Wertvolle Chemikalien aus Kohlendioxid gewinnen
Kohlendioxid ist ein wertvoller Rohstoff für organische Chemikalien, doch sind manche Synthesen nicht rentabel. Wie sich Feinchemikalien ökonomisch sinnvoll herstellen lassen, haben Fraunhofer-Wissenschaftler jetzt herausgefunden.
Steigende Temperaturen, Hitzerekorde im Sommer und trockene Böden: Viele Folgen des Klimawandels lassen sich kaum noch übersehen. Die Zeit, hier gegenzusteuern, drängt. Neben der Strategie, Emissionen zu vermeiden, versuchen Wissenschaftler, Kohlendioxid mit Synthesen aus der Luft zu binden. Bislang stellten sie vor allem Alkohole oder Kohlenwasserstoffe über diesen Weg her. In den letzten Jahren wurden etliche Katalysatoren untersucht, doch das Verfahren erwies sich als wenig wirtschaftlich.
Jetzt zeigen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, dass sich wertvolle Feinchemikalien, etwa Farbstoffe, über diesen Weg gewinnen lassen. „Die Entwicklung von Verfahren zur Verwertung von CO2 wird ein entscheidender Baustein einer zukünftigen klima- und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft sein“, so Arne Roth. Er leitet das Innovationsfeld Katalysatoren am Fraunhofer IGB.
Kohlendioxid binden und in einfache Moleküle umwandeln
Zum Hintergrund: Die Synthese läuft über mehrere Schritte ab. Anfangs muss Kohlendioxid aus der Luft gewonnen werden. Dazu bauten Ingenieure des Projektpartners Climeworks eine Pilotanlage auf das Dach des IGB-Institutsgebäudes im bayerischen Straubing. Sie besteht vor allem aus Kollektoren, in die per Gebläse Luft gesaugt wird. Im Inneren bindet ein selektives Filtermaterial das wertvolle Treibhausgas. Die Technologie selbst ist schon weit entwickelt. Climeworks arbeitet damit bereits an mehreren Standorten.
Im nächsten Schritt stellen Ingenieure aus dem gebundenen Kohlendioxid einfache organische Verbindungen mit einem bis zwei Kohlenstoffatomen her. Dies geschieht in Elektrolysezellen. Als Produkte entstehen Ameisensäure oder Ethanol. „Allerdings ist die elektrochemische Umwandlung von CO2 erst dann ökologisch sinnvoll, wenn hierfür erneuerbare Energien genutzt werden“, gibt Lénárd-István Csepei vom Fraunhofer IGB zu bedenken.
Um die Ausbeute zu erhöhen, untersuchten Forscher verschiedene Verfahren. Als ideal erwiesen sich zinnhaltigen Katalysatoren zusammen mit Pufferlösungen auf Phosphatbasis. Die Lösungen dürfen weder toxisch sein, noch Enzyme hemmen, damit sie nachfolgende biochemische Schritte nicht behindern.
Biotechnologische Herstellung von Feinchemikalien
Die ersten beiden Schritte sind chemisch und verfahrenstechnisch gut durchführbar, haben aber dennoch ein Problem zur Folge: Es gibt in Deutschland derzeit zu wenig regenerative Energien für elektrochemische Prozesse in großem Maßstab. „Wirtschaftlich wird die elektrochemische Produktion erst dann, wenn es gelingt, die Verbindungen weiter in höherwertige Produkte umzusetzen“, gibt Csepei zu bedenken.
Deshalb hatten die Fraunhofer-Forscher eine Idee. Sie konzipierten einen dritten Prozess auf biotechnologischer Basis. Dabei arbeiteten sie mit dem bereits bekannten Bakterium Methylobacterium extorquens. Es kann organische Verbindungen mit nur einem Kohlenstoffatom nutzen – sowohl als Energiequelle als auch, um komplexe Moleküle im eigenen Stoffwechsel zu produzieren. Im Experiment entstand ein Farbstoff auf Basis der Terpene. Solche Pigmente sind wertvoll und lassen sich etwa in Kunststoffen für Verbrauchsgegenstände einsetzen. Sie sind allerdings generell teuer.
Die Reaktion selbst gelang im Zehn-Liter-Maßstab in einem Fermenter – mit guter Ausbeute. Rund 14 % der eingesetzten Ameisensäure wurde in den terpenoiden Farbstoff umgewandelt. Nach einem Aufreinigungsschritt lag das Pigment in sauberer Form vor; seine Struktur wird derzeit noch bestimmt. Danach wollen die Forscher herausfinden, welche Stoffwechselwege genau zu dem Farbstoff führen – und, ob sich die grundlegenden Mechanismen biotechnologisch optimieren lassen. Denn die Produktausbeute ist aus ökonomischen Kriterien entscheidend.
Vom Labor zur Produktion
Dann untersuchten die Wissenschaftler, ob sich ihr Prozess auch in größerem Maßstab durchführen lässt. Sie entwickelten eine automatisierte Demonstrationsanlage mit elektrochemischen Zellen, um für Dauerversuche weitere Parameter zu optimieren, etwa die Temperatur und pH-Wert. Alle Messgrößen werden automatisch erfasst. Ziel ist, den Dauerprozess zu validieren.
Die Forscher wollen damit erreichen, wertvolle Synthesechemikalien klimaneutral zu erzeugen. Die Strategie hat noch einen weiteren Vorteil: Sowohl Kohlendioxid als auch alternative Energien entstehen dezentral. Deshalb macht die dezentrale Synthese hochwertiger Feinchemikalien auch besonders Sinn.
Deshalb erhielten die Forscher für ihr Projekt „Cost-effective CO2 conversion into chemicals via combination of Capture and ELectrochemical and BIochemical CONversion technologies – CELBICON“ auch Fördergelder der europäischen Union.
Mehr zum Thema Klimawandel und Treibhausgase:
Ein Beitrag von: