So werden durch Upcycling aus Abfällen wertvolle Kunststoffe
US-Forschende hab ein chemisches Verfahren entwickelt, um Plastikabfälle durch chemische Reaktionen in wertvolle Kunststoffe umzuwandeln.
Das chemische Upcycling von Kunststoffen könnte eine nachhaltige Lösung für das weltweite Plastikproblem bieten. Forschende des Oak Ridge National Laboratory (ORNL) haben eine Methode entwickelt, um Polymere aus Kunststoffabfällen zu bearbeiten und in Materialien mit verbesserten Eigenschaften umzuwandeln. Dieser Ansatz nutzt chemische Reaktionen wie die Metathese, um die molekulare Struktur von Kunststoffen zu verändern und deren Wiederverwertbarkeit zu erhöhen. Die Technologie ist energieeffizienter und vielseitiger als herkömmliches Recycling.
Inhaltsverzeichnis
Ein globales Problem: Kunststoffabfall
Kunststoffe sind aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie finden sich in Verpackungen, Fahrzeugteilen, Elektronik und Alltagsgegenständen. Doch die Kehrseite dieser Vielseitigkeit ist die massive Umweltbelastung durch Kunststoffabfälle. Jährlich werden weltweit rund 450 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, von denen lediglich 9 % recycelt werden. Der Großteil landet auf Deponien, in Flüssen, Ozeanen oder wird verbrannt – ein Prozess, der zusätzliche Treibhausgase freisetzt. Besonders problematisch ist, dass viele Kunststoffe im Laufe der Zeit in winzige Partikel zerfallen, die als Mikroplastik in die Nahrungskette gelangen und ökologische sowie gesundheitliche Risiken bergen.
Das klassische Recycling scheitert oft an den chemischen Eigenschaften von Kunststoffen. Durch das wiederholte Einschmelzen und Verarbeiten verlieren die Polymere an Qualität und Stabilität, was ihren Einsatz einschränkt. Es besteht ein dringender Bedarf an innovativen Lösungen, die Abfälle nicht nur wiederverwerten, sondern ihren Wert steigern können. Genau hier setzt das chemische Upcycling an.
Was ist chemisches Upcycling?
Im Gegensatz zu herkömmlichen Recyclingmethoden zielt das chemische Upcycling darauf ab, die molekulare Struktur von Kunststoffen zu verändern, um neue Materialien mit besseren Eigenschaften zu erzeugen. Dieser Prozess basiert auf der gezielten Umstrukturierung von Polymerketten. Polymere sind lange Molekülketten, die aus sich wiederholenden molekularen Bausteinen bestehen. Ihre Eigenschaften wie Festigkeit, Flexibilität oder Hitzebeständigkeit werden durch ihre molekulare Zusammensetzung und Anordnung bestimmt.
Chemiker des ORNL verwenden bei ihrem Ansatz Methoden wie die Metathese, eine chemische Reaktion, die Doppelbindungen zwischen Kohlenstoffatomen in den Polymerketten aufbricht und neu formt. Diese Methode erlaubt es, molekulare Untereinheiten auszutauschen und dadurch neue Materialien mit optimierten Eigenschaften zu schaffen. Jeffrey Foster, ein leitender Wissenschaftler des ORNL, beschreibt den Prozess als „CRISPR für Polymere“ – eine Anspielung auf die revolutionäre Genschneidetechnologie, die DNA gezielt verändern kann.
Polymerketten bilden die Grundlage
Die Grundlage für das chemische Upcycling liegt in den funktionalen Gruppen der Polymerketten. Funktionale Gruppen sind reaktive Stellen in einem Molekül, an denen chemische Reaktionen ablaufen können. Diese Reaktionen ermöglichen es, die Eigenschaften eines Polymers gezielt zu verändern. Besonders wichtig sind hierbei die Doppelbindungen zwischen Kohlenstoffatomen. Diese Bindungen bieten eine ideale Grundlage für chemische Modifikationen, da sie leicht aufgebrochen und neu geordnet werden können.
Ein entscheidender Vorteil des Ansatzes ist die hohe Atomökonomie. Dies bedeutet, dass nahezu das gesamte Ausgangsmaterial in das Endprodukt umgewandelt wird, wodurch Abfälle minimiert und Ressourcen geschont werden. Zudem erfolgt der Prozess bei niedrigen Temperaturen (etwa 40 °C), was den Energieverbrauch deutlich reduziert.
Anwendungsbeispiele: Polybutadien und ABS
Um die Praxistauglichkeit ihrer Methode zu testen, konzentrierten sich die Forschenden auf zwei weit verbreitete Kunststoffarten: Polybutadien und Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS). Polybutadien wird hauptsächlich in der Reifenproduktion verwendet, während ABS in einer Vielzahl von Produkten wie Spielzeug, Fahrzeugverkleidungen, Computertastaturen und Haushaltsgeräten vorkommt.
In ihren Experimenten zerkleinerten die Forschenden die Kunststoffe und tauchten sie in ein Lösungsmittel, um eine chemische Reaktion einzuleiten. Mithilfe eines Ruthenium-Katalysators wurden die Polymerketten neu organisiert, wodurch Materialien mit verbesserten Eigenschaften entstanden. Diese neuen Polymere sind nicht nur stabiler, sondern auch vielseitiger einsetzbar. Sie könnten beispielsweise als Basis für hitzebeständige oder flexible Produkte dienen.
Industrielle Perspektiven
Die Ergebnisse der Forschung sind laut Team nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich vielversprechend. Durch die Verwandlung von Abfällen in hochwertige Materialien könnte das chemische Upcycling zu einer Schlüsseltechnologie in der Kreislaufwirtschaft werden.
„Die Vision ist, dass dieses Konzept auf nahezu jedes Polymer ausgedehnt werden könnte, das über eine reaktive Struktur verfügt“, erklärte Foster. Besonders interessant ist die Möglichkeit, auch schwer recycelbare duroplastische Materialien wie Epoxidharze oder Polyurethane zu bearbeiten. Diese Materialien, die bislang nur einmalig geformt und nicht erneut eingeschmolzen werden können, könnten durch Upcycling ein zweites Leben erhalten.
Darüber hinaus könnten durch diese Technologie neue Produkte entwickelt werden, die den spezifischen Anforderungen der Industrie entsprechen. Beispiele sind leichte und stabile Komponenten für die Automobilindustrie oder langlebige Baustoffe für die Bauwirtschaft.
Herausforderungen und offene Fragen
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es noch Herausforderungen zu bewältigen. Eine zentrale Frage ist, wie der Prozess in industriellem Maßstab umgesetzt werden kann. Die Wahl der geeigneten Lösungsmittel spielt dabei eine wichtige Rolle. Diese müssen nicht nur effektiv sein, sondern auch umweltfreundlich und wirtschaftlich vertretbar.
Zusätzlich müssen Strategien entwickelt werden, um Kunststoffabfälle effizient vorzubehandeln. Wie Foster erklärte, sind viele Kunststoffabfälle mit Verunreinigungen belastet, die den Upcycling-Prozess erschweren können. Hier sind weitere Forschungsarbeiten notwendig, um robuste und kosteneffektive Lösungen zu finden.
Ein Beitrag von: