Maschinelles Lernen zieht in die Chemiebranche ein
Die Digitalisierung stellt die Chemieindustrie vor neue Herausforderungen, schafft allerdings auch neue Chancen. Das haben auch BASF und die Technische Universität Berlin erkannt und kooperieren beim Thema “künstliche Intelligenz”. Maschinelles Lernen steht im Fokus der Zusammenarbeit.
Immer mehr Chemieunternehmen setzen auf digitale Technologien wie vernetzte Maschinen, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Der deutsche Chemiekonzern BASF, einer der umsatzstärksten Chemiekonzerne der Welt, hat sich für den Einsatz neuer Technologien einen Partner ins Boot geholt: die TU Berlin. Die enge Zusammenarbeit bezieht sich auf den Bereich “maschinelles Lernen”. Unter dem Bündnis “Berlin based Joint Lab for Machine Learning”, kurz Baslearn, sollen grundlegende chemische Fragestellungen aus der Prozesschemie beleuchtet und neue mathematische Modelle und Algorithmen entwickelt werden. Die Basf unterstützt in den nächsten 5 Jahren die Forschungsarbeiten von Klaus-Robert Müller, Professor für maschinelles Lernen an der TU Berlin. Von den Forschungsergebnissen profitiert der Chemiekonzern aus erster Hand. Eine klassische Win-Win-Situation.
Intelligente Datennutzung in der Chemie
Die Chemieindustrie ist eine sehr forschungs- und damit kostenintensive Branche. Für das Produktionsumfeld wird es jedoch immer wichtiger, Automatisierungsgrade einzuführen. Dafür eignet sich maschinelles Lernen, ein Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Maschinelles Lernen – oder auch oft als Machine Learning bezeichnet – ist die Fähigkeit von Computern, aus Daten zu lernen. Anhand von Eingabe- und Ausgabewerten kann das System trainiert werden. Einmal gelernt, kann das KI-System die gewünschten Werte automatisiert ermitteln. Daten können Messgrößen, Absatzzahlen oder Texte, Bilder, Sprache und Videos sein.
Störfall-Gefahr: „Risiken an allen Ecken in Deutschland“
Die chemische Industrie hat es mit vielfältigen Datensätzen zu tun. Die Produktionsqualität muss stetig überwacht und idealerweise verbessert werden – vor allem in der Spezial- und Feinchemie. Maschinelles Lernen kann Verfahrensingenieure unterstützen und aus den Datensätzen die besten Ergebnisse ermitteln.
Basf hat bereits Anwendungsbereiche mit maschinellem Lernen optimiert. Klassische Büroprozesse wurden durch KI-Systeme beschleunigt; manuelle Eingriffe deutlich reduziert. So bleibt mehr Zeit für das Kerngeschäft. Der Chemiekonzern mit Sitz in Ludwigshafen am Rhein konnte im Bereich der Zuordnung von Rechnungen die automatische Zuordnungsrate von 70 % auf 94 % steigern. Das lernende System hat aus alten Rechnungen eine Historie gebildet und mit manuellen Forderungen abgeglichen.
Das Ziel des maschinellen Lernens ist es, durch Analysen enormer Datensätze Muster zu erkennen und Vorhersagen zu entwickeln. „Letztendlich ähneln die mathematischen Modelle dieser Alltagsbeispiele denen, die im digitalisierten Labor notwendig sind“, erklärt Hergen Schultze, Leiter der Forschungsgruppe Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz bei Basf.
Baslearn will neue Basis des maschinellen Lernens schaffen
Die Kooperation zwischen Basf und der TU Berlin soll für neue Grundlagen des maschinellen Lernens in der Forschung sorgen. Die Expertise sei dafür an der TU schon vorhanden. Die Wissenschaftler in Berlin erhalten durch den realen Einsatz mit Basf hochkomplexe Daten, die sie zu neuen Algorithmen entwickeln können. Die Praxisnähe schafft Modelle, die sich an den Herausforderungen und Wünschen der Chemieindustrie orientieren. Die Anwendungsbereiche sind hier vielfältig und reichen von biologischen Systemen über Materialforschung bis hin zur Laborautomatisierung. Ein konkretes Beispiel des Projekts Baslearn ist, die Löslichkeit von komplexen Farben sowie Alterungsprozessen von Katalysatoren zu bestimmen. Zudem erhoffen sich Basf und die TU Berlin, dass zukünftig Roboter den Umgang mit Gefahrenstoffen übernehmen können, darunter falle die Reaktorreinigung.
Basf arbeitet darüber hinaus mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Stanford University an KI-Projekten zusammen.
An der Glasgow University gibt es bereits einen automatisierten Chemieroboter, der ohne menschliche Unterstützung autonom chemische Experimente durchführen kann. Die Chemiker in Glasgow haben dazu einen Laborroboter mit einem KI-System ausgestattet, das aus Beispielen lernt und daraus Einschätzungen anwenden kann.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Chemieunternehmen und der Hochschule lassen also auf viele digitale Neuerungen hoffen. Ingenieur.de informiert Sie hier, sobald es weitere Entwicklungen gibt.
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