAS aus kontaminiertem Wasser auf eine energieeffiziente und umweltschonende Weise zu entfernen.
PFAS in vielen Alltagsgegenständen enthalten
PFAS, auch bekannt als per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, sind eine Gruppe von über 10.000 Chemikalien, die in der Natur nicht vorkommen, sondern industriell hergestellt werden. Sie sind allerdings weit verbreitet und finden sich in vielen Alltagsgegenständen wieder. Ob in Zahnseide, Backpapier, Outdoorkleidung oder Lösch- und Pflanzenschutzmitteln – PFAS verleihen diesen Produkten wasser-, fett- und schmutzabweisende Eigenschaften, was auf den ersten Blick vorteilhaft erscheint.
Allerdings gibt es einen entscheidenden Nachteil: PFAS sind äußerst stabil und können weder durch Licht, Wasser noch Bakterien abgebaut werden. Dadurch bleiben sie in der Umwelt sehr lange erhalten und verbreiten sich ungewollt in Böden, Gewässern und Grundwasser. In Deutschland allein wurden sie bereits an tausenden Standorten nachgewiesen und sind somit auch in unserer Nahrungskette präsent. Dieses weitverbreitete Vorkommen von PFAS stellt eine Herausforderung dar, da diese Chemikalien als potenziell gesundheitsschädlich gelten.
So gefährlich sind die PFAS-Chemikalien
PFAS können schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fettleibigkeit, hormonelle Störungen und sogar Krebs werden mit dem Einsatz dieser Chemikalien in Verbindung gebracht. Neue Erkenntnisse, die von einem Forschungsteam des renommierten Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) gewonnen wurden, zeigen zudem, dass PFAS die Aktivität menschlicher Immunzellen herabsetzen können, was eine weitere besorgniserregende gesundheitliche Beeinträchtigung darstellt.
„Unsere Studie zeigt deutlich, dass PFAS die Aktivität von Immunzellen verringern“, sagt UFZ-Umweltimmunologin Dr. Gunda Herberth. „Ist eine Person stark mit PFAS belastet, wird sich das aller Wahrscheinlichkeit zufolge gesundheitlich bemerkbar machen, etwa durch eine höhere Infektanfälligkeit.“
„PFAS sind schwer bis kaum biologisch abbaubar – und das ist ein echtes Problem“, erläutert Herberth. „Sie reichern sich daher stetig in der Umwelt an, in Böden, in Flüssen und im Meer. Selbst in der Antarktis sind sie zu finden. Über Nahrungsmittel, Trinkwasser oder die Luft gelangen sie in den menschlichen Körper. Studien zeigen, dass nahezu bei allen Menschen rund um den Globus PFAS im Blut nachweisbar sind. Und man weiß noch nicht, was das langfristig für unsere Gesundheit bedeutet.“
Dank Forschungen der Kolleginnen und Kollegen des Fraunhofer IBS ist es demnächst hoffentlich möglich, ein Teil dieser Gefahren zu verringern.
PFAS lässt sich nur schwer aus der Umwelt entfernen
Es gibt theoretisch Möglichkeiten, PFAS aus der Umwelt zu entfernen, aber diese sind äußerst aufwendig und teuer. Beispielsweise werden PFAS bei einer Filterung durch Aktivkohle zwar gebunden, aber nicht vollständig beseitigt, was zur Entsorgung oder Lagerung der Rückstände als Sondermüll führt. Dies stellt ein gravierendes Umweltproblem dar, dessen Lösung dringend erforderlich ist.
Aus diesem Grund haben sich Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart und ihr Industriepartner HYDR.O. aus Aachen im Jahr 2021 im Verbundprojekt AtWaPlas (für: Atmosphären-Wasserplasma-Behandlung) zusammengeschlossen, um ein effizientes und kostengünstiges Verfahren zur weitgehenden Beseitigung dieser toxischen Substanzen zu entwickeln. Die Forschungsarbeiten wurden dabei vom IGB durchgeführt, während die Wasserproben vom Projektpartner stammten, der unter anderem auf Altlastensanierung spezialisiert ist.
Mit Erfolg: Bereits nach einer Projektlaufzeit von nur zwei Jahren gelang es den Forschenden um Dr. Georg Umlauf, einem Experten für funktionale Oberflächen und Materialien, ein Verfahren zu erarbeiten, das auf dem Einsatz von Plasma basiert. Mit diesem Verfahren können die Molekülketten der PFAS abgebaut werden, und zwar bis zur vollständigen Mineralisierung dieser umweltgefährdenden Substanzen.
Mit Plasma lassen sich die Molekülketten der PFAS-Chemikalien zerstören
Plasma war die entscheidende Komponente, um die Molekülketten der PFAS zu zerstören. Dabei handelt es sich um ein ionisiertes und somit elektrisch äußerst aktives Gas. Die Forschenden erzeugten das Plasma durch Anlegen einer Hochspannung in einem zylinderförmigen, kombinierten Glas-Edelstahlzylinder. Anschließend wird das kontaminierte Wasser zur Reinigung durch den Reaktor geleitet. In der Plasmaatmosphäre werden die PFAS-Molekülketten aufgebrochen und damit verkürzt. Der Vorgang in dem geschlossenen Kreislauf wird mehrere Male wiederholt, dabei jedes Mal die Molekülketten um ein weiteres Stück verkürzt, so lange, bis sie vollständig abgebaut sind.
Gestartet wurden die Forschungsarbeiten in einem kleinen Laborreaktor mit einem Probenvolumen von einem halben Liter. „Diesen konnten wir relativ schnell durch einen 5-Liter-Pilotreaktor ersetzen und im größeren Maßstab experimentieren“, berichtet Umlauf. „Der nächste Schritt wäre nun ein noch größerer Wassertank − sicher auch machbar.“
Die Gifte ließen sich nach wenigen Stunden im Reaktor abbauen
Bei ihren Tests verwendete das Forschungsteam kein Leitungswasser, dem sie PFAS zusetzten, sondern echte Wasserproben, sogenannte Realproben: „Das Wasser stammt aus PFAS-kontaminierten Gebieten und ist eine wilde Mischung aus verschiedensten Partikeln wie Schwebstoffen und organischen Trübungen“, sagt Umlauf.
„Für den Reinigungsvorgang kein Problem, wie unsere Versuche ergaben: Bereits nach zwei Stunden, in denen die Grundwasserproben durch den Reaktor gepumpt worden waren, konnten wir einen nennenswerten Abbau der Kohlenstoffkettenlänge beobachten; nach sechs Stunden war die PFAS-Konzentration deutlich verringert, also ein Großteil der Chemikalien aus der Probe entfernt. Dies deckt sich mit Vermutungen, die bereits vor einiger Zeit in der Literatur geäußert wurden. Das heißt, wir konnten nachweisen, dass die Praxis mit der Theorie übereinstimmt.“
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