Kraftstoff aus Kohlendioxid (CO2): Die vergessene Ressource
Die Kraftstoffpreise sind auf Klettertour. Welche Möglichkeiten der Kraftstoffgewinnung aus alternativen Rohstoffquellen genutzt werden könnten, diskutierten deshalb Experten kürzlich auf einer automobil- und motortechnischen Fachtagung in Wolfsburg.
Auf der Suche nach der perfekten Energiekette für den Antrieb von morgen lag ein Schwerpunkt der 7. MTZ-Fachtagung am 24. und 25. Januar in Wolfsburg bei den Kraftstoffen. Denn die Weiterentwicklung von bestehenden Kraftstoffen sowie die Erschließung alternativer Energieträger können einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, wie Johannes Liebl, wissenschaftlicher Leiter der Tagung und Herausgeber ATZ/MTZ erklärte.
Gleich zweifach könnte sich dabei ein Vorschlag von Wolfgang Maus, Vorsitzender des Katalysatorherstellers Emitec, Lohmar, als nützlich erweisen, Kohlendioxid (CO2) künftig als Rohstoff für die Kraftstoffproduktion einzusetzen. Wird CO2 mithilfe von Wasserstoff ein Sauerstoffatom entzogen, entsteht CO, das zusammen mit Wasserstoff als Synthesegas über katalytische Prozesse zu flüssigen Kohlenwasserstoffen veredelt werden kann. So könnte z. B. mit der Fischer-Tropsch-Endstufe ein hochwertiger Dieselkraftstoff hergestellt werden, der dem GTL-Kraftstoff (Gas-to-Liquid) gleichwertig ist.
Kraftstoff Diesel nimmt wichtigen Stellenwert im Transport- und PKW-Sektor ein
Der Dieseleinsatz ist für den gesamten Transport- und PKW-Sektor, unzählige Arbeitsmaschinen, vom Traktor des Landwirts bis zum Schiffsantrieb wichtig. Darüber hinaus war nahezu die Hälfte der im vergangenen Jahr in Deutschland neu zugelassenen Personenwagen mit Dieselmotoren ausgerüstet. Hinzu kommt das leichte Heizöl auf der gleichen Basis. Allein in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres waren in Deutschland 16,4 Mio. t Benzin, aber 27,2 Mio. t Dieselkraftstoff abgesetzt worden.
Zur Nutzung von CO2 wurde bereits 1906 die „Homogene Wassergasreaktion“ zum Patent angemeldet, um beim Verkoken von Kohle ein Brenngas (Stadtgas) zu erzeugen. Auf dieser Basis weiterentwickelte Verfahren werden in der Chemie vielfältig genutzt. BASF und Bayer gingen in jüngerer Zeit sogar dazu über, CO2 für die Kunststoffherstellung aufzubereiten, um Erdöl einzusparen. Die hier benötigten Mengen sind jedoch relativ gering. Erst die Verwendung von CO2 für Kraftstoffe verspricht die Umwandlung in großem Stil. Maus hatte das Verfahren durchrechnen lassen und erhielt einen Kraftstoffherstellungspreis zwischen 0,6 €/l und 0,7 €/l.
CO2 aus Kohlekraftwerken könnte 70 % des Kraftstoffverbrauchs abdecken
Der Wirkungsgrad bei konventionellen Kohlekraftwerken beträgt etwa 62 %. Er lässt sich durch Anwendung des Oxyfuel-Verfahrens – Verbrennung der Kohle mit reinem Sauerstoff, der bei der Wasserstoffherstellung anfällt – auf 66 % steigern. Während mit dem CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) der Kraftwerkswirkungsgrad um etwa 22 % sinkt, steigt er sogar um einige Prozent, wenn aus dem CO2 der Rauchgase Kraftstoff hergestellt wird. Würden alle Kohlekraftwerke (Stand 2008) in Deutschland ihr CO2 in Kraftstoff verwandeln, könnten sie damit rund 70 % des heimischen Kraftstoffverbrauchs decken. Wie viel 1 l Kraftstoff aus CO2 tatsächlich kosten wird, könne nur der Versuch zeigen. Hier waren auf der MTZ-Tagung die Betreiber der Kohlekraftwerke aufgerufen, das Verfahren zunächst in kleinem Maßstab zu erproben, bevor es zur ersten Großanlage kommt.
Synthetischer Kraftstoff aus CO2 gehört zur XTL-Gruppe, deren Basis Biomasse, Restmüll, Kohle, Erdgas und zahlreiche anderen organische Substanzen bilden können. Da die Endstufe der Verfahren stets aus der Fischer-Tropsch- Synthese besteht, ergibt sich ein einheitlicher, hochwertiger Kraftstoff ohne hochsiedende Aromaten und ohne Schwefel. Die Formulierung dieses Dieselkraftstoffs wurde von Choren, Mercedes, Shell und VW gemeinsam erarbeitet und im Motorenversuch dem Diesel optimal angepasst. Gegenüber Erdöldiesel sinkt der Anteil von CO, HC und Partikeln im Abgas beträchtlich, nur Stickoxid wird nicht reduziert.
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