Grüne Metallfresser: Pflanzen als Goldgräber und Bodenreiniger
Spezielle Pflanzen können Metalle wie ein Staubsauger aus dem Boden fischen. Forschende entwickeln derzeit Verfahren, wie damit kontaminierte Böden gereinigt oder Metalle wie Gold, Nickel oder Platin gewonnen werden können.
Metalle in Zukunft nicht mehr aus dem Boden gewinnen, sondern einfach aus Pflanzen ernten und zusätzlich noch kontaminierte Böden säubern? Hört sich ziemlich abwegig an, ist jedoch künftig durchaus möglich. Der Forscherin Claude Grison ist es mit Hilfe von Pflanzen gelungen, Schwermetalle aus verunreinigten Böden zu extrahieren und anschließend so aufzubereiten, dass sie als Ökokatalysatoren zur Herstellung neuer Moleküle eingesetzt werden können. Das Verfahren wurde 2022 mit dem renommierten europäischen Erfinderpreis ausgezeichnet. Darüber hinaus laufen zahlreiche Forschungen und Untersuchen, wie sich Metalle mit Hilfe der Pflanzen aus dem Boden holen lassen.
Schwermetalle im Boden
Schwermetalle sind häufig bereits auf natürliche Weise im Boden enthalten, sie können aber auch mit Hilfe von Schlacke oder Bauabfällen dorthin gelangen. Auch ist der Boden bei alten Industriegeländen häufig schwermetallbelastet. Insbesondere ein hoher Blei- und Cadmiumgehalt kann gefährlich für Kinder werden, wenn der Boden auf Spielplätzen oder Kleingärten damit kontaminiert ist. Eine orale Aufnahme ist nicht immer zu verhindern. Problematisch kann es zudem werden, wenn die Schwermetallverbindungen in das Grundwasser gelangen.
Da die Schwermetalle im Boden nicht abgebaut werden, ist bislang allenfalls ein Bodenaustausch möglich. Aber wohin mit dem alten Boden? Letztlich bleibt es lediglich bei einer Umverteilung im Ökosystem, die Belastung lässt sich nur lokal vermindern. Dafür wird sie an anderer Stelle mehr. Die von der Forscherin Claude Grison entwickelte Technologie soll das ändern. Bestimmte Pflanzenfamilien können Schwermetalle wie Zink und Nickel in beträchtlicher Konzentration anreichern und so aus dem Boden entfernen.
So funktioniert das Verfahren
Wie bereits geschrieben, sind manche Pflanzen in der Lage, Metalle aus dem Boden zu „saugen“ und in ihrem Blattwerk zu speichern. In der Fachwelt werden diese Pflanzen als Hyperakkumulatoren bezeichnet. Das Wissen darüber ist gar nicht so neu, bereits seit über 40 Jahren ist bekannt, dass manche Pflanzen wie zum Beispiel Gebirgs-Hellerkraut, Hallersche Schaumkresse oder Steinkraut dazu in der Lage sind.
Die Chemikerin Claude Grison und ihr Team haben dieses Wissen in dem preisgekrönten Verfahren lediglich weitergedacht. Die bisher als Sondermüll deklarierten Hyperakkumulatoren, die im Anschluss an die Dekontaminierung kostenpflichtig entsorgt werden mussten, stehen nun als Rohstoffe für die chemische Industrie zur Verfügung und sind somit kommerziell nutzbar.
Und das funktioniert so: Nach der Ernte werden die Pflanzenteile erhitzt, um alle organischen Anteile zu entfernen. Es bleibt Asche zurück, in der die giftigen Stoffe als Metallsalze vorliegen. Diese lassen sich zu Katalysatoren für chemische Reaktionen aufbereiten. Diese so gewonnenen Ökokatalysatoren konnten bereits für die Synthese von etwa 5.000 verschiedenen Molekülen erfolgreich eingesetzt werden.
Lassen sich mit den Pflanzen in Zukunft Metalle produzieren?
Wie bereits geschrieben, ist es schon viele Jahre bekannt, dass manche Pflanzen Metalle anreichern können. Ein Verfahren zur Metallgewinnung, dem sogenannten Phytomining, haben vor etwa 40 Jahren der britische Botaniker Alan Baker und der amerikanische Agrarwissenschaftler Rufus Chaney entwickelt. Da die beiden Forscher keine Forschungsgelder von Universitäten bekamen, lag die Technik jedoch lange auf Eis. Dann fand sich doch ein Investor, an den die Patente gingen, allerdings konnte aus diesem Grund rund 20 Jahre nicht mehr geforscht werden. 2015 lief das Patent aus, seitdem gelangt wieder Bewegung in das Thema.
Die Biologin Ute Krämer der Ruhr-Universität Bochum sieht in den Metallfressern großes Potenzial:
„Diese Pflanzen können das Hundertfache dessen aufnehmen, was normalerweise an Metallen in anderen Pflanzen gefunden werden kann. Sie haben also ein gewaltiges Aufnahmevermögen für Metalle. Wir haben darin nicht nur eine biologische Kuriosität gesehen, sondern ein Material, das in der Zukunft von großer praktischer und technologischer Bedeutung sein könnte und das hat sich tatsächlich als wahr erwiesen“, sagte Krämer dem Deutschlandfunk.
Insgesamt sind mittlerweile 500 Pflanzenarten bekannt, die zum Phytomining geeignet wären. In der Forschung geht es nun darum, Pflanzen zu finden, die ganz spezielle Metalle anreichern können. Edelmetalle wie Gold oder Platin zum Beispiel oder auch Nickel. In Freiberg bei Dresden wird bereits Germanium mittels Phytomining angereichert. Für die Pflanze hat das den Vorteil, dass sie durch die giftigen Inhaltsstoffe gut vor Fressfeinden geschützt ist. Außerdem wachsen die Hyperakkumulatoren dort, wo keine andere Pflanzen wachsen mögen. Ist der Boden gereinigt, sieht das wieder anders aus.
Wie sieht die Zukunft von Phytomining aus?
Generell wird von Seiten der Wissenschaft dem Phytomining eine große Zukunft vorhergesagt. Da Forschung nun wieder möglich ist, sollten weitere Ergebnisse womöglich eher früher als spät zu beobachten sein. Schön wäre es jedenfalls, wenn wir künftig Mülldeponien und ehemalige Industriestandorte mithilfe der Superpflanzen in großem Stil reinigen können. Wenn dann noch eine umweltfreundliche und profitable Alternative zum Bergbau vorhanden ist – umso besser.
Der Bergbau ist für einen Großteil der globalen Treibhausemissionen verantwortlich. Zudem werden für die Ressourcengewinnung Lebensräume zerstört, von fragwürdigen Arbeitsbedingungen in den Ländern mit den größten Erzvorkommen ganz zu schweigen. Oft geht es sogar mit Kinderarbeit einher. Es wäre daher ein echter Segen, wenn einige unscheinbare Pflanzen diese Arbeit in Zukunft übernehmen können.
In Modellversuchen wurden schon bis zu 150 Kilogramm Nickel pro Hektar und Jahr gewonnen. Das Metall spielt zum Beispiel eine wesentliche Rolle bei der Herstellung von Akkus für E-Autos. Der Bedarf an Nickel wächst jährlich, waren es 2018 noch etwa 60.000 Tonnen, sollen es nach aktuellen Schätzungen bis zum Jahr 2025 bis zu 600.000 Tonnen sein. Warum es bislang bei Modellversuchen geblieben ist? Zunächst braucht solch ein Verfahren viel Zeit, solche Plantagen benötigen mehrere Jahre, um profitabel zu sein. Zudem stehen der Industrie aktuell noch genügend Rohstoffe aus herkömmlichen Abbau zur Verfügung.
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