Zerstörung von Schadstoffen – ein Plasma knackt sie alle
Eine weit verbreitete Gruppe von Giften ist extrem langlebig. Außer fotochemischen Methoden hat die Plasmatechnik gute Chancen, die Moleküle zu entschärfen.
In Böden, Seen und in der Luft sind Giftstoffe weit verbreitet. Die Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, kurz: PFAS (engl.: per- and polyfluoroalkyl substances), eine Familie mit rund 10.000 Mitgliedern, sind extrem langlebig und selbst in entlegenen Regionen nachweisbar, die von Menschen unberührt sind. Selbst wenn sie nicht mehr in die Umwelt gelangten, etwa nach einem Verbot, werden sie Menschen und Tiere nach lange bedrohen, denn PFAS gelten als „ewige Chemikalien“, die nahezu unzerstörbar sind.
PFAS mit faszinierenden Eigenschaften
PFAS werden in großem Stil genutzt, weil sie faszinierende Eigenschaften haben. Sie sind thermisch und chemisch stabil, dabei wasser-, fett- und schmutzabweisend. Deshalb findet man sie in vielen alltäglichen Produkten. Pizzakartons und Backpapier sind damit beschichtet, auch Shampoos und Cremes enthalten PFAS, ebenso Pflanzenschutzmittel. In der Industrie finden sie Verwendung als Lösch- und Netzmittel.
Gegen Hochspannung ist kein Kraut gewachsen
Mit herkömmlichen Mitteln ist der PFAS-Verschmutzung nicht beizukommen. In den USA sind fotochemische Methoden entwickelt worden, die die stabilen Moleküle aufbrechen. Forscher am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart haben jetzt gemeinsam mit dem Industriepartner HYDR.O. Geologen und Ingenieure aus Aachen ein neues Verfahren vorgestellt, mit dem sich PFAS-verseuchtes Wasser reinigen lässt. Im Projekt AtWaPlas – das Akronym steht für Atmosphären-Wasserplasma-Behandlung – werden die PFAS-Moleküle in einem Plasma zerstört. Dieses besteht aus einem Gemisch aus positiv und negativ geladenen Ionen, die sich in einem Hochspannungsfeld bilden. Plasmen haben unter anderem die Fähigkeit, Molekülketten zu zerstören, selbst wenn deren Bauteile starke Bindungen haben, wie es bei PFAS der Fall ist.
Geschreddert weniger gesundheitsschädlich
„In unseren Versuchen ist es gelungen, die Molekülketten von PFAS im Wasser zu verkürzen. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer effizienten Beseitigung dieser hartnäckigen Schadstoffe“, so Georg Umlauf, Experte für funktionale Oberflächen und Materialien am IGB. Derart geschreddert sind die PFAS weit weniger gesundheitsgefährdend. Das gelang in einem zylinderförmigen Behälter, den ein Kupfernetz einhüllt. Ein Edelstahlrohr im Inneren des Behälters dient, ebenso wie das Kupfernetz, als Elektrode. Zwischen beiden wird ein elektrisches Feld mit einer Spannung von einigen 1000 Volt aufgebaut, das in einem Luftspalt ein Plasma erzeugt. Durch das Rohr strömt verunreinigtes Wasser nach oben, das am Rande des Plasmas wieder nach unten fällt. Dabei werden die Molekülketten aufgebrochen. Nach mehreren Durchgängen sind sie praktisch in ihre Bestandteile zerfallen, also keine Gefahr mehr.
„Im Idealfall werden die PFAS-Moleküle so gründlich beseitigt, dass sie in massenspektrometischen Messungen nicht mehr nachweisbar sind. Damit werden auch die strengen Regularien der Trinkwasserverordnung erfüllt“, so Umlauf.
Tests mit echt verseuchtem Wasser
Das Team arbeitete mit echten Wasserproben, die aus PFAS-verseuchten Regionen stammten. Sie enthielten nicht nur die Giftstoffe, die zerstört werden sollten, sondern weitere Partikel, Schwebstoffe und organische Trübungen. „Auf diese Weise stellen wir sicher, dass AtWaPlas seinen Reinigungseffekt nicht nur bei synthetischen Laborproben, sondern auch unter realen Bedingungen bei wechselnden Wasserqualitäten unter Beweis stellt“, sagt Umlauf. Nach ersten Erfahrungen lässt sich die Plasma-Methode auch für den Abbau anderer schädlicher Substanzen einsetzen. Darunter fallen etwa Rückstände von Medikamenten im Abwasser, Pestizide und Herbizide, aber auch Industriechemikalien wie Cyanide. Daneben kommt AtWaPlas auch für die umweltschonende und kostengünstige Aufbereitung von Trinkwasser in mobilen Anwendungen in Frage. Das Team arbeitet jetzt daran, eine größere Anlage für den Einsatz in der Praxis zu entwickeln.
Vielfältige PFAS-Risiken
Die PFAS-Exposition von Menschen führt zu erhöhten Risiken für Prostata-, Nieren- und Hodenkrebs, verminderter Fruchtbarkeit, erhöhtem Blutdruck bei Schwangeren, Entwicklungsdefekten oder Wachstumsstörungen bei Kindern, niedrigem Geburtsgewicht und beschleunigter Pubertät, so die Umweltschutzorganisation der Vereinten Nationen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Auf Grund dieser Risiken haben die meisten Staaten Höchstwerte für PFAS im Trinkwasser festgelegt, die häufig nur mit großen Mühen eingehalten werden können.
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