Verbundprojekt schafft höhere Reichweite für Elektroautos
Wissenschaftler der TU Dresden und der Freien Universität Berlin haben gemeinsam daran gearbeitet, die Elektromobilität zu stärken. Das Ergebnis ist ein intelligentes Antriebssystem, das die Reichweite und die Lebensdauer der Akkus durch Energiemanagement wesentlich erhöhen soll.
Die Experten der Automobilindustrie sind sich weitestgehend einig: Elektroautos werden die herkömmlichen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ablösen. Die Frage ist nur, in welchem Tempo der Umbruch vonstattengeht. Das wiederum hängt im wesentlichen Maße davon ab, wie schnell die Akzeptanz für das Thema Elektromobilität in der Bevölkerung wächst. Denn auch wenn Umweltschutz große Zustimmung erfährt und es einen allgemeinen Konsens gibt, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel wichtig sind – die wenigsten Menschen sind bereit, auf den persönlichen Komfort zu verzichten. In diesem Fall heißt das: Sie wollen Ihr Auto jederzeit und schnell neu betanken können und sich nicht mit Reichweiten auseinandersetzen. Die Kapazität der Akkus ist daher ein wichtiger Faktor, um die Verbreitung der Elektroautos zu beschleunigen.
In dem Verbundprojekt „Kombinierte Logik für Energieeffiziente Elektromobilität“ (KLEE) haben Wissenschaftler der TU Dresden und der Freien Universität Berlin gemeinsam mit Industriepartnern an einer Lösung gearbeitet. Sie haben keinen leistungsfähigeren Akku entwickelt, sondern ein intelligentes Antriebssystem. Es soll dafür sorgen, dass grundsätzlich weniger Energie benötigt wird.
Energiemanagement soll die Reichweite im Stadtverkehr erhöhen
Wer sich mit Elektromobilität beschäftigt, merkt schnell: Die Reichweite der Fahrzeuge ist der Schlüssel. Es handelt sich zwar eher um ein theoretisches Problem – Studien haben gezeigt, dass deutsche Autofahrer im Durchschnitt maximal 30 Kilometer am Tag zurücklegen – doch die Autobesitzer wünschen sich eine möglichst hohe Flexibilität. Es wird noch einige Zeit dauern, ehe Autos so selbstverständlich jeden Abend an die Steckdose angeschlossen werden wie derzeit das Handy. Bis dahin möchten die Endverbraucher möglichst keine Streckenplanung vornehmen oder lange Ladepausen machen.
Klar ist aber auch: Im Stadtverkehr verbraucht ein Auto deutlich mehr Energie als bei gleichmäßigem Tempo auf der Autobahn. Genau hier haben die Forscher angesetzt. Im Prinzip führt ihr intelligentes Antriebssystem zu einem effizienten Energiemanagement – und spart auf diese Weise Batterieleistung.
Intelligentes Antriebssystem sagt Energiebedarf voraus
Die größten Energiefresser im Stadtverkehr sind die permanenten Wechsel der Geschwindigkeit: bremsen, beschleunigen, bremsen, beschleunigen. „Wenn andere Verkehrsteilnehmer, Ampelphasen sowie die Struktur des Geländes vorausschauend erkannt werden, können Geschwindigkeit und die Betriebsweise von Antriebssystemen des Fahrzeugs energieoptimal angepasst werden“, sagt Volkmar Müller von der Professur für Elektrische Maschinen und Antriebe der TU Dresden. Genau das soll das smarte Antriebssystem leisten. Die Wissenschaftler haben Laserscanner, Kameras und Kartendaten eingesetzt, um eine Umfelderkennung mit einem zeitlichen Vorhersagehorizont zu ermöglichen. Vereinfacht gesagt, dienen die so gesammelten Informationen dazu, den Energiebedarf des Elektromotors im Vorfeld abzuschätzen.
Mit diesem neuen System steuern die Forscher die Leistungsflüsse im Antriebssystem und die Magnetflüsse im Motor und sorgen für eine höhere Effizienz. Das hybride Energiespeichersystem teilt dabei die angeforderte elektrische Leistung zwischen der Bordnetzbatterie und einem Doppelschichtkondensator auf. Somit kann die begrenzte Speicherkapazität des Doppelschichtkondensators besser genutzt werden. Zudem wird die Wasserkühlung des Antriebssystems permanent angepasst. Unterm Strich führt das intelligente Antriebssystem nach Angaben der Wissenschaftler dazu, dass sich die Verlustenergie der Bordnetzbatterie und des Antriebsmotors um bis zu 30% verringert.
Ein weiterer Aspekt komme hinzu: Masse und Volumen des Energiespeichers könne durch diese Technologie reduziert werden. Das Fahrzeug benötigt durch die Gewichtseinsparung weniger Antriebsenergie, was die Reichweite nochmals um 10% erhöhe.
Das Prinzip stammt vom autonomen Fahren
Faktisch nutzt das Forscherteam mit dem intelligenten Antriebssystem ein Prinzip, das fürs autonome Fahren entwickelt wurde: Das Fahrzeug muss erkennen können, welche Verkehrssituation vor ihm liegt, damit eine rechtzeitige Reaktion möglich ist. Anders als der Mensch lässt es sich dabei nicht ablenken und reagiert nicht emotional. Deswegen erwarten sich Experten von autonomen Autos ohnehin eine deutlich gleichmäßigere und daher effizientere Fahrweise. Das intelligente Antriebssystem könnte einen möglichen Vorteil dieser Technologie bereits im Vorfeld für eine bessere Energiebilanz der Elektroautos nutzen.
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