Bosch investiert zusätzliche Milliarden in die Halbleiter-Sparte
Bosch hat erneut einen Investitionsplan vorgelegt, um der wachsenden Chip-Nachfrage zu begegnen. Das dürfte langfristig zu einer größeren Liefer-Sicherheit für europäische Unternehmen führen. Gleichzeitig will Bosch sich neue Innovationsfelder eröffnen.
Bosch hat erst im vergangenen Jahr eine der modernen Chip-Fabriken der Welt eröffnet und ist beteiligt an Transform, einem Zusammenschluss aus 34 Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, der es sich zum Ziel gesetzt hat, europäische Lieferketten für wichtige Technologien aufzubauen, unter anderem für Halbleiter. Kurz zuvor hatte das Unternehmen überraschend sein Investitionsvolumen fürs Halbleitergeschäft aufgestockt und damit auf bestehende Engpässe reagiert. Da verwundert es kaum, dass Bosch noch mehr Geld in die Hand nimmt: Bis 2026 sollen weitere drei Milliarden Euro im Rahmen des IPCEI-Förderprogramms Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie in die Halbleitersparte fließen. Die Höhe der Fördersumme hat das Unternehmen nicht bekannt gegeben.
Bosch: Dieser Plan soll Europa mit Halbleitern versorgen
„Mikroelektronik ist Zukunft und entscheidender Erfolgsfaktor für alle Geschäftsfelder von Bosch. Mit ihr halten wir einen zentralen Schlüssel für die Mobilität von morgen, das Internet der Dinge und unsere ‚Technik fürs Leben‘ in den Händen“, sagte Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung.
Bosch baut neuen Halbleiter-Standort in Dresden weiter aus
Schon im kommenden Jahr soll die Reinraumfläche am Standort Dresden um 3.000 Quadratmeter erweitert werden – hier werden Wafer mit einem Durchmesser von 300 Millimetern produziert. Investitionen von 250 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Das dortige Halbleiterwerk hat erst vor wenigen Monaten seine Produktion aufgenommen. Das Halbleiterzentrum in Reutlingen wird ebenfalls vergrößert. Seit 50 Jahren betreibt Bosch hier Halbleiterfabriken auf Basis der 150- und 200-Millimeter-Technologie. Bis zum Jahr 2025 hat das Unternehmen mehr als 400 Millionen Euro eingeplant, um die Fertigung auszubauen und durch Umgestaltungen neue Reinraumflächen entstehen zu lassen. Außerdem ist ein neuer Gebäudeteil mit zusätzlich mehr als 3.600 Quadratmetern Reinraumfläche vorgesehen. Insgesamt soll die Reinraumfläche von derzeit über 35.000 Quadratmetern auf rund 44.000 Quadratmeter wachsen.
Zu den Chips, die Bosch in Reutlingen und Dresden produziert, gehören anwendungsspezifische Integrierte Schaltungen (ASICs), mikroelektromechanische Systeme (MEMS-Sensoren) und Leistungshalbleiter.
Sowohl in Reutlingen als auch in Dresden sollen jeweils neue Entwicklungszentren entstehen, für die ein Investitionsvolumen von insgesamt über 170 Millionen Euro vorgesehen ist. Wie stark die Zahl der benötigten Ingenieurinnen und Ingenieure wachsen wird, ist noch unklar.
Bosch eröffnet eine der modernsten Chipfabriken der Welt
Chips für die Elektromobilität sollen noch mehr leisten
In Reutlingen fertigt Bosch zudem seit Ende vergangenen Jahres 2021 Siliziumkarbid-Chips (SiC) in Serie, die in der Leistungselektronik von Elektro- und Hybridautos verbaut werden. Bosch schreibt sich auf die Fahnen, dass es diesen Chips zu verdanken sei, dass die Reichweite von Elektroautos mit entsprechender Technologie um bis zu sechs höher sei.
Der nächste Leistungssprung soll bald folgen. „Wir prüfen die Entwicklung von Chips für die Elektromobilität auf Basis von Gallium-Nitrid, wie sie bereits in Ladegeräten von Laptops und Smartphones stecken“, sagte Hartung. Für Elektroautos lassen sich diese Chips bisher nicht verwenden, weil sie dafür nicht robust genug sind. Sie müssten Spannungen von bis zu 1.200 Volt aushalten. Nach Angaben des Unternehmens ist die Nachfrage nach SiC-Chips ungebrochen hoch. Der Markt wachse jährlich im Durchschnitt um 30%.
Bosch will die Position in der Mikromechanik ausbauen
Ein weiterer wichtiger Bereich für die Unternehmens-Strategie ist die Mikroelektronik. Für Hartung sind Investitionen in diesem Bereich unverzichtbar: „Innovationsführerschaft beginnt mit den kleinsten Teilen der Elektronik – den Chips“, sagt er. Zu den neuen Innovationsfeldern zählen unter anderem Systems-on-Chip. Diese winzigen elektronischen Systeme können zum Beispiel Radarsensoren verbessern, wie sie für die 360-Grad-Umfelderfassung eines Fahrzeugs beim autonomen Fahren benötigt werden.
Mikromechanische Systeme (MEMS) sind hingegen die Basis für ein neues Projektionsmodul für Smart Glasses. Es soll in den Brillenbügel passen. Auch dafür müssen laut Hartung die Produktionskapazitäten hochgefahren werden. „Um unsere führende Marktposition in der Mikromechanik weiter auszubauen, wollen wir unsere MEMS-Sensoren in Zukunft auch auf 300-Millimeter-Wafern fertigen. Der Produktionsstart ist für 2026 geplant. Die neue Chipfabrik bietet uns die Möglichkeit zu skalieren – und die wollen wir ausschöpfen.
Halbleiter-Produktion in Europa wird gefördert
Unterstützt werden diese Pläne durch das neu aufgelegte IPCEI-Programm Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie (IPCEI = Important Project of Common European Interest on Microelectronics and Communication Technologies), das einen Beitrag zu mehr Forschung und Innovationen leisten soll. Es wird unter dem Dach des „European Chips Act“ bereitgestellt, für den die Europäische Union und die Bundesregierung Fördermittel zur Verfügung stellen, um den Aufbau eines starken Mikroelektronik-Ökosystems voranzutreiben. Ihr Ziel ist es, Europas Anteil an der weltweiten Halbleiter-Produktion bis 2030 von 10% auf 20% zu verdoppeln.
Mehr lesen über Halbleiter:
- Leistung von 2D-Halbleitern extrem verbessert
- Sensoren und Halbleiter weiter gefragt
- Datenvisualisierung bringt Transparenz in die Halbleiterproduktion
Ein Beitrag von: