E-Strategie Daimler Truck 27.09.2021, 15:32 Uhr

Wasserstoff-Lkw: Daimler zieht überraschende Konsequenzen

Daimler Truck trennt sich von Mercedes-Benz und hat ambitionierte Ziele mit Wasserstoff-Lkws. Für die Mobilitätswende baut der Hersteller von Nutzfahrzeugen Stellen ab – der Grund überrascht.

Daimler Trucks

Daimler Truck agiert als eigenständige Aktiengesellschaft und setzt auf Batterie- und Wasserstoffantrieb.

Foto: Daimler

Lkw und Busse erhalten mehr Aufmerksamkeit: Daimler Truck bekräftigt die E-Strategie mit Batterie- und Wasserstoff-Fahrzeugen. Doch das Geschäft in Europa könnte besser laufen. Der Autobauer plant in den kommenden zehn Jahren Arbeitsplätze abzubauen.

Die Umstellung auf Elektroantriebe stellt für Daimler Truck eine zentrale Herausforderung dar. Durch diesen Wandel werden zahlreiche Arbeitsplätze wegfallen.

„In unseren Fabriken, in denen Getriebe, Motoren und Achsen hergestellt werden, können 30 bis 40 Prozent der Aufgaben und damit der Stellen wegfallen“, so Daimler-Truck-Chef Martin Daum.

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Der Stellenabbau sei für die nächsten zehn Jahre geplant. Der Bau eines Elektrofahrzeugs sei weniger arbeitsintensiv, so das Unternehmen. Darüber hinaus teilt sich der Daimler-Konzern in zwei eigenständige Aktienunternehmen auf. Daimler Truck ist an  35 Haupt-Standorten rund um den Globus vertreten. Circa 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten für den Hersteller von Lkw und Bussen.

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Mercedes-Benz und Daimler Truck gehen getrennte Wege

Mercedes-Benz und Daimler Truck trennen sich – zu unterschiedlich seien die Herausforderungen bei Autos und Transportern sowie bei großen Nutzfahrzeugen wie Lkw. So können sich beide Sparten besser auf die Bedürfnisse der Kunden konzentrieren, so Daum. Daimler Truck setzt 40 Milliarden Euro im Jahr um und zählt zu den Weltmarktführern im Lkw- und Busgeschäft. Laut Daum erwirtschafte das Unternehmen seit Jahren operative Gewinne von zwei Milliarden Euro und sei „grundsolide und sehr gut finanziert“. Allerdings mache der Wettbewerb zu schaffen, die auf der finanziellen Seite besser dastehen würden. Vor allem das Geschäft in Europa müsse besser werden.

Der erste Daimler-Lkw von 1896.

Foto: Daimler

Ein frühes Schema für den Ur-Truck von Daimler.

Foto: Daimler

Formschön waren sie ja, die ganz alten Diesel-Lkw. Doch für den Diesel geht das Licht bald aus.

Foto: Daimler

Der E-Actros von Daimler. Wird das Ende der Marke besiegelt?

Foto: Daimler

Künftig wird Daimler-Truck als eigenständiges Unternehmen agieren.

Foto: Daimler

Verbrennungsmotor nur noch in Nischen

Das komplette Aus für den Verbrennungsmotor sieht der Daimler-Truck-Chef nicht. In Nischen werde er sicher noch lange weiterleben. In Europa werde nach ihm zwischen 2030 und 2040 der letzte Diesellastwagen gebaut. Ein konkreteres Enddatum hält Daum nicht für zielführend. In Baustellenfahrzeugen oder Straßenkehrmaschinen sei beispielsweise oft gar kein Platz für eine große Batterie. Verbrenner könnten nach diesem Modell also eine Zukunft als Spezialfahrzeug haben.

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Um klimaschädliche CO2-Emissionen zu senken, dämmt Daimler Truck den Anteil von herkömmlichen Verbrennermotoren stark ein.

„2030 wollen wir in Europa mehr elektrische Lkw verkaufen als nicht-elektrische“, sagte Vorstandsmitglied Karin Rådström.

Der Übergang soll mit batterie-elektrischen und wasserstoffbetriebenen Nutzfahrzeugen gelingen. Doch „es gebe noch viel zu tun“, so Rådström. Die Infrastruktur sei ein wichtiger Faktor, ebenso wie „verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen“.

Daimler sieht Potenzial in Brennstoffzelle

Bei alternativen Antrieben setzt Daimler Truck nicht nur auf reine Batterie-Systeme, sondern auch auf mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Stromer. Als Grund nennt der Manager des Unternehmens die fehlende Ladeninfrastruktur. Eine Lkw-Ladeinfrastruktur müsse noch leistungsstärker sein als Ladesäulen für Elektroautos. Auf Autobahnrasthöfen sei die technische Umsetzung – Stand heute – kaum vorstellbar.

„Deshalb sind wir auch für die Brennstoffzelle, die mit Wasserstoff betrieben wird. Aber dieser wiederum muss grün sein, also aus erneuerbarem Strom hergestellt werden“, so Daum.

Brennstoffzellen-Lastwagen aus dem Hause Daimler Truck sollen ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in größeren Stückzahlen gefertigt werden. Dafür kooperiert Daimler mit Shell. Gemeinsam soll an einer Tankinfrastruktur gearbeitet werden. Wichtig seien langstreckentaugliche Reichweiten.

illu elektrifizierter Truck

In dem elektrifizierten Truck sieht das Unternehmen das wichtigste Produkt für die Zukunft.

Foto: Daimler Truck AG

Bei der Brennstoffzelle gehen aktuell noch drei Viertel der eingesetzten Energie durch Umwandlung verloren. Laut Daum sei das „aber nicht der Punkt“. Grüne Energie müsse gespeichert und auch aus dem Ausland importiert werden. Erste Forschungsprojekte gibt es beispielsweise in Australien. Nach Kohlenwasserstoff sei Wasserstoff mit Abstand das beste Speichermittel.

Wie grüner Wasserstoff von Australien nach Deutschland gelangen kann, berichtet Maike Schmidt, Leiterin des Fachgebiets Systemanalyse bei Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), im Podcast „Technik aufs Ohr“. Sie war selbst auf Forschungsfahrt in Australien.

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Was ist ein Brennstoffzellen-Antriebssystem?

Bei diesem Antriebssystem nutzt ein Brennstoffzellenauto Wasserstoff. Als Abgas entsteht Wasserdampf. Im wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen ist eine Brennstoffzelle verbaut, die für den Antrieb sorgt. Ihr „Treibstoff“ ist gasförmiger Wasserstoff. Dieser reagiert in einem chemischen Prozess mit Sauerstoff. Die im Wasserstoff gespeicherte Energie wird als Strom freigegeben, der dann einen Elektromotor antreibt.

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Daimler Truck: Krise durch Engpässe in der Versorgung mit Halbleiter-Bauteilen

Die ambitionierten Pläne von Daimler Truck werden durch Engpässe in der Versorgung mit wichtigen Halbleiter-Bauteilen getrübt. Die Produktion in Deutschland und den Vereinigten Staaten sei davon betroffen. Die Auftragslage sei sehr gut, doch wichtige Bauteile fehlen. Daimler habe daher massenweise Lastwagen auf Halde gefertigt. „Die plötzliche Verschärfung der Versorgungssituation in den Sommermonaten könnte deutliche Auswirkungen auf den Absatz im dritten Quartal haben“, so Vorstandschef Martin Daum.

Bis 2030 könne Daimler Truck bereits einen Anteil „von 40, 50 oder 60 Prozent“ an CO2-neutralen Batterie- oder Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw bei seinem Absatz in der EU erzielen. Wie das Ergebnis am Ende lautet, wird sich in ein paar Jahren zeigen.

E-Lkw: Daimler Truck fährt zweigleisig

Um die Ziele zur Klimaneutralität zu schaffen, setzt der Konzern auf zwei Technologien: Bis zu bestimmten Gewichtsklassen werden batterieelektrische Lkw Diesel-Antriebe ablösen. Im Fernverkehr sieht der Hersteller Wasserstoff als Lösung. Vor allem das Flaggschiff Actros soll damit betrieben werden.

„Um das zu schaffen, gibt es nicht die eine perfekte Lösung, keinen Königsweg. Mit Blick auf die vielen unterschiedlichen Anwendungsfälle unserer Kunden folgen wir einer Doppelstrategie – wir entwickeln batterie-elektrische und wasserstoffbetriebene Lkw“, so Rådström.

Der E-Actros läuft bereits in Kundenversuchen und wird ab Oktober 2021 in die Serienfertigung gehen. Bis zu vier Batteriemodule je 105 kWh Kapazität können verbaut werden. Die Reichweite des E-Actros soll bei maximal 400 Kilometern liegen. Das Modell „LongHaul“, eine klassische Sattelzugmaschine für den Fernverkehr,  kommt auf eine Reichweite von 500 Kilometern. 2024 soll dieser Truck an den Start gehen.

Für den Konzern Mercedes ist darüber hinaus klar: 2039 geht für den Diesel-Lkw in Europa das Licht aus.

Außerordentliche Hauptversammlung bei Daimler

Für den 1. Oktober 2021 hat Daimler im Zuge der Entwicklungen eine Außerordentliche Hauptversammlung terminiert. Hintergrund ist unter anderem besagte Loslösung der LKW-Sparte aus dem Konzern. Als Daimler-Trucks soll das eigenständige Unternehmen an die Börse gehen.

Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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