Denkende T-Shirts: Das leisten Wearables der nächsten Generation
MIT-Forscher haben erstmals Fasern entwickelt, die – in Textilien eingenäht – nicht nur Aktivitäten von Anwendern erfassen. Mit künstlicher Intelligenz werten sie Daten aus und speichern Informationen direkt im System: eine Technologie für Wearables der Zukunft.
Bei Sportlern, aber auch bei Ärzten, gewinnt das Werable Computing seit Jahren an Bedeutung. Anwender tragen Sensoren am Körper, etwa als Bestandteil von Kleidungsstücken. Diese Wearables senden Daten an externe Systeme zur Auswertung, beispielsweise an eine Smartwatch oder an ein Smartphone. Bisher waren elektronische Fasern analog. Sie übertrugen ein kontinuierliches elektrisches Signal.
Ingenieure am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge, gehen einen großen Schritt weiter. Sie zeigen jetzt, dass programmierbare Fasern zu Werables mit neuen, innovativen Leistungen führen. Ihre digitale Faser enthält erstmals einen Speicher, Temperatursensoren und ein trainiertes neuronales Netzwerkprogramm, das Analysen körperlicher Aktivitäten ermöglicht. Entwickler wollen verborgene Muster im menschlichen Körper aufdecken, um die Leistung von Sportlern zu verbessern oder um Krankheiten zu erkennen, weit bevor Symptome auftreten. Ihr Signal ist digital; es gibt nur zwei Zustände, nämlich „0“ und „1“.
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Digitale Fasern für Wearables herstellen
Die neue Faser besteht aus hunderten quadratischer, kleiner, digitaler Siliziumchips. Alle Bauteile werden in eine Vorform gelegt, mit der sich Polymerfasern herstellen lassen. Durch die präzise Steuerung der Zugabe an flüssigem Polymer gelang es den MIT-Ingenieuren, eine Faser mit kontinuierlicher elektrischer Verbindung zwischen den Chips über eine Länge von mehreren zehn Metern herstellen.
Dieser Hightech-Faden erwies sich bei Tests als dünn und flexibel. Er konnte ohne Probleme durch eine Nadel gezogen und danach normal zu Textilien verarbeitet werden. „Wenn man ihn in ein Hemd steckt, spürt man den Faden überhaupt nicht; man würde nicht wissen, dass er da ist“, erzählt Gabriel Loke. Als Doktorand am MIT ist er am Projekt beteiligt. Loke verweist auch auf die Möglichkeit, solche Gewebe normal zu waschen. Nach aktuellem Kenntnisstand überleben es die Gewebe, mindestens zehnmal gewaschen werden, ohne Schaden zu nehmen. Die Experimente wurden zusammen mit Textilwissenschaftlern der Rhode Island School of Design durchgeführt.
Innovative Wearables erfassen nicht nur Daten…
Dadurch eröffneten sich neue Möglichkeiten, und einige bekannte Probleme von Funktionsfasern würden gelöst, sagt Loke. Als Beispiele nennt er die Option, einzelne Elemente innerhalb von Fasern gezielt anzusteuern. Zusammen mit Kollegen hat er eine digitale Adressierungsmethode entwickelt, die es erlaubt, die Funktionalität eines Elements zu aktivieren, ohne alle Elemente einzuschalten. Damit nicht genug: Jede digitale Faser kann auch Daten vor Ort ablegen. Forscher waren in der Lage, Informationen auf die Faser zu schreiben, zu speichern und zu lesen, einschließlich einer 767 Kilobit großen Vollfarb-Kurzfilmdatei und einer 0,48 Megabyte großen Musikdatei. Die Dateien lassen sich zwei Monate lang ohne Strom speichern.
Das können in der Praxis recht naheliegend unterschiedliche Vitalparameter sein. Zusammen mit Kollegen entwickelte Loke aber auch einige – wie er selbst schreibt – „verrückte Ideen“. Die Hightech-Fasern könnten beispielsweise Musik aufnehmen und als Audiodatei speichern. Geht es um Aspekte der Nachhaltigkeit, eignen sich solche Materialien, um die Geschichte ihrer Entstehung direkt zu dokumentieren.
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Wearables können auch KI
Mit ihren Fasern wagen sich die MIT-Ingenieure aber auch auf das weite Feld der künstlichen Intelligenz (KI) vor. Innerhalb des Datenspeichers aus einzelnen Fasern entstand ein neuronales Netzwerk mit 1.650 Verbindungen. Die Faser wird durch ein kleines externes Gerät gesteuert.
Wie lässt sich dieses Prinzip praktisch nutzen? Für ein Experiment stellten Experten der Rhode Island School of Design mehrere Hemden mit Fasern im Achselbereich her. Anschließend trugen freiwillige Probenden die Funktionskleidung bei verschiedenen körperlichen Aktivitäten. Das System erfasste und speicherte wie geplant 270 Minuten lang Daten zur Körperoberflächentemperatur einer Person. Anschließend gelang es ihnen per KI, Zusammenhänge mit unterschiedlichen Bewegungsmustern herzustellen. Anhand dieser Daten konnte die Faser mit einer Genauigkeit von 96% feststellen, welcher Aktivität die Person, die das Shirt trug, nachging.
Perspektiven für die Anwendung
Momentan handelte es sich nur um ein Pilotprojekt. Je nach Art der verwendeten KI könnten digitale Fasern unterschiedliche Vitalparameter erfassen. Diese Big Data seien optimal für Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens, erklärt Loke. „Diese Art von Gewebe könnte Quantität und Qualität von Open-Source-Daten liefern, um neue Muster in Körperdaten zu entdecken.“ Das können beispielsweise Veränderungen der Atmung, der Herzfrequenz beziehungsweise der Muskelaktivität sein. Änderungen erkennt man in Echtzeit – weit bevor Patienten körperliche Beschwerden haben.
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