Neuer Ansatz: Solarenergie speichern mit molekularen Lichtschaltern
Gibt es bald eine neue Möglichkeit, Sonnenenergie zu speichern? Forschende haben untersucht, wie sich die Energie der Sonne in lichtempfindlichen Materialien speichern und bei Bedarf wieder freisetzen lässt. Solche molekularen Lichtschalter könnten die solare Energiegewinnung auf eine neue Grundlage stellen.
Molekulare Schalter, die sowohl Energie umwandeln als auch speichern können, haben das Potenzial, die solare Energieerzeugung zu revolutionieren. Ein Forscherteam hat einen theoretischen Ansatz entwickelt, um aus einer riesigen Datenbank von mehr als 400.000 chemischen Molekülen die ideale Struktur für eine effiziente Speicherung von Solarenergie zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift Angewandte Chemie veröffentlicht.
Was bedeutet molekularer Schalter?
Ein molekularer Schalter ist ein spezielles Molekül, das seine elektronischen Zustände reversibel ändern kann, oft in Abhängigkeit von verschiedenen Umweltfaktoren. Diese Zustandsänderungen können durch Veränderungen des pH-Werts, der Lichteinstrahlung, der Temperatur, des elektrischen Stroms oder durch die Anwesenheit bestimmter chemischer Verbindungen (Liganden) ausgelöst werden. Manchmal ist sogar eine Kombination mehrerer dieser Faktoren erforderlich, um den Schaltvorgang auszulösen.
Synthetische molekulare Schalter sind vor allem in der Nanotechnologie von wachsendem Interesse, da sie potenzielle Anwendungen in molekularen Computern bieten könnten. Darüber hinaus spielen molekulare Schalter auch in biologischen Systemen eine wichtige Rolle. Sie sind an vielen biologischen Funktionen beteiligt, zum Beispiel an der optischen Wahrnehmung durch das Auge. Im Grunde stellen sie die einfachste Form molekularer Maschinen dar. Bald könnte es auch molekulare Lichtschalter geben, die Sonnenenergie speichern und bei Bedarf wieder freigeben.
Neue Art der Solarenergiespeicherung
Derzeit wird Sonnenenergie hauptsächlich in zwei Formen genutzt: entweder wird direkt Strom erzeugt oder wir nutzen die Energie von Wärmespeichern. Ein innovativer dritter Ansatz könnte jedoch darin bestehen, die Sonnenenergie zunächst in lichtempfindlichen Materialien zu speichern und später bei Bedarf wieder freizusetzen.
Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts MOST („Molecular Solar Thermal Energy Storage“) werden spezielle Moleküle untersucht, die als „molekulare Lichtschalter“ fungieren. Diese Moleküle haben die Fähigkeit, Sonnenenergie effizient einzufangen und über längere Zeiträume als Wärmeenergie zu speichern. Dieser Ansatz könnte den Weg für eine emissionsfreie Speicherung von Solarenergie bei Raumtemperatur ebnen.
Schwierige Suche nach den richtigen Molekülen
Welche Moleküle sich besonders gut als molekulare Lichtschalter eignen, wurde kürzlich von Forscherteams um Kurt V. Mikkelsen von der Universität Kopenhagen und Kasper Moth-Poulsen von der Polytechnischen Universität Katalonien in Barcelona eingehend untersucht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konzentrierten sich dabei auf eine Klasse von Molekülen, die so genannten bizyklischen Diene. Diese Moleküle können bei Lichteinfall in einen gespannten, energiereichen Zustand übergehen.
Allerdings ist diese Molekülklasse gar nicht so selten. Das bekannteste Beispiel ist das Norbornadien-Quadricyclan. Das Forscherteam berichtet, dass der von ihnen untersuchte chemische Raum aus etwa 466.000 solcher bizyklischer Diene besteht. Diese Vielzahl von Molekülen wurde auf ihre potenzielle Anwendbarkeit in der MOST-Technologie zur Speicherung von Solarenergie untersucht.
Eigens entwickelter Algorithmus half bei der Suche
In der heutigen Forschung wird die Analyse umfangreicher Datenbanken oft durch maschinelles Lernen erleichtert. Allerdings setzt diese Methode eine ausreichende Menge an Trainingsdaten voraus, die in diesem speziellen Fall noch nicht verfügbar waren. Daher entwickelten die Forscher einen speziellen Algorithmus sowie eine neue Metrik namens „Eta“, um die Eigenschaften der Moleküle in der Datenbank systematisch zu bewerten.
Das Ergebnis war eindeutig: Die sechs leistungsfähigsten Moleküle wiesen eine spezifische Strukturveränderung im Vergleich zum ursprünglich untersuchten Norbornadien-Quadricyclan auf. Diese Modifikation – eine Erweiterung der molekularen Brücke zwischen den beiden Kohlenstoffringen im bizyklischen Molekül – ermöglichte es den neuen Molekülen, offenbar mehr Energie zu speichern als das ursprüngliche Norbornadien.
Noch fehlt der Praxisnachweis
Die Forschungsarbeit hat wichtige Wege zur Optimierung von Speichermolekülen für Solarenergie aufgezeigt. Es bleibt jedoch die Herausforderung, diese neu identifizierten Moleküle zu synthetisieren und in praktischen Anwendungen zu testen. Wie die Autorinnen und Autoren anmerken, gibt es keine Garantie, dass diese Moleküle in den jeweiligen Lösungsmitteln löslich sind oder dass sie sich im Licht mit der erwarteten hohen Ausbeute in den energiereichen Zustand versetzen lassen, wie es die neue Metrik „Eta“ nahelegt.
Ein wichtiger Fortschritt der Studie ist nach Meinung des Forschungsteams allerdings die Erstellung eines umfangreichen Trainingsdatensatzes für maschinelles Lernen. Dieser große Datensatz bizyklischer Diene bietet eine solide Grundlage für die weitere Suche nach idealen Kandidaten für spezifische Anwendungen von molekularen Lichtschaltern, blicken die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Zukunft.
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