Grüne Kunststoffe aus Wien: Statt Gift nur heißes Wasser
Die TU Wien hat ein neues Verfahren entwickelt, um die Produktion von Kunststoffen umweltfreundlicher zu machen. Wasser spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Täglich verwenden wir Materialien, die nicht nachhaltig sind. Manche schaden Tieren und Pflanzen, andere beinhalten seltene Elemente, die den Schwund unserer Ressourcen beschleunigen. Die neuen Super-Kunststoffe sollen grüner hergestellt werden. Die TU Wien forscht auf diesem Gebiet.
Organische Kunststoffe sind selbst nicht umweltschädlich. Fossile Brennstoffe, Kunststoffe, Farben und Klebstoffe basieren zum Beispiel auf organischen Molekülen. Kunststoffe werden zu Fasern, Folien und anderen Verpackungsmaterialien verarbeitet – und bei diesem Herstellungsprozess kommen obwohl sie organisch sind trotzdem giftige Substanzen zum Einsatz. Geht das auch anders?
Ja, das geht. Die Forscher aus Wien setzen die Hoffnung auf diverse Materialeigenschaften, die sich durch neue organische Moleküle entwickeln lassen. Dieses Hochleistungsmaterial besteht meistens aus Kohlenstoff, Wasserstoff oder Sauerstoff. Ob es auch das Potenzial hat, unser weltweites Ressourcenproblem zu lösen, wird sich noch zeigen. Die Forschungsgruppe für organische Hochleistungsmaterialen an der TU Wien arbeitet daran.
Statt giftiger Zusatzstoffe nur heißes Wasser verwenden
Die Forschungsgruppe wird geleitet von Miriam Unterlass. Sie ist Professorin an der Fakultät für technische Chemie an der TU. Bei der neuen Herstellungsmethode von Kunststoff wird statt giftiger Zusatzstoffe nur heißes Wasser benutzt. In der Forschung gelang nun ein Durchbruch: Durch das Verfahren konnten zwei neue Polymerklassen erzeugt werden. Ein bedeutender Schritt zur industriellen Anwendung des Verfahrens.
Grüne Chemie
„Wir forschen an sogenannten hydrothermalen Syntheseverfahren“, sagt Miriam Unterlass. „Dabei arbeiten wir bei hohem Druck und hoher Temperatur, in der Größenordnung von 17 bar und 200° C. Wie sich zeigt, kann man bei solchen Extrembedingungen auf giftige Lösungsmittel verzichten, die man sonst für die Herstellung dieser Polymere benötigen würde.“ Solche Methoden nennen sich “Grüne Chemie”. Nicht nur die Endprodukte, sondern auch die Syntheseverfahren in der chemischen Industrie lassen sich umweltschonender gestalten.
Bereits vor ein paar Jahren erzielte Miriam Unterlass mit dieser Technik Erfolge. „Es gelang uns beispielsweise organische Farbstoffe herzustellen, oder auch Polyimide – Kunststoffe, die aus der Luftfahrt- und aus der Elektronik-Industrie nicht wegzudenken sind. Das sorgte auch gleich für großes Interesse seitens der Industrie“, sagt Unterlass. „Doch nun sind wir einen wichtigen Schritt weitergegangen: Wir konnten verschiedene Polymer-Beispiele aus zwei hochinteressanten Kunststoffklassen synthetisieren – Polybenzimidazole und Pyrronpolymere.“
Super-Kunststoffe ganz neu herstellen
Polybenzimidazole verwendet man heute beispielsweise als Membranen in Brennstoffzellen. Das ist auch für die Autoindustrie spannend, die an langlebigen Antriebssystemen für Elektroautos interessiert ist. Bei hohen Temperaturen sind Polybenzimidazole säurebeständig und leiten Protonen. Polybenzimidazolfasern finden sich zum Beispiel in feuerfester Kleidung wie etwa den Schutzanzügen von Feuerwehrleuten. „Daran sieht man schon, dass es sich um richtige Super-Kunststoffe handelt“, meint Unterlass.
Pyrronpolymere hingegen haben neben ihrer guten Stabilität auch noch besonders wichtige elektronische Eigenschaften. Daher eignen sie sich zur Anwendung als hochbeständiges Elektrodenmaterial in Batterien.„Dass sich diese Polymere mit Hilfe unseres hydrothermalen Verfahrens herstellen lassen, ist bemerkenswert, weil die chemische Reaktionen zur Herstellung dieser Kunststoffe unter Normalbedingungen empfindlich gegenüber Wasser sind“ , sagt Miriam Unterlass. „Das zeigt, wie vielversprechend unsere Methode ist, für ganz unterschiedliche Einsatzbereiche.“
Patente für Herstellung neuer Materialklassen
Die innovative Herstellungsmethode für die beiden neuen Materialklassen wurde bereits patentiert. Die elektrochemische Analyse der Produkte wurde in Kooperation mit dem Imperial College in London durchgeführt.
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