Wie sich Leben auf der frühen Erde trotz Stickstoffmangel entwickeln konnte
Forschende untersuchen fossiles Leben auf der frühen Erde, um mehr über die Entstehung der Photosynthese zu lernen – den Prozess, der den Sauerstoff liefert, den wir atmen. Diese Entdeckungen könnten auch helfen, Hinweise auf Leben auf anderen Planeten wie dem Mars oder den eisigen Monden im äußeren Sonnensystem zu finden.
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Michelle Gehringer erforscht fossiles Leben auf der frühen Erde.
Foto: RPTU, Thomas Koziel
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) forschen an der Entwicklung des Lebens auf der frühen Erde. Neue Studien zeigen, dass biologisch verfügbarer Stickstoff vermutlich kein begrenzender Faktor war, wie bisher angenommen.
Lebewesen benötigen Stickstoff, um zum Beispiel Proteine zu bilden. Obwohl die Atmosphäre viel Stickstoff enthält, können Menschen und die meisten Pflanzen ihn nicht direkt aufnehmen. Schon im frühen Leben der Erde war man daher auf Mikroben angewiesen, die den Stickstoff aus der Luft in Verbindungen umwandelten, die von Lebewesen genutzt werden konnten.
Die Geheimnisse des frühen Stickstoffkreislaufs
Vor Milliarden Jahren auf der Erde ist noch vieles unbekannt. Woher kam der Stickstoff? Wie wurde er genutzt? Und was bedeutete das für das Leben? Diese Fragen erforscht Dr. Michelle Gehringer von der RPTU. Sie ist Geomikrobiologin und untersucht, wie Mikroben und chemische Prozesse zusammenhängen.
Unter ihrer Leitung wurde kürzlich eine Methode bestätigt, die zeigt, dass die biologische Stickstofffixierung auch bei wechselnden Atmosphären stabil bleibt. Um ihre Forschung zu verstehen, muss man wissen, dass Stickstoff zwei stabile Isotope hat: 15N und 14N. Michelle Gehringer erklärt in einer Pressemitteilung: „Stickstoffgas ist eine Mischung aus dem leichten Atom 14N und dem schwereren Atom 15N. Wenn moderne Mikroben Stickstoff in ihrem Stoffwechsel nutzen, dann verwenden sie diese beiden Isotope in einem bestimmten Verhältnis zueinander. Wir messen dies, indem wir stickstoffhaltige Biomasse verbrennen und das bei der Verbrennung entstehende Stickstoffgas auffangen.“
Neue Erkenntnisse aus Cyanobakterien und alten Stromatolithen
Die Forschenden unter Leitung von Gehringer züchteten Cyanobakterien unter Umweltbedingungen, die denen der frühen Erde ähnelten, also ohne Sauerstoff und mit hohem Kohlendioxidgehalt. Sie stellten fest, dass das Verhältnis von 15N zu 14N in den Cyanobakterien stabil blieb. Ihre Ergebnisse stützten daher die Annahme, dass dieses Verhältnis während der gesamten Erdgeschichte konstant war.
Michelle Gehringer und weitere Forschende, darunter Dr. Ashley Martin von der Northumbria University und Dr. Eva Stüeken von der University of St Andrews, untersuchten den Stickstoffkreislauf in alten Stromatolithen. Diese Sedimentgesteine, die rund 2,7 Milliarden Jahre alt sind, enthalten Überreste von Mikroorganismen und geben den Forschenden Einblicke in die damaligen Ökosysteme und Umweltbedingungen.
Wir beschafften uns Zugang zu unberührtem, nicht verwittertem Gestein, das wir zu einem feinen Pulver zermahlten und auf Stickstoffisotope analysierten.“, sagte Gehringer. Mit den 15N/14N-Verhältniss-Messungen fanden die Forschenden heraus, dass das organische Material in den alten Stromatolithen, im Gegensatz zu modernen Stromatolithen, nicht nur auf die biologische Fixierung von Stickstoff durch Cyanobakterien angewiesen war. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass zusätzlich Stickstoff in Form von gelöstem Ammonium aufgenommen wurde. Die plausibelste Quelle dafür seien hydrothermale Aktivitäten am Meeresboden.
Die Forschenden untersuchten auch Sedimentgesteine in einem Vulkanbecken, das ebenfalls rund 2,7 Milliarden Jahre alt ist. Auch hier spielte Ammonium aus heißen Quellen eine wichtige Rolle.
Was die frühe Erde über Leben auf dem Mars verrät
Bisher wurde angenommen, dass das Leben auf der frühen Erde, bevor die Atmosphäre mit Sauerstoff angereichert wurde, durch einen Mangel an biologisch verfügbarem Stickstoff eingeschränkt war. Doch die aktuellen Studien zeigen, dass Ammonium aus hydrothermalen Tiefseequellen eine zusätzliche Rolle spielte. Die Forschenden erklärten, dass Stickstoff die Ausbreitung des Lebens auf der frühen Erde nicht einschränkte. Stattdessen konnte das Leben sowohl in Tief- als auch in Flachwasser-Meeresumgebungen gedeihen. Dies ermöglichte laut Gehringer die Entwicklung einer großen Vielfalt an Mikroorganismen, die noch heute existieren.
Die Forschenden fragten sich, was diese Erkenntnisse für Leben auf anderen Planeten bedeuten könnten. Sie wiesen darauf hin, dass hydrothermale Aktivität auf dem Mars nachgewiesen wurde und wahrscheinlich auch auf den eisigen Monden im äußeren Sonnensystem vorkommt. Es sei möglich, dass dort ähnliche Prozesse wie auf der frühen Erde stattgefunden haben oder noch immer stattfinden.
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