Wie und warum ein pflanzliches Mittel gegen Nierenkrebs hilft
Eine südafrikanische Pflanze produziert den Wirkstoff Englerin-A, der bestimmte Krebszellen innerhalb von Minuten abtötet. Das Präparat zwingt sie, übermäßig viel Kalzium aufzunehmen. Jetzt soll es zu einem Medikament weiterentwickelt werden.
Nierenkrebs-Patienten können hoffen. Forscher haben vor einigen Jahren einen pflanzlichen Wirkstoff entdeckt, der die wuchernden Zellen innerhalb von wenigen Minuten absterben lässt. Jetzt ist auch der Grund dafür bekannt. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund haben herausgefunden, dass Englerin-A, so der Name des Wirkstoffs, die Krebszellen zur Aufnahme von großen Mengen an Kalzium anregen, sodass sie keine Chance haben zu überleben.
Englerin-A wurde ursprünglich aus der Rinde einer Pflanze namens Phyllanthus engleri gewonnen, die im südlichen Afrika beheimatet ist. Dort gilt sie von Alters her als Heilmittel gegen Krankheiten wie Epilepsie, Husten, Bauchschmerzen und Geschlechtskrankheiten.
US-Wissenschaftler hatten vor einigen Jahren rund 30 Wirkstoffe aus der Rinde des afrikanischen Baumes gewonnen und sie auf ihre Wirksamkeit auf Krebszellen getestet. Mit Englerin-A hatten sie Erfolg, doch sie fanden nicht heraus, worin die Wirkung besteht. Das holten jetzt die Dortmunder Kollegen nach.
Englerin-A lässt sich auch synthetisch herstellen
In der Ruhrgebietsmetropole war es schon 2009 gelungen, den Wirkstoff synthetisch herzustellen. Damit legte eine Forschergruppe der Technischen Universität um Mathias Christmann, der heute an der Freien Universität Berlin forscht, den Grundstein für eine Weiterentwicklung zum Medikament.
Christmanns Team nutzte als Ausgangsmaterial Nepetalacton, das er aus dem Öl der Katzenminze extrahierte. Diese Pflanze ist, anders als Phyllanthus engleri, weit verbreitet und außerdem nicht giftig.
Kalzium-Schock für die Krebszellen
Nierenkrebszellen besitzen so genannte Kalziumkanäle, die für Kalziumionen durchlässig sind, also für elektrisch geladene Atomkerne. Englerin-A hyperaktiviert diese Kanäle, so dass die Zellen minutenschnell große Mengen an Kalzium aufnehmen. Diesen Schock überleben sie nicht. Das Präparat hat keine Wirkung auf gesunde Zellen. „Diese Eigenschaft ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Krebsmedikamenten, denn so lassen sich Nebenwirkungen auf gesunde Zellen möglicherweise vermeiden“, sagt Herbert Waldmann vom Dortmunder Max-Planck-Institut. Zur Behandlung von besonders häufig auftretenden Nierenzellkarzinomen gibt es derzeit kaum Medikamente.
Die Max-Planck-Forscher arbeiten jetzt mit dem Lead Discovery Center zusammen, das 2008 von der Max-Planck-Gesellschaft in Dortmund gegründet wurde, um aussichtsreiche Forschungsergebnisse professionell in die Entwicklung innovativer Medikamente zu überführen. Dazu sind eine Vielzahl von Versuchen im Labor, später an Tieren und letztlich im Rahmen von klinischen Studien an Menschen nötig. Wenn alle Tests erfolgreich sind erhält das Präparat eine Zulassung.
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