Bosch entwickelt einen Kinderwagen mit Elektroantrieb
Bosch will sich einen weiteren Markt erschließen und liefert die Technik für eine neue Generation an Kinderwagen. Elektrisch angetriebene Modelle sollen Eltern mehr Komfort bieten, während für den Nachwuchs zusätzliche Sicherheitsfunktionen eingebaut wurden.
Es klingt fast wie eine Szene aus einer Filmkomödie: Die Eltern drehen sich nur für einen kurzen Moment um, und der neben ihnen stehende Kinderwagen rollt auf dem leicht abschüssigen Weg einfach los. In der Realität ist solch eine Situation allerdings überhaupt nicht lustig, sondern sehr gefährlich fürs Baby. Und sie ist ein gutes Beispiel dafür, warum Bosch es für interessant hält, Kinderwagen aufzurüsten – beim E-Stroller ist eine automatische Bremsfunktion integriert.
Für Bosch ist dieser Ansatz keineswegs eine Spielerei. Das Unternehmen hat eine repräsentative Umfrage unter Frauen und Männern durchgeführt, die entweder ein Kind erwarten oder bereits eines im Alter von bis zu 4 Jahren haben. Das Ergebnis verwundert nicht: Demnach stünden bei 9 von 10 der Befragten Komfort und Sicherheit an erster Stelle, wenn sie sich für den Kauf eines Kinderwagens entscheiden sollten. Mit elektrisch betriebenen Modellen möchte Bosch sich also einen neuen Markt erschließen. „Im E-Stroller-System steckt Know-how aus der ganzen Breite des Unternehmens. Dabei gelten für uns bei Technik und Qualität dieselben Maßstäbe wie in der Autoindustrie – inklusive Tests im Windkanal“, sagt Stefan Hartung, Geschäftsführer bei Bosch und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions.
Elektromotoren geben Schubkraft oder bremsen automatisch
Wenn so viel Aufwand für einen Kinderwagen betrieben wird, dürfen die Eltern wohl einiges erwarten. Praktisch heißt das: An der Hinterachse des E-Strollers sind 2 Elektromotoren angebracht, die laut Bosch sehr leise arbeiten. Hinzu kommen ein Bluetooth-Modul sowie intelligente Sensoren. Die messen unter anderem die aktuelle Geschwindigkeit des Kinderwagens und seine Beschleunigung. Außerdem ermitteln sie Daten über den Untergrund, auf dem der Wagen gerade bewegt wird. Auf Grundlage dieser Informationen wird die automatische Unterstützung aktiviert. Das Prinzip ist von E-Bikes bekannt: Bergauf geben die Motoren zusätzliche Schubkraft und erleichtern den Eltern die Arbeit. Bergab setzt die Bremse ein. Während diese Motorbremse zu schnelles Rollen unterbindet, löst die sogenannte elektromechanische Arretierung eine Feststellbremse aus, falls die Fahrt offensichtlich unkontrolliert stattfinden sollte – der Kinderwagen also beispielsweise alleine losgerollt ist.
Schalter gibt es am elektrischen Kinderwagen nicht. Einstellungen sind nur über die dazugehörige Smartphone-App möglich, die via Bluetooth eine Verbindung zum E-Stroller aufnimmt. Hier können die Eltern in 3 Stufen regeln, wie stark die elektrische Unterstützung sein darf. Gleichzeitig lässt sich über die App die Alarmfunktion aktivieren. Sie ist für Situationen gedacht, in denen der elektrische Kinderwagen kurz abgestellt wird, beispielsweise um Einkäufe ins Auto zu laden. Eine Bewegung würde einen Alarmton am Wagen auslösen – der dafür mit einem Lautsprecher ausgestattet ist – und eine Meldung aufs Handy schicken. Zusätzlich rastet die Feststellbremse ein.
Außerdem zeigt die App den Ladezustand des Akkus an. Nach Angaben des Herstellers ist der 18-Volt-Lithium-Ionen-Akku nach zweieinhalb Stunden vollständig aufgeladen und kann für eine Strecke von bis zu 15 Kilometern elektrische Unterstützung bereitstellen. Untergebracht ist der Akku in einem abschließbaren Fach – sicher ist sicher. Die Reichweite verkürzt sich, wenn Mama oder Papa die integrierte USB-Schnittstelle des E-Strollers nutzen, um so ihr Smartphone aufzuladen.
Bosch ist übrigens nicht das erste Unternehmen aus dem Automobilbereich, das bei der Kinderausstattung wildert. Ford hatte mal die Idee eines Kinderbettes, das Motorengeräusche macht und schaukelt wie ein Auto.
Körperhaltung der Eltern könnte sich verbessern
Bosch ist davon überzeugt, dass der E-Stroller auch gesundheitliche Effekte hat, weil er eine ergonomische Körperhaltung der Eltern ermögliche. Sie brauchen weniger Kraft und können den elektrischen Kinderwagen problemlos mit einer Hand schieben, was viele Eltern ohnehin tun, wenn sie ein älteres Kind an der Hand halten. Diese einseitige Belastung kann jedoch zu Rückenprobleme führen. Durch die Schubkraft der Elektromotoren ließe sich das vermeiden.
Erstmals zum Einsatz kommen soll das System Anfang 2020 beim schwedischen Kinderwagenhersteller Emmaljunga. Der Preis des neuen Modells ist noch nicht bekannt. Bosch plant, auch mit weiteren Herstellern zusammenzuarbeiten.
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