Optoelektronik 19.03.1999, 17:20 Uhr

Dem Rind aufs Maul geschaut

Auch Rinder besitzen Merkmale, die so individuell sind wie beim Menschen der Fingerabdruck. Diese Tatsache nutzen Berliner Wissenschaftler, um ein opto-elektronisches Verfahren zu entwickeln, mit dem die Herkunft der Tiere genau verfolgt werden kann.

So manchem Feinschmecker bereitet ein Filetsteak vom Rind Unbehagen. In aufwendigen Marketingaktionen versuchen Lieferanten, Supermärkte und Metzger davon zu überzeugen, daß sie nur Tiere aus BSE-freien Beständen einkaufen. Aber wie zuverlässig sind die Angaben zur Herkunft des Rindes?
Viele Angaben sind unzuverlässig, weil sie sich gar nicht nachprüfen lassen“, betont Dr. Eckart Schwarz, Elektronikingenieur aus Mülheim/Ruhr. Zwar ist es der EU gelungen, die Tierseuche dank eines Importstopps für Rindfleisch aus Großbritannien einzuschränken, alle Kontrollen können aber nicht verhindern, daß das Einfuhrverbot von kriminellen Händlern umgangen wird. Sie fälschen Begleitpapiere, um die Herkunft des Tieres zu verschleiern.
Das muß nicht so bleiben. Schwarz weiß einen Weg zum fälschungssicheren und exakten Nachweis für die Herkunft von Rindern. Manipulationen oder gar Fälschungen der Herkunft von Rindern, ganz gleich wie alt sie sind, werden bei meinem Verfahren ausgeschlossen. Die Argumente überzeugten das Bundeswirtschaftsministerium. Das fördert im Rahmen des Mittelstandsprogramms Marktvorbereitende Industrieforschung seit Januar ein Projekt der Berliner Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik (GFaI), das die von Schwarz gemachte Erfindung in die Realität umsetzt. Bis zum Jahresende will Projektleiter Prof. Gerd Stanke den Beweis erbringen, das daß Verfahren funktioniert.
Die Erfindung beruht auf einer einfachen Erkenntnis: Auch Rinder verfügen über unverwechselbare individuelle Merkmale. So hat das sogenannte Flotzmaul der Rinder (der feuchtglänzende Nasenrücken zwischen den Nüstern) für die Identifizierung des Tieres ähnliche Bedeutung wie der Fingerabdruck für den Menschen.
Das Flotzmaul hat beim näheren Hinsehen eine ähnliche Struktur wie die menschliche Fingerkuppe. Sieht man genau hin, dann erkennt man, daß sich Hunderte von Inseln wie Höhenreliefs von den Kanälen abheben“, erläutert Stanke. Diese Reliefs sind für jedes Tier individuell. Zur Hilfe kommt dabei der Fortschritt in der Opto-Elektronik. Wird das Flotzmaul fotografiert, digitalisiert und gemeinsam mit Daten über Geburtsort, Geburtsdatum, Züchter oder Halter elektronisch gespeichert, ist ein Nachweis, woher ein bestimmtes Tier stammt, jederzeit zu führen.
Die Berliner nutzen eine Digitalkamera, die berührungslos das Flotzmaul abtastet. Dabei fallen allerdings eine Menge Daten an – weit mehr, als wir brauchen, erklärt der Projektleiter. Damit der Aufwand für Rechner- und Speicherkapazität sich in Grenzen hält, selektiert ein speziell entwickeltes Softwareprogramm nur die entscheidenden Merkmale, also die für die spätere Identifizierung tatsächlich relevanten Bildpunkte. Außerdem muß die Software in der Lage sein, Störfaktoren wie Farbe, unterschiedliche Feuchtigkeit des Mauls oder Bewegung des Tieres auszuschalten. Wenn das alles gelingt, entsteht schließlich ein unverwechselbares digitalisiertes Schwarz-Weiß-Bild der Individualmerkmale, die gespeichert werden – „eine Art Personalausweis für Rinder“, meint Erfinder Schwarz.

Transponder unter der Haut gibt jedem Tier Identität

Damit das System fälschungssicher wird, muß auch das Tier selbst eine Kennzeichnung tragen. Das geschieht mit einem sogenannten Transponder, der dieselben Daten wie der Computer enthält. Der Transponder kann eine in der Tierwirtschaft bereits bekannte Ohrmarke oder ein Chip sein, der unter die Haut des Tieres verpflanzt wird.
Damit das Ganze funktioniert, müssen allerdings alle Beteiligten mitspielen. Die zuständige Behörde, so die Vorstellung von Schwarz, zeichnet nach der Geburt eines Kalbes mit einer mobilen Kamera und einem PC die Individualmerkmale sowie weitere Angaben zum Tier bzw. Halter auf. Die Datensätze werden einer zentralen Datenbank zugeleitet und dort gespeichert. Nun werden noch am Ort die gleichen Daten in einem Transponder im Tier abgelegt.
Wie schützt sich nun ein Importeur, ein Schlachtbetrieb oder ein Züchter vor falschen Angaben zum Rind oder gar vor raffinierten Manipulationen? Dazu läßt er die Transponderdaten kontaktlos abrufen und mit den Daten der zentralen Datenbank vergleichen. Sollte sich aus dem Datenabgleich Verdacht für einen Betrug ergeben, wird das Flotzmaul des Tieres erneut fotografiert. Ein Abgleich der neu gewonnenen Daten mit der Datenbank zeigt, um welches Tier es sich handelt. Der gesamte Prozeß der Tier-Identifikation soll rationell und kostengünstig sein. Deshalb wollen Erfinder und Projektleiter die bereits vorhandene Infrastruktur zusammen mit verfügbarer Technik wie Transponder, Lesegeräte, digitale Kameratechnik und Pc nutzen. Der Feinschliff des Verfahrens besteht in der Abstimmung der einzelnen Komponenten und in der Erarbeitung des Selektierprogramms. Schwarz schätzt, daß sich die Kosten pro Tier dadurch „auf wenige Mark belaufen.
Harald Decker vom zuständigen Projektträger Gewiplan in Berlin sieht in dem Verfahren eine vielversprechende Innovation. Das Projekt könnte wesentlich dazu beitragen, ein fälschungssicheres Verfahren zum Nachweis der Herkunft von Rindern zu entwickeln“, erklärt Decker. Etwas reservierter beurteilt das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) in Berlin das Forschungsprojekt. Selbstverständlich, so Jürgen Kundke vom BgVV, begrüßen wir jede Initiative, die zu mehr Verbraucherschutz führen kann. Allerdings weist das BgVV darauf hin, daß es in der Praxis oft auch wichtig ist, einzelne Fleischlieferungen identifizieren zu können. Das Institut selbst verfolgt deshalb eine andere Linie: So soll ein Verfahren entwickelt werden, das mit Hilfe der Isotopenmassenspektroskopie Fleischinhaltsstoffe erfaßt, die Rückschluß auf die Herkunft des Fleisches zulassen.
UWE BÄSE
Was auf den ersten Blick nur wie eine feuchte Nase aussieht, ist in Wirklichkeit der Fingerabdruck des Rindes: Die Struktur des sogenannten Flotzmauls (kleines Bild) ist für jedes Tier individuell und unveränderbar. Fotografiert und abgespeichert, liefert es einen Datensatz, der über die Herkunft jedes Tieres fälschungssicher Auskunft gibt.

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Ein Beitrag von:

  • Uwe Bäse

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