Fokus Archivierung 28.12.2024, 12:00 Uhr

Datenspeicher: Vom Magnetband zum Quantenspeicher

Papier kann Jahrtausende überdauern. Aber elektronische Daten? Eine kleine Geschichte der Datenspeicherung.

Papier kann Jahrtausende überdauern. Aber elektronische Daten? Zumindest sind viele digitale Datenspeicher sehr bequem zu handhaben. Foto: panthermedia.net / Peter Jobst

Papier kann Jahrtausende überdauern. Aber elektronische Daten? Zumindest sind viele digitale Datenspeicher sehr bequem zu handhaben.

Foto: panthermedia.net / Peter Jobst

Eins oder Null? Auf diese simple Frage lässt sich die gesamte heutige Computertechnologie zurückführen. Ist doch das Bit ihre kleinste Informationseinheit und kann nur einen dieser beiden Werte annehmen. Herman Hollerith, ein deutschstämmiger US-Ingenieur, führte diese Frage Ende des 19. Jahrhunderts auf die ebenso simple Frage zurück: Loch oder Nichtloch?

Der Anfang der Datenspeicherung war mechanisch

Hollerith nutzte die bereits aus der mechanischen Steuerung von Webstühlen her bekannte Lochkarte erstmals zur Speicherung und automatisierten Auswertung von Daten. Hatte die Karte ein Loch, so floss ein Strom, wenn sie durch einen leitfähigen Stempel und eine Elektrode abgetastet wurde; hatte sie keines, floss kein Strom. Eins und Null waren klar zu unterscheiden. Holleriths Erfindung fand weite Verbreitung und war letztendlich der Geburtshelfer des Unternehmens IBM, dem in der Folge viele weitere Meilensteine der Datenspeichertechnik gelangen.

Eine Reihe von Schaltern, sei es elektromechanisch in Form von Relais oder elektronisch in Form von Röhren oder Transistoren, kann eine Abfolge solcher Bits speichern. In den Anfangstagen der Computertechnik wurde das ebenso genutzt wie später Matrizen von magnetisierbaren Ferritkernen in einem Drahtgeflecht. Die so speicherbaren Datenmengen blieben überschaubar.

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Der Umweg über den Magnetismus führte zur ersten Technik für langfristige Datenspeicherung

Das Magnetband diente als Tonband schon lange zur Aufzeichnung von Musik und Sprache, bis heute hat es aber auch seinen festen Platz in der Datenspeicherung. Bei der Aufzeichnung wird eine magnetisierbare Schicht auf dem Band an einer Spule vorbeigeführt (dem Aufnahmekopf), die sie entsprechend den anliegenden Spannungen magnetisiert. Diese Magnetisierung bleibt erhalten und kann dann in einer weiteren Spule durch Induktion Ströme erzeugen und so „gelesen“ werden.

An dem grundlegenden Funktionsprinzip hat sich bis heute nichts geändert. Form und Konfektionierung der Bänder sowie die Dichte, in der Informationen dort abgespeichert werden, aber haben sich stetig verändert. Aus den offenen Bandspulen der Anfangszeit wurden verschiedene Kassettenformate (ganz ähnlich wie der Weg vom Tonband zur Kompaktkassette) und die Aufzeichnungsdichte nahm stetig zu. Die Entwicklung geht auch heute weiter: Unter der Linear-Tape-Open-Initiative gibt es beispielsweise seit den 1990er-Jahren eine standardisierte Fortschreibung dieser Technik.

Ein Problem hat das Magnetband seit den Anfangstagen behalten: Es speichert die Daten sequenziell. Soll also ein Datum aus der Mitte oder dem hinteren Drittel eines Bandes ausgelesen werden, so muss es trotzdem von Anfang an gelesen und so die richtige Stelle gefunden werden.

Mit dem richtigen Dreh hin zu schnelleren Massen-Datenspeicher

Folgerichtig ersannen die Ingenieure – u. a. bei IBM – die Idee, das Band durch eine rotierende magnetisierbare Scheibe zu ersetzen, über die die Schreib-/Leseköpfe sich frei bewegen konnten. Durch die logische Aufteilung in Spuren und Sektoren entstand so ein Speichermedium, das einen vergleichsweise schnelleren Zugriff auf gesuchte Daten ermöglichte.

Die Organisation einer solchen Platte und die Informationen, wo was zu finden ist, werden an einer speziellen Stelle der Platte aufgezeichnet und machen die Daten relativ schnell verfügbar. Von anfänglich eher maschinenbaulichen, mehr als tellergroßen Plattenstapeln mit überschaubarer Speicherkapazität entwickelte sich vor allem seit Beginn der 1990er-Jahre die Technik dieser Festplatten (englisch Hard Disk Drive, kurz HDD) rasant weiter.

Magnetische versus elektronische Datenspeicherung: Die gute alte Festplatte (Hard Disk Drive, kurz HDD, links) entwickelte IBM in den 1950er-Jahren, um den Datenzugriff gegenüber sequenziell arbeitenden Magnetbändern zu erhöhen. Das Solid-State-Drive (SSD, rechts), entwickelt ab den 1980er- und 1990er-Jahren, nutzen elektronische Speicherbausteine, kommen aber für Computer und Server im Gewand des alten HDD-Formfaktors daher.

Foto: panthermedia.net/ ludinko

Die Durchmesser der Platten schrumpften von 8 Zoll auf heute übliche 3,5 bzw. 2,5 Zoll und kleiner. Die Kapazität wuchs im Gegenzug von wenigen MByte auf heute zweistellige TByte-Werte pro Platte. Das gelang durch verbesserte Formen der Aufzeichnung einzelner Bits, durch optimierte Organisation der Daten auf den Platten und durch kleinere Schreib-/Leseköpfe unter Ausnutzung des 1988 entdeckten Effekts des Riesenmagnetowiderstands (Giant Magnetoresistance, GMR). Gleichzeitig konnten auch die Zugriffszeit und die Geschwindigkeit, mit der Daten gelesen werden können, immer weiter gesteigert werden.

Die flexible Form magnetisierbarer Speicherplatten, die Floppy Disc, war in den Anfangszeiten des PC von großer Bedeutung, spielt aber heute keine Rolle mehr. Sie war nie als Medium zur Langzeitspeicherung von Daten gedacht.

Datenspeicherung mit Hilfe von Licht

Mit Aufkommen der Halbleiterlaser gewann die Speicherung von Daten mithilfe von Licht immer größere Bedeutung. Die Compact Disc, kurz CD, war mit Speicherkapazitäten knapp unter 1 GByte zunächst als Medium für Audioaufzeichnungen entwickelt worden, eroberte aber schnell auch die Computerwelt. Ihr folgten dann die DVD mit mehreren GByte Kapazität und schließlich die Blu-ray mit bis zu 200 GByte. Als „Nur-­Lese-Speicher“ werden sie, ähnlich wie Langspielplatten, gepresst; es gibt sie aber auch in Varianten zum einmal oder sogar mehrmals neu beschreiben.

Die einzelnen Bits werden in den optischen Speichermedien prinzipiell als Abfolge von „Tälern“ und „Gipfeln“ in einer reflektierenden Schicht gespeichert. Diese ist auf einem Kunststoffträger aufgebracht und durch weitere Schichten vor Verschmutzung und Beschädigung weitgehend geschützt. Per Laserstrahl wird diese Schicht spurenweise abgetastet und als Abfolge von Einsen und Nullen ausgelesen.

Als Mischtechnik von magnetischer und optischer Aufzeichnung entstand die Mini-Disc. Sie setze sich im Markt nicht durch, aber in der Ultra-Density-Optical-(UDO)-Technik ist sie heute eine ernst zu nehmende Alternative, wenn es um die Langzeitspeicherung digitaler Daten geht.

USB-Stick & Co.: Datenspeicherung direkt elektronisch

Ohne Umweg über magnetisierbare oder optische Medien speichern Halbleiterbauelemente digitale Daten direkt elektronisch. Als flüchtige Drams werden sie als Arbeitsspeicher eingesetzt, aber es gibt auch nichtflüchtige Varianten, die auch ohne Betriebsspannung die Daten halten. Die sogenannten Flashspeicher haben hier seit den 1990er-Jahren einen wahren Siegeszug angetreten – als USB-Sticks, in mobilen MP3-Player, in Digitalkameras, aber eben auch als Ersatz für die gute alte Festplatte. In diesen Solid-State-Drives (SSD) sind Flashspeicherchips so organisiert, dass sie von außen wie eine Festplatte angesteuert werden können, aber deutlich schneller Daten liefern als ihre rotierenden Pendants.

Digitale Datenspeicherung gilt als relativ vergesslich

Eine Krux haben alle erwähnten digitalen Speichertechniken: Sie halten nicht für die Ewigkeit. Abgesehen von der guten alten Lochkarte, der nur Wasser oder Feuersbrünste etwas anhaben konnten, sind die magnetischen, optischen und elektronischen Speichermedien in unterschiedlichem Maße dem Zahn der Zeit und Umwelteinflüssen ausgeliefert. Dabei kann die Zeitspanne bis zu ersten Datenverlusten von wenigen Jahren (bei wiederbeschreibbaren CDs, DVDs oder Blu-rays) bis zu einigen Jahrzehnten reichen. In allen Techniken gibt es daher speziell für die Langzeitarchivierung entwickelte Medien, die auch deutlich länger halten sollen.

In jedem Fall ist die Integrität der gespeicherten Bitströme, um die es ja letztlich geht, regelmäßig zu prüfen und durch redundante Speicherung und regelmäßiges Kopieren sicherzustellen. Die ebenso wichtige Frage, ob nach 100 oder mehr Jahren ein solcher Bitstrom noch als das erkannt werden kann, was er einmal war – ein Text, ein Bild oder eine Videodatei –, setzt zusätzlich die sorgfältige Auswahl und Dokumentation der gewählten Dateiformate voraus.

Ein Beitrag von:

  • Jens D. Billerbeck

    Jens D. Billerbeck

    Leiter Content Management im VDI Verlag. Studierte Elektrotechnik in Duisburg und arbeitet seit seiner Schulzeit jounalistisch. Nach Volontariat und Studienabschluss Redakteur der VDI nachrichten u. a. für Mikroelektronik, Hard- und Software, digitale Medien und mehr.

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