Rußpartikel chemisch betrachtet 23.01.2025, 10:46 Uhr

Von Dieselruß zu grünen Kraftstoffen

Forschende haben sich die chemischen Reaktionen von Rußpartikeln aus Dieselabgasen genauer angeschaut. Mit dem neuen Wissen wollen sie die Entwicklung neuer synthetischer Kraftstoffe vorantreiben.

rußender Auspuff

Um rußende Auspuffabgase ging es in einer aktuellen Forschung. Mit dem Wissen der chemischen Vorgänge sollen künftige grüne Kraftstoffe entwickelt werden.

Foto: PantherMedia / Jürgen Fälchle

Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie können nun besser erklären, was bei der Oxidation von Kohlenstoffnanopartikeln im Rußpartikelfilter passiert. Sie untersuchten, was mit den winzigen Rußteilchen bei Bedingungen passiert, wie sie in Fahrzeugabgasen von Dieselmotoren typisch sind. Dieses Wissen könnte bei der Entwicklung von erneuerbaren Kraftstoffen helfen.

Der Hintergrund: Die Rolle des Kohlenstoffs

Rußpartikel entstehen, wenn fossile Energieträger wie Öl, Kohle oder Holz unvollständig verbrannt werden. Diese feinen Partikel aus Kohlenstoff, die oft nur wenige Nanometer groß sind, gelten als umweltschädlich und gesundheitsschädlich. Gleichzeitig bergen sie jedoch ein enormes Potenzial für industrielle Anwendungen. Bei Temperaturen über 1000 Grad Celsius können Rußpartikel chemisch in wichtige Vorstufen synthetischer Kraftstoffe umgewandelt werden. Diese Kraftstoffe, auch bekannt als E-Fuels, sind zentrale Bausteine für eine CO2-neutrale Energiezukunft.

Doch wie genau läuft dieser Prozess ab? Die chemischen Reaktionen, die an den Oberflächen der Kohlenstoffpartikel ablaufen, sind äußerst komplex und hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dazu gehören die Temperatur, die Art der reaktiven Gase und die physikalische Struktur der Partikel. Eine detaillierte Untersuchung dieser Prozesse ist entscheidend, um sie für technische Anwendungen nutzbar zu machen.

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Forschung beleuchtet den Kohlenstoffabbau

Ein Team des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz hat es sich zur Aufgabe gemacht, die chemischen Mechanismen zu entschlüsseln, die den Abbau von Kohlenstoff in Rußpartikelfiltern bestimmen. In ihren Experimenten simulierten sie Bedingungen, wie sie typischerweise in Fahrzeugabgasen vorkommen. Die Temperaturen reichten von 270 bis 450 Grad Celsius – ein Bereich, der für die Abgasnachbehandlung von Dieselmotoren typisch ist. Dabei untersuchten sie die Wechselwirkungen zwischen den Kohlenstoffpartikeln und den reaktiven Gasen Stickstoffdioxid (NO2) und Sauerstoff (O2).

Die Ergebnisse waren eindeutig: Je höher die Temperatur, desto schneller wird der Kohlenstoff abgebaut. Doch es ist nicht nur die Geschwindigkeit des Prozesses, die von Interesse ist, sondern auch die zugrunde liegenden chemischen Mechanismen. Mithilfe eines speziellen Modells, des sogenannten kinetischen Mehrschichtmodells (KM-GAP-CARBON), konnten die Forschenden die komplexen Reaktionspfade simulieren und analysieren.

Chemische Reaktionen verstehen

Das Modell zeigte, dass die Art der dominanten chemischen Reaktion stark von der Temperatur abhängt. Bei niedrigeren Temperaturen spielt Stickstoffdioxid (NO2) die Hauptrolle im Abbauprozess, während bei höheren Temperaturen der Sauerstoff (O2) die Kontrolle übernimmt. Diese Verschiebung der chemischen Reaktionspfade geht einher mit einer Veränderung der Aktivierungsenergie – der Energie, die notwendig ist, um eine chemische Reaktion zu starten. Diese Erkenntnis hilft nicht nur, die Prozesse in Rußpartikelfiltern besser zu verstehen, sondern liefert auch wertvolle Informationen für die Entwicklung neuer Technologien.

„Unser Modell wurde ursprünglich entwickelt, um die Chemie von Aerosolen und Feinstaub in der Atmosphäre zu beschreiben. Es funktioniert aber auch für technische Hochtemperaturanwendungen sehr gut“, erklärt Thomas Berkemeier, Hauptautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut. „Es zeigt uns, warum der chemische Reaktionspfad von der Temperatur beeinflusst wird, und erklärt zudem, warum die Reaktionsgeschwindigkeit zu Beginn und am Ende einer Reaktion besonders hoch ist.“

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Dynamik der Rußpartikel

Die Forschenden beobachteten, dass zu Beginn der Reaktion die reaktiveren Kohlenstoffatome auf der Oberfläche bevorzugt oxidiert werden. Dieser Prozess führt dazu, dass die verbleibende Oberfläche weniger reaktiv wird – ein Effekt, der als Passivierung bekannt ist.

Gegen Ende der Reaktion kehrt sich dieser Trend jedoch um: Da das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen der Partikel steigt, nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit wieder zu. Diese Erkenntnisse sind entscheidend, um die Abläufe auf molekularer Ebene zu verstehen und zukünftige Technologien darauf aufzubauen.

Bedeutung für grüne Technologien

Die Forschungsergebnisse haben laut Forschungsteam das Potenzial, weit über die Grundlagenforschung hinauszugehen. Ulrich Pöschl, Ko-Autor der Studie und Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie, betont die Relevanz der Arbeiten: „Unsere Forschung verbessert nicht nur das Verständnis grundlegender Prozesse auf Kohlenstoff-Oberflächen. Sie unterstützt auch die Entwicklung innovativer Verfahren zur Reduktion von CO2-Emissionen und zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe.“

E-Fuels, die mithilfe solcher Technologien produziert werden, könnten eine Schlüsselrolle in der Energiewende spielen. Sie bieten eine Möglichkeit, fossile Brennstoffe in verschiedenen Anwendungen zu ersetzen, von Fahrzeugen über Flugzeuge bis hin zu industriellen Prozessen. Besonders interessant ist, dass solche Kraftstoffe potenziell klimaneutral hergestellt werden können, indem das benötigte CO2 aus der Atmosphäre oder industriellen Abgasen gewonnen wird.

Die Forschenden am Max-Planck-Institut haben ambitionierte Pläne für die Zukunft. Sie möchten die Struktur der Rußpartikel mithilfe moderner mikroskopischer und spektroskopischer Methoden noch genauer analysieren. Darüber hinaus planen sie, die Auswirkungen anderer Oxidationsmittel und Reaktionsbedingungen zu untersuchen. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der chemischen Prozesse zu erstellen und diese Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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