PFAS: Müllverbrennung weniger schädlich als gedacht
Gemeinsam mit internationalen Partnern hat das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die Verbrennung von Fluorpolymeren, einer Untergruppe der PFAS, untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unter bestimmten Bedingungen diese Verbindungen nahezu vollständig abgebaut werden können.
PFAS steht für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Dabei handelt es sich um synthetische Chemikalien, die bereits seit den 1940er-Jahren hergestellt werden. Zu dieser Gruppe gehören mehr als 10.000 verschiedene Stoffe. Betrachtet man sie rein chemisch, sind es organische Verbindungen aus ganz unterschiedlich langen Kohlenstoffketten, bei denen die Wasserstoffatome komplett oder teilweise durch Fluoratome ersetzt wurden. Das hat den Vorteil, das PFAS ganz unterschiedliche Eigenschaften aufweisen: Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch sehr stabil. Aufgrund dieser Eigenschaften kommen sie in zahlreichen Produkten zum Einsatz – von beschichteten Pfannen über Backpapier und Coffee-to-go-Bechern bis hin zu Medizinprodukten.
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PFAS haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Sie sind in der Umwelt nahezu nicht abbaubar, weshalb sie auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet werden. Sie reichern sich in der Umwelt, in Tieren und im menschlichen Körper an und können gesundheitsschädliche Wirkungen haben. Ihre Langlebigkeit und potenzielle gesundheitsschädliche Wirkung machen PFAS zu einem wachsenden Umwelt- und Gesundheitsproblem. Sie gelten zum Beispiel als Verursacher von Organschäden und Krebserkrankungen. Ein Forschungsteam unter Leitung von Hans-Joachim Gehrmann vom Institut für Technische Chemie (ITC) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat nun untersucht, ob und in welchem Ausmaß PFAS auch über die Abfallverbrennung in die Umwelt gelangen könnten.
PFAS-Verbrennung: Tests mit zwei verschiedenen Temperaturen
In Zusammenarbeit mit Gujarat Fluorochemicals, einem indischen Hersteller von Fluorpolymeren, führten die Forschenden Experimente an der Kraftwerkspilotbrennkammer BRENDA (Brennkammer mit Dampfkessel) am KIT durch. Dabei verbrannten sie Fluorpolymere und analysierten anschließend die PFAS-Konzentrationen an drei verschiedenen Stellen: im Waschwasser, in der Asche und im Abgas. Ziel der Versuche war es, herauszufinden, bei welchen Verbrennungstemperaturen und -bedingungen die PFAS möglichst vollständig zerstört werden.
Das Forschungsteam testete dabei zwei unterschiedliche Temperaturbedingungen: 860 Grad Celsius, was den europäischen Standards für die Hausmüllverbrennung entspricht, und 1.095 Grad Celsius, die Temperatur, die für die Verbrennung von gefährlichem Abfall notwendig ist. Wichtig dabei: In beiden Fällen verweilten die Abgase für mindestens für zwei Sekunden in der Brennkammer.
Tests ergaben: Verbrennung eliminiert PFAS nahezu vollständig
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei einer Verbrennungstemperatur von 860 Grad Celsius und einer Verweilzeit von zwei Sekunden ein fluorbezogener Abbaugrad von mehr als 99,99 Prozent erreicht werden kann. „Das bedeutet, dass unter Bedingungen wie in einer Hausmüllverbrennung eine nahezu vollständige Mineralisierung der Fluorpolymere erreicht wurde“, erklärt Gehrmann, der die Arbeitsgruppe Verbrennungstechnologie am KIT leitet. Eine Erhöhung der Temperatur auf 1.095 Grad Celsius führte dagegen zu keiner signifikanten Steigerung des Abbaugrades. Die Forschenden schließen daraus, dass die Temperatur keinen wesentlichen Einfluss auf die Mineralisierung der Fluorpolymere hat.
Für die Versuche in der Brennkammer verwendete das Team eine repräsentative Mischung von Fluorpolymeren, die 80 Prozent der weltweit kommerziell genutzten Fluorpolymere abdeckt, darunter Polytetrafluorethylen (PTFE, auch bekannt als Teflon), Polyvinylidenfluorid (PVDF), Perfluoralkoxy-Polymere (PFA) und Fluorkautschuk (FKM).
Mehr Untersuchungen von PFAS und Emissionen
Im Rahmen der Versuche entnahmen die Forschenden die Proben an mehreren Stellen des Verbrennungsprozesses: am Ausgang der Nachverbrennungskammer, nach dem Kessel und im Abgas am Schornstein. Zusätzlich analysierten sie Proben aus dem Waschwasser und der Asche. Mithilfe analytischer Verfahren wie gekoppelter Gaschromatografie-Massenspektrometrie konnten die PFAS präzise identifiziert und quantifiziert werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Hausmüllverbrennung nach europäischen Standards eine nahezu restlose Entsorgung von Fluorpolymeren ermöglicht.
„Die Ergebnisse sind eine gute Nachricht für eine quasi restlose Entsorgung von Fluorpolymeren über die Hausmüllverbrennung nach europäischen Standards“, sagt Gehrmann. Er weist jedoch darauf hin, dass PFAS auch auf anderen Wegen in die Umwelt gelangen können, die noch untersucht und bewertet werden müssen. Die Untersuchungen an der Kraftwerkspilotbrennkammer BRENDA am KIT liefern wertvolle Erkenntnisse über das Verhalten von PFAS bei der Abfallverbrennung und tragen dazu bei, die Auswirkungen dieser Verbindungen auf die Umwelt besser zu verstehen. Die Kooperation zwischen dem KIT und Gujarat Fluorochemicals, einem führenden Hersteller von Fluorpolymeren, unterstreicht die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie bei der Erforschung und Bewältigung von Umweltproblemen. Die Studie wurde jüngst im Fachmagazin Chemosphere veröffentlicht.
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